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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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doch dann sorgte ein Los-Angeles-Korrespondent der New York Times für eine Wendung der Ereignisse, indem er einen ausführlichen, reißerischen Kommentar über den Lynch-Bericht verfasste. Die Times brachte ihn am 16. März unter einer doppelspaltigen
Schlagzeile, und mehr Auftrieb brauchte die Sache nicht – der große Rabatz konnte beginnen. Das Time Magazine schloss sich unter dem Titel »The Wilder Ones« mit einem linken Haken an. Newsweek konterte mit einer Rechten, die »The Wild Ones« betitelt war. Und als sich der Staub dann wieder gelegt hatte, hatten die überregionalen Nachrichtenmedien einen garantierten Knüller an der Hand. Da gab es Sex, Gewalt, Verbrechen, Verrücktheit und Schmutz – und das alles im Kombipack. Folgendermaßen schilderte Newsweek 1965 einen Labour Day Run nach Porterville, der anderthalb Jahre zuvor stattgefunden hatte:
    Ein dröhnender Schwarm aus zweihundert Motorradfahrern in schwarzen Jacken fiel in das verschlafene südkalifornische Städtchen Porterville ein. Obszönitäten brüllend, randalierten sie in den örtlichen Kneipen. Sie hielten Autos an, rissen die Wagentüren auf und versuchten die Beifahrerinnen zu begrapschen. Einige ihrer gestiefelten Freundinnen legten sich mitten auf die Straße und wanden sich in aufreizender Weise. In einer Bar schlugen sechs von ihnen einen 65-jährigen Mann brutal zusammen und versuchten die Bardame zu entführen. Erst als 71 Polizisten aus benachbarten Städten und von der Highway Patrol mit Polizeihunden und Wasserschläuchen anrückten, schwangen sich die Motorradfahrer auf ihre Harley-Davidsons und brausten laut dröhnend aus der Stadt.
    Sowohl Newsweek als auch Time verglichen die »Invasion« in Porterville 1963 mit dem Spielfilm The Wild One , der auf einem ähnlichen Vorfall 1947 in Hollister,
Kalifornien beruht. Marlon Brando spielte darin die Hauptrolle, und die Time befand es sei ein »effekthascherischer Streifen über eine Horde boshafter, großtuerischer Biker, die sich Black Rebels nennen«. Doch The Wild One war schnell wieder in Vergessenheit geraten, so Time , weil »die Figuren zu überzogen waren und mit allzu ungehemmter Gewalt vorgingen, um ein auch noch so leichtgläubiges Publikum überzeugen zu können.«
    Wer glaubte denn schließlich schon, dass eine Wandalenhorde auf Zweirädern eine komplette kalifornische Stadt besetzen und in Angst und Schrecken versetzen konnte? Doch nicht Time . Zumindest 1947 nicht, als es zum ersten Mal zu einem solchen Zwischenfall kam; auch 1953 nicht, als der Film Premiere hatte; und nicht einmal zehn Jahre später, als das Gleiche angeblich in einer anderen Stadt wieder geschah. Doch am 26. März 1965, achtzehn Jahre nach dem ersten so genannten Motorrad-Aufruhr Amerikas, nahm Time sich endlich dieser Geschichte an, und die Redakteure des Nachrichtenmagazins waren alarmiert. Diese Wandalen gab es wirklich! Sie hatten sich achtzehn Jahre lang irgendwo verkrochen, hatten ihre Motorräder geputzt und ihre Kettenpeitschen geölt, bis der kalifornische Generalstaatsanwalt beschlossen hatte, sie der Presse vorzustellen. Der Westküstenreporter des Time Magazine gab die schreckliche Neuigkeit unverzüglich an die New Yorker Zentrale weiter, und dort fabrizierte man daraus schnurstracks zwei Spalten hochgradigen Humbugs für den USA-Teil des Magazins: »Letzte Woche kehrte er [The Wild One] zurück – diesmal im wahren Leben!«
    »Lynch sammelte Berge von Beweismitteln über die Hell’s Angels«, schrieb Time , »... die im Wesentlichen den Eindruck vermitteln, dass die Gruppe ihren finsteren
Namen durchaus zu Recht trägt. Ein Vergewaltigungsfall war der Auslöser für Lynchs Ermittlungen. Vergangenen Herbst waren zwei junge Mädchen ihren Freunden entrissen und von mehreren Bandenmitgliedern vergewaltigt worden.« Das war eine schamlose Verleumdung, denn nicht einmal einen Monat nach ihrer Festnahme hatte man sämtliche gegen Terry, Marvin, Mother Miles und Crazy Cross erhobenen Anschuldigungen fallen lassen. In ihrem Eifer, auf die pikanten Einzelheiten der Geschichte zu sprechen zu kommen, hatten die Interpreten des Time Magazine offenbar die erste Seite des Lynch-Berichts überlesen, auf der klipp und klar erklärt wurde: »Weitere Ermittlungen ließen fraglich erscheinen, ob tatsächlich eine Vergewaltigung verübt worden war und ob die durch die Opfer erfolgten Identifizierungen der Täter Gültigkeit haben. Mit Schreiben vom 25. September 1964 beantragte der

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