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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Zeigefinger an die Schläfe. »Und ob. ›Wenn man Kupfer- und Zinkstangen in eine Zitrone steckt, bekommt man bald zahme Blitze.‹ Der Kerl war ein Idiot.«
    »Nein, einen
Idioten
kann man ihn nicht nennen.« Silberfisch griff nach einer Billardkugel, die das Chaos wie durch ein Wunder überstanden hatte. »Seine Sinne waren nur so verdammt scharf, daß er sich dauernd daran schnitt. Blitze aus Zitronen! Welchen Sinn hat das? Und dann die ›Stimmen-am-Himmel-Maschine‹. Ich habe ihm gesagt: Leonard, wozu sind die Zauberer da, hm? Für solche Dinge haben wir die normale Magie. Blitz-Zitronen? Demnächst stehen wohl Leute mit Flügeln auf dem Programm. Und wißt ihr, was er geantwortet hat? Könnt ihr’s euch vorstellen? Er antwortete: Komisch, daß du es erwähnst; ich habe erste Zeichnungen für ein entsprechendes Projekt angefertigt… Armer Irrer.«
    Selbst Knuddel stimmte in das Gelächter ein.
    »Habt ihr es versucht?« fragte er anschließend.
    »Was?« erwiderte Silberfisch.
    »Har, har, har«, grollte Detritus, dessen Synchronisation auch diesmal nicht stimmte.
    »Metallstäbe in Zitronen zu stecken.«
    »Sei kein Narr.«
    »Was dies hier sein?« fragte Detritus und hob den Zettel.
    Sie betrachteten die seltsamen Zeichen.
    »Die Symbole sind gar keine Symbole«, erklärte Silberfisch. »Leonard hatte eine Angewohnheit… Er kritzelte dauernd herum. Malte immer was an den Rand und so. Kritzel, kritzel, kritzel. Ich hab’ ihm mal gesagt: He, man sollte dich eigentlich Herr Kritzel nennen.«
    »Ich dachte, es sei was Alchimistisches«, sagte Knuddel. »Sieht aus wie eine Armbrust ohne Sehne. Und dann das Wort ›Rhäfgsad‹. Was mag es bedeuten?«
    »Keine Ahnung. Klingt barbarisch. Wenn das alles ist, Wächter… Wir haben hier wichtige Forschungsarbeiten zu leisten.« Silberfisch warf die Billardkugel aus umgewandeltem Elfenbein in die Luft und fing sie wieder auf. »Hier sind nicht alle solche Tagträumer wie der arme alte Leonard.«
    »Rhäfgsad«, murmelte Knuddel. Er drehte den Zettel hin und her. »D-a-s-g-f-ä-h-r…«
    Die Kugel verfehlte Silberfischs Hand, und Knuddel gelang es gerade noch rechtzeitig, hinter Detritus zu springen.
     
    »Ich bin schon mal hiergewesen«, sagte Feldwebel Colon, als er sich zusammen mit Nobby dem Eingang der Narrengilde näherte. »Bleib dicht neben der Wand, wenn ich den Klopfer betätige, in Ordnung?« Das Ding war geformt wie zwei künstliche Brüste – amüsant fanden so etwas vor allem Rugbyspieler und andere Leute, deren Sinn für Humor man operativ entfernt hatte. Colon klopfte und sprang dann in Sicherheit.
    Etwas pfiff und heulte. Es folgte lautes Hupen und eine klimpernde Melodie, die einmal sehr lustig gewesen sein mußte. Im Anschluß daran schwang über dem Klopfer eine Klappe auf, und am Ende eines hölzernen Armes glitt eine Sahnetorte nach draußen. Der Arm drehte sich, und die Torte klatschte neben Colons Füßen auf den Boden.
    »Es ist traurig, nicht wahr?« bemerkte Nobby.
    Die Tür öffnete sich etwa zwanzig Zentimeter weit. Ein kleiner Clown sah zum Feldwebel empor.
    »Hallo, hallo, hallo«, sagte er. »Warum hat der Dicke an die Tür geklopft?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Colon automatisch. »Warum
hat
der Dicke an die Tür geklopft?«
    Sie starrten sich an, in der Pointe verheddert.
    »Das habe ich
dich
gefragt«, sagte der Clown vorwurfsvoll. Seine Stimme klang deprimiert und hoffnungslos.
    Feldwebel Colon beschloß, in der Sphäre der Vernunft zu bleiben.
    »Ich bin Feldwebel Colon von der Nachtwache«, sagte er. »Das hier ist Korporal Nobbs. Wir sind hier, um mit jemandem über den Mann zu sprechen, der… im Fluß gefunden wurde.«
    »Oh«, sagte der Clown. »Ja. Der arme Bruder Beano. Bitte kommt herein.«
    Nobby wollte die Tür ganz aufdrücken, doch Colon hinderte ihn daran und deutete nach oben.
    »Für gewöhnlich lauert ein Eimer mit weißer Tünche über der Tür«, sagte er.
    »Tatsächlich?« entgegnete der Clown. Er war klein und trug geradezu riesige Stiefel, die ihn wie ein großes L aussehen ließen. Auf seinem Gesicht klebte fleischfarbene Schminke, und über den Brauen bewirkten falsche Falten eine übertrieben gerunzelte Stirn. Sein rotgefärbtes Haar schien von einigen alten Mops zu stammen. Dick war der Clown nicht, aber Reifen in der weiten Hose sollten ihn auf eine humorvolle Art übergewichtig erscheinen lassen. Durch einen Hosenträger aus besonders elastischem Gummi hüpfte die Hose bei jedem Schritt auf und ab.

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