Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
Tagen 35 Menschen getötet wurden.«
Als ihn die Kripo L. A. in mein Büro brachte, hatte ich noch nicht mit Sartuchi gesprochen und auch das Tonband mit der Vernehmung noch nicht gehört, sodass ich vollkommen überrascht war, als Flynn mir von der Äußerung erzählte, mit der sich Manson schwer belastet hatte.
Im Zuge meiner Befragung erfuhr ich, dass die Unterhaltung, zwei bis vier Tage nachdem die Nachricht von den Tate-Morden im Fernsehen gekommen war, in der Küche der Spahn Ranch stattgefunden hatte. Juan hatte sich gerade zum Mittagessen hingesetzt, als Manson hereingekommen war und sich mit der rechten Hand über die linke Schulter gestrichen hatte – offenbar das Signal für die anderen zu verschwinden, was sie auch augenblicklich taten. Juan merkte zwar, dass etwas im Busch war, da er aber nicht wusste, was, fing er zu essen an.
(Seit die Family auf der Spahn Ranch aufgetaucht war, hatte Manson versucht, den 1,95 Meter großen Cowboy anzuwerben. Manson hatte Flynn versprochen: »Ich besorge dir eine richtig dicke goldene Armkette und lass Diamanten dranmachen, und du kannst mein Ober-Zombie sein.« Und es gab noch andere Verlockungen. Als ihm zunächst derselbe Köder wie den anderen männlichen Mitgliedern angeboten wurde, hatte Flynn – zu seinem baldigen Verdruss – dankbar zugegriffen. »Dieser verfluchte Tripper hörte einfach nicht mehr auf«, vertraute Juan mir an, »drei, vier Monate lang.« Auch wenn er auf der Spahn Ranch geblieben war, hatte es Juan abgelehnt, für irgendjemanden den Zombie zu spielen, schon gar nicht für den kleinen Charlie. Mit der Zeit war Charlie allerdings aufdringlicher geworden.)
Plötzlich hatte Manson Juan an den Haaren gepackt, ihm den Kopf nach hinten gerissen, ein Messer an die Kehle gehalten und gerufen: »Du Mistkerl, weißt du denn nicht, dass ich hinter all diesen Morden stecke?«
Obwohl Manson die Tate-LaBianca-Morde nicht direkt erwähnt hatte, war sein Geständnis doch ein starker Beleg für seine Schuld. 78
Ohne die rasiermesserscharfe Klinge von Juans Hals zu nehmen, hatte Manson gefragt: »Wirst du nun mit mir kommen, oder muss ich dich töten?«
Juan hatte geantwortet: »Ich esse gerade, und ich bin ja da.«
Daraufhin hatte Manson das Messer auf den Tisch gelegt und gesagt: »Okay, dann töte du mich.«
Juan hatte sich wieder seinem Essen gewidmet und erwidert: »Du weißt, dass ich das nicht will.«
Manson, der sehr aufgeregt wirkte, hatte dann erklärt: »Helter Skelter ist da, und wir müssen in die Wüste.« Dann hatte er Juan vor die Wahl gestellt: Entweder er solle sich ihm widersetzen oder sich ihm anschließen. Falls er mitkommen wolle, meinte Charlie, könne er »zum Wasserfall kommen und meine Mädchen vögeln«.
(Mansons Formulierung »meine Mädchen« stellte an sich schon einen aussagekräftigen Beweis dar.)
Juan hatte Charlie geantwortet, dass er ihm Bescheid geben würde, wenn er das nächste Mal Lust hätte auf neun Monate Syphilis oder Gonorrhoe.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Manson dann damit gebrüstet, in zwei Tagen 35 Menschen umgebracht zu haben. Juan hatte das als reine Angeberei aufgefasst, und ich war geneigt, ihm zuzustimmen. Denn hätte es in diesen zwei Tagen mehr als sieben von Manson angeordnete Morde gegeben, dann hätten wir mit ziemlicher Sicherheit im Lauf der Ermittlungsarbeit irgendwann Hinweise darauf finden müssen. In Bezug auf den laufenden Prozess war diese Bemerkung ohnehin nutzlos, da sie nicht gerichtsverwertbar war.
Irgendwann hatte Manson schließlich sein Messer wieder eingesteckt und hatte den Raum verlassen. Juan aber war der Appetit gründlich vergangen.
Ich sprach an diesem Abend mehr als vier Stunden mit Juan. Und Mansons Bekenntnis war nicht die einzige Überraschung. So hatte er im Juni oder Juli 1969, als Juan zusammen mit Bruce Davis und Clem auf dem Bohlenweg der Spahn Ranch gestanden hatte, gesagt: »Also, Folgendes ist mir jetzt klar. Die einzige Möglichkeit, Helter Skelter auszulösen, besteht darin, dass ich da runtergehe und dem schwarzen Mann zeige, wo’s langgeht, indem ich eine ganze Reihe von diesen verdammten Schweinen erledige.«
Flynn wartete noch mit weiteren Enthüllungen auf: Manson hatte mehrmals gedroht, ihn umzubringen, und einmal mit dem Longhorn-Revolver Kaliber .22 auf ihn geschossen. Bei mehreren Gelegenheiten hatte Manson ihm, Juan, einzureden versucht, eine Reihe von Menschen zu töten. Außerdem hatte Flynn nicht nur mit eigenen Augen gesehen, wie die
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