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Hell's Kitchen

Hell's Kitchen

Titel: Hell's Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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über die Jahrhunderte all die anderen schrecklichen Taten ganz unterschiedlicher Bastarde. Außerdem habe ich gelernt, daß während der ganzen Geschichte die Reichen immer die Propaganda verbreitet haben, daß Eigentum heilig ist und nicht gestohlen werden sollte, weil ihnen zufälligerweise praktisch das gesamte Eigentum gehört.
    Also könnte man sagen, mein Geschichtsstudium hat mich gelehrt, daß mein Instinkt absolut richtig war: Das einzige, was ein vernünftiger Mensch sein sollte, ist ein Dieb. Natürlich gibt es solche und solche Diebe.
    Ehrenhafter Dieb, der ich nun mal bin, habe ich es mir zum Grundsatz gemacht, niemals die Armen zu bestehlen, da ich ihnen erstens schaden würde, und da sie zweitens höchstwahrscheinlich sowieso nichts besitzen, das sich zu stehlen lohnt. Das ist ein völlig anderer Zugang zu der Tatsache, ein Dieb zu sein, als man ihn bei den Dieben in der Wirtschaft und Industrie und den Dieben findet, die in hohe
    Ämter gewählt werden. Das sind die Diebe, die ihre Schnauzen so tief in den Brei stecken, daß es für sie keine Rolle mehr spielt, wen sie bestehlen, solange sie nur stehlen - was für die so normal ist wie das Atmen.
    Was ich als ehrenhafter Dieb immer getan habe, war, Leute zu bestehlen, die versichert waren, was eine gute und anständige Sache ist und womit du allen Beteiligten einen Gefallen tust. Erstens tust du dem Besitzer dessen, was immer du stiehlst, einen Gefallen, da du ihm ein bißchen Aufregung in seinem Leben verschaffst. Und dann tust du der Versicherungsgesellschaft einen wirklich großen Gefallen, denn falls es überhaupt eine Publicity über den Diebstahl dieses geheiligten Eigentums gibt, das du gerade geklemmt hast, dann bringt das nur noch mehr Versicherungspolicen und manchmal auch noch höhere Prämien. Und außerdem tut’s auch noch euch Cops einen Gefallen, da ein Cop sich wichtig Vorkommen kann, wenn er Diebe verfolgt...«
    Lionel nahm den letzten Zug von seiner Zigarette. Er drückte sie auf dem Boden aus und drehte sich eine neue. Ich selbst lehnte diesmal dankend ab.
    »Aber schließlich mußte ich aufhören, der Gesellschaft Ehre zu machen«, fuhr er fort, »da das Leben eines Diebes, so traurig es ist, das zu sagen, nur etwas für einen jungen Mann ist.
    Tja, meine zittrigen Hände und meine Pechsträhne, als ich langsam erkannte, daß ich alt wurde, zwangen mich dazu, in den Ruhestand zu treten. Und der Ruhestand - Junge, Junge! Das ist eine weitere himmelschreiende Ungerechtigkeit auf dieser Welt, vor allem, da ein ehrenhafter Dieb keine Rente kriegt. Und ich wage nicht mal, die Fürsorge um irgendwas zu bitten, da das eine offene Einladung für eine Menge Schwierigkeiten mit dem Staat wäre... und ich habe es mir immer zu meinem strengsten Grundsatz gemacht, Uncle Sam nicht komisch zu kommen, der ein echter Killer ist.
    Tja, und das bringt mich schrecklich überstürzt in die Gegenwart, Hock. Ich lasse viele tausend Details weg, von denen dich manche vielleicht zum Weinen bringen würden, und bei anderen würdest du dich kaputtlachen. Jedenfalls, hier bin ich, ein alter Mann, was für mich persönlich eine ganze Menge bedeutet.
    Natürlich bin ich ein armer alter Knabe, wie du ja ganz offensichtlich sehen kannst. Das liegt daran, weil ich immer ein anständiges Leben gelebt habe. Und ich bin auch nicht verbittert wegen all der Zeit, die ich im Knast gesessen habe, auch nicht über die Male, die sie mich in die Klapsmühle gesteckt haben, nur weil ich es mir zur Angewohnheit gemacht habe, mit meiner Theorie über das Eigentum und daß es ganz und gar nicht stimmt, daß es heilig ist, nie hinter dem Berg zu halten...«
    Lionel hob eine Hand und schlug in die Luft, und für mich sah es aus, als wäre er doch wenigstens ein bißchen verbittert. Oder zumindest ein wenig verrückt wegen der Wahrheit, so wie er sie sah, was vielleicht wirklich stimmte.
    »Vielleicht fragst du dich jetzt, wie ich im Dschungel gelandet bin?«
    Ich sagte, ja, das hätte ich mich gefragt.
    »Ich hatte ein normales Zimmer an der Thirty-ninth Street, drüben neben dem koscheren Schlachthof an der Eleventh Avenue, der inzwischen zugemacht hat. Ich vermute, demnächst wird er wahrscheinlich in Eigentumswohnungen umgewandelt - Parve Arms, so könnten sie’s nennen. Tja, jedenfalls ging’s mir ein paar Monate wirklich nicht besonders gut, weil sie mich im Bellevue für eine Weile in eines ihrer Zimmer ohne Fenster gesteckt haben - was mich, wie du sicher verstehen

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