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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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nicht genau erinnern.« Sein Computer ist abgestürzt. »Kurz nach Karajorgis Eintreffen.«
    »Und wie lange waren Sie weg?«
    »Fünf Minuten höchstens.«
    »Nicht vielleicht eher zehn?«
    Er seufzt. »Vielleicht doch eher zehn«, sagt er.
    Und in diesen zehn Minuten betrat der Mörder seelenruhig den Sender.
    Ich lasse ihn auf seinen Posten zurückkehren und fahre mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage. Zu dieser Tageszeit ist sie gerammelt voll. Nur ein Wagen schickt sich gerade an, wegzufahren. Ich bleibe stehen und warte ab. Das Garagentor wird durch eine Magnetkarte geöffnet. Ich stoppe die Zeit, sobald es anfängt hochzugehen. Es dauert zehn Sekunden, bis es sich öffnet, bleibt weitere zehn offenstehen und benötigt wieder zehn Sekunden zum Schließen. Gesamtsumme dreißig Sekunden. Es ist unwahrscheinlich, daß der Mörder das Gebäude durch den Haupteingang verließ. Er konnte nicht wissen, wann der Wachposten wieder fehlen würde, und er wollte das Risiko vermutlich nicht eingehen. Er versteckte sich in der Tiefgarage, wartete den ersten wegfahrenden Wagen ab und huschte hinter ihm hinaus, ehe sich das Tor wieder schloß.
    Der Fahrstuhl hält im Erdgeschoß, und Petratos steigt ein. Er sieht mich verdattert an. Dann wird sein Blick feindselig, und er nimmt seine verkniffene Miene an.
    »Ich bin gerade zu Ihnen unterwegs«, sage ich.
    »Ich dachte, daß wir miteinander fertig seien.«
    »Ich komme zu Ihnen, weil ich Ihre Mitarbeit brauche. Die sind Sie mir schuldig.«
    »Wieso bin ich Ihnen die schuldig?« fragt er verdutzt.
    »Weil Kolakoglou ohne Sie nicht untergetaucht wäre. Wir hätten den Mörder viel eher gefaßt, wenn ihr Kolakoglou nicht zum Abschuß freigegeben hättet.«
    »Er war es, wie? Ich wußte es doch!« triumphiert er.
    »Einen feuchten Kehricht wissen Sie«, falle ich ihm ins Wort.
    Meine Antwort macht die Stimmung noch feindseliger, und bis wir in seinem Büro anlangen, halten wir beide den Mund. Als wir am Redaktionsraum vorbeigehen, blicken uns die Journalisten neugierig an.
    »Fassen Sie sich kurz«, sagt er frostig, nachdem er sich gesetzt hat. »Wir bereiten gerade die Nachrichtensendung um halb neun vor, und ich habe alle Hände voll zu tun.«
    »Wann hat die Karajorgi ihre journalistische Laufbahn begonnen?« frage ich ihn.
    »’75, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Und wie kam sie zum Fernsehen?«
    »Genau so wie wir alle. Über Zeitungen und Zeitschriften. Als dann der freie Rundfunk ins Leben gerufen wurde, wechselte sie dorthin. Und schließlich zum Fernsehen.«
    »Gibt es die Möglichkeit, daß sie auch vor ’75 irgendwo journalistisch tätig war?«
    Er denkt nach. »Jetzt, wo Sie es erwähnen, fällt mir ein: Sie hat mir einmal davon erzählt, daß sie kurzfristig bei der ERT tätig war, bei der Griechischen Rundfunk- und Fernsehanstalt, beziehungsweise dem Informationsdienst der Streitkräfte, wie sie damals noch hieß. Ich kann mich aber nicht erinnern, wann genau.«
    »In Ordnung, das wollte ich wissen«, sage ich und erhebe mich.
    Am späten Nachmittag rufen mich Adriani und Katerina an. Adriani ist von Panos ganz begeistert. Was er für ein braver Junge sei, wie er für sie sorge, ganz allein habe er das Weihnachtsessen zubereitet, und wie gut er koche! Sie schwärmt in den höchsten Tönen, und ich fühle mich wie der letzte Dreck.
    »War es wenigstens der Mühe wert, daß du in Athen geblieben bist?« fragt mich Katerina, als sie an der Reihe ist. »Hast du des Rätsels Lösung?«
    »Ja, doch sie gefällt mir ganz und gar nicht«, sage ich zu ihr.
    »Warum?«
    »Ach, laß nur. Du erfährst es noch früh genug.«
    Mein Schädel ist immer noch nicht leichter geworden. Ich möchte schlafen gehen, doch das ist nicht möglich. Ich muß noch einmal außer Haus, und mich erwartet eine mordsmäßig schwere Aufgabe.

45
    W ir befinden uns in seinem Wohnzimmer, das weder dem der Antonakaki noch meinem eigenen ähnelt. Ein altes Sofa – ein Überbleibsel aus den fünfziger Jahren –, ein kunststoffbeschichteter Tisch und vier Plastikstühle von der Sorte, die von fahrenden Händlern für tausend Drachmen verkauft werden. Auf dem Tisch liegt eine handbestickte Decke. Tisch und Stühle hat er selbst angeschafft. Das Sofa und die Tischdecke sind ihm von seinen Eltern geblieben.
    Die Worte kommen ihm nur langsam und schwerfällig über die Lippen. Immer wieder befeuchtet er sich mit der Zunge die Lippen.
    »Ich habe sie kennengelernt, als sie beim Informationsdienst der

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