Hello Kitty muss sterben
Kombination von Schönheit und Schmerz. Stöckelschuhe betonen meine Beine, Hüften, meinen Rumpf. Sie verleihen mir Größe, damit ich mein zu dunkles, ungebleichtes Gesicht der Welt darbieten kann. Die ständigen Schmerzen in meinen Füßen erinnern mich daran, dass ich in meinem Körper tatsächlich lebendig bin.
Und weil es viel hygienischer ist, als sich zu schneiden.
Die Schmerzen sind wirklich geradezu erlesen.
Ich liebe es, wie sich meine Zehen in die schmale Vorderkappe zwängen, das qualvolle Gequetsche, das sie im Namen von Mode und Schönheit erleiden. Ich liebe es, wie sich meine Füße beinahe weiter wölben, als es ihnen möglich ist. Ich liebe es, wie Schmerzen bei jedem dröhnenden Schritt auf dem Pflaster meine Knöchel, Waden, Knie und Oberschenkel hochschießen und mich in meinem physischen Körper verankern.
Außerdem gefällt es mir, dass es meine geheimen Schmerzen sind. Eingequetscht in Jimmy Choo, Prada, Dior, Louboutin, Sergio Rossi, Versace, Manolo Blahnik, Via Spiga. Die persönliche köstliche Designerhölle, die mich mit diesen irdischen Gefilden verbindet.
Also trage ich Stöckelschuhe. Selbst wenn ich nicht zu einem Date verabredet bin.
Es ist die moderne Version des chinesischen Füßebindens.
Abgebundene Füße bestrickten chinesische Männer beinahe tausend Jahre lang trotz des schrecklichen Geruchs, der dabei entstand. Ich frage mich, was passieren würde, wenn ich im Bankenviertel herumliefe und schrie: »Herrgott, meine Füße bringen mich um! Meine Füße bringen mich um!« Vielleicht würde sich mir ein gut aussehender Mann an den Hals werfen. Dann müsste mein Vater mir vielleicht keine Dates mehr mit chinesischen Jungs wie Freddie organisieren.
Freddie.
Sonntagabend schlüpfte ich in ein kastanienbraunes Seidenkleid mit Halterneck und ein Paar Stöckelschuhe von Roberto Cavalli mit Zehnzentimeterabsätzen. Ich wusste, dass ich für einen Mann wie Freddie overdressed war. Ich wollte bloß direkt vor seiner Nase mit etwas protzen, was er niemals haben konnte.
»Und kannst du kochen?«, fragte Freddie.
Freddie. Ein Meter siebzig. Zehn Kilo Übergewicht. Pockennarben. Die Haut dunkler als der Hintern eines Esels. Gebrochenes Englisch. Napoleon-Dynamite-Brille. Kein Witz. Mein Vater hatte ein glückliches Händchen bei der Auslese.
»Und was machst du, Freddie?«
»Ich spiel gern Videospiele.«
»Nein, was machst du? Von Beruf.«
»Ich arbeite in einem Computerladen.«
»Wie Comp USA ?«
»Nein, kleiner.«
Freddie fuhr fort, sich gebratene Nudeln in sein pockennarbiges Gesicht zu stopfen. Mein Vater hatte unser Treffen in seiner liebsten Imbissstube in Chinatown stattfinden lassen. Vielleicht glaubte er nicht, dass Freddie es sich leisten könnte, mich anderswohin auszuführen.
Freddie hob den Blick.
»Warum isst du denn nicht?«, fragte er mit einem Mundvoll Nudeln. Eine fiel, glitt ihm aus dem Mund und zurück auf den Teller.
»Ach. Kein Appetit.« Ein Blick. Schon war ich voll.
»Kochst du also?«, fragte Freddie zum zweiten Mal.
»Sehe ich aus, als ob ich kochen könnte?«
»Ich brauche eine Frau, die kochen kann. Wie meine Mom.«
Ich brauche einen Mann, den ich in einer Schublade verstauen kann. Wie meinen Mr Happy.
»Wäschst du? Meine Mom sagt, du kannst Wäsche waschen.«
»Nein. Ich besudele Wäsche.«
»Denn ich brauche jemanden, der Wäsche waschen kann.«
Natürlich brauchte ein Mann wie Freddie eine Frau, die kochen und Wäsche waschen konnte. Er würde Level dreizehn von Final Fantasy IV schließlich nicht im Alleingang erreichen.
»Und was treibst du sonst so, Mann?«
Freddie zuckte zusammen. »Du redest nicht wie eine Dame.«
Arschloch.
»Lass mich raten, Dude. Videospiele. Mah-Jongg. Melodramen auf dem Jade Channel.«
Jade Channel 360 bei Comcast. Der chinesische Kabelsender, der Mehrteiler aus Hongkong über undankbare Söhne, sich abplagende Mütter und unerwiderte Liebe ausstrahlte. Meine Eltern leben von Jade-Channel-Sendungen.
»Aber ja. Was ist daran denn verkehrt?«
»Ach, nichts, Freddie. Und hast du Haustiere?«
»Was?«
»Haustiere. Kleine Tiere, die man sich zum Spaß hält.«
»Oh, ich habe eine Schildkröte als Haustier.«
»Eine kleine 25-Centstück-große vom Markt in Chinatown?«
»Jep. Isst du denn nicht noch etwas? Fiona – richtig?«
»Ja, sicher, Dude. Ich arbeite dran. Wie heißt also deine Schildkröte?«
»Fei. Weil das wie mein Name klingt, Freddie. Hast du ein Haustier?«
»Ja, ich habe einen
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