Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
das Fehlen von Patronenhülsen und so weiter – würde den Geschworenen erst später bewusst werden. Mir war auch besonders daran gelegen, deutlich zu machen, dass es keinerlei Anzeichen dafür gab, dass etwas durchwühlt oder gestohlen worden war. Außerdem machte ich – vor der Verteidigung – darauf aufmerksam, dass Drogen gefunden worden waren. Und eine Brille.
Vor dem nächsten Zeugen, dem Gerichtsmediziner des County Los Angeles, Thomas Noguchi, ersuchte Kanarek um eine Besprechung im Richterzimmer. Er habe seine Meinung geändert, erklärte Kanarek. Zwar habe er selbst Mrs. Kasabian die Todesfotos gezeigt, doch: »Ich habe darüber nachgedacht, und ich glaube, es war falsch, Euer Ehren.« Kanarek bat darum, die Fotos, vor allem die in Farbe, aus dem Verfahren auszuschließen. Antrag abgewiesen. Die Fotos dürften für Identifikationszwecke verwendet werden, meinte Older, ihre Verwertbarkeit als Beweismittel werde er zu einem späteren Zeitpunkt verhandeln.
Jedes Mal, wenn Kanarek eine solche Taktik ausprobierte, dachte ich, dass das nicht mehr zu überbieten sei, doch immer wieder musste ich feststellen, dass er es nicht nur konnte, sondern auch tat.
Obwohl ich Mr. Noguchi bereits mehrfach vernommen hatte, besprach ich mich noch einmal mit ihm in meinem Büro, bevor wir vor Gericht gingen. Der Gerichtsmediziner, der Sharon Tates Autopsie durchgeführt und die der anderen vier Tate-Opfer geleitet hatte, hatte die Angewohnheit, mit kleinen Überraschungen aufzuwarten. Da ein Prozess aber schon genügend Überraschungen mit sich bringt, wollte ich dies nicht auch noch bei meinem eigenen Zeugen riskieren, deshalb fragte ich ihn, ob es noch irgendetwas gebe, das er mir noch nicht gesagt hatte.
Nun ja, eine Sache schon, räumte er ein. Er habe es nicht in seinem Autopsiebericht erwähnt, doch nachdem er die Abschürfungen an ihrer linken Wange genauer untersucht habe, sei er zu dem Schluss gekommen: »Sharon Tate wurde aufgehängt.«
Das sei zwar nicht die Todesursache gewesen, meinte er, und sie habe wahrscheinlich weniger als eine Minute gehangen, doch er sei überzeugt, dass die Schürfwunden von einem Seil herrührten.
Ich fügte diese Aussage in meine Vernehmungsunterlagen ein.
Natürlich war fast die ganze Befragung von Dr. Noguchi wichtig, doch einige Aspekte waren besonders relevant, da sie Linda Kasabians Darstellung bestätigten.
So berichtete Noguchi, dass viele Stichwunden bis in die Knochen eingedrungen waren. Laut Linda hatte Patricia Krenwinkel sich darüber beklagt, dass ihr die Hand wehtue, weil sie mit dem Messer auf Knochen getroffen sei.
Linda hatte angegeben, dass die Klingenlänge der zwei Messer, die sie aus dem Wagenfenster geworfen hatte, in etwa gleich gewesen sei, wobei sie mit den Händen ungefähr 15 bis 17 Zentimeter anzeigte. Laut Dr. Noguchi waren zahlreiche Wunden ganze 13 Zentimeter tief. Das passte nicht nur gut zu Lindas Schätzung, sondern betonte auch die unsägliche Bösartigkeit der Angriffe.
Linda hatte von einer Klingenbreite von ungefähr 2,5 Zentimetern gesprochen. Laut Dr. Noguchi stammten die Wunden von einer Klinge von 2,5 bis vier Zentimeter Breite.
Linda hatte die Dicke auf das Zwei- oder Dreifache eines gewöhnlichen Küchenmessers geschätzt. Dr. Noguchi erklärte, dass die Dicke zwischen drei und zwölf Millimetern betragen habe, was Lindas Schätzung entsprach.
Linda zufolge – die auf Befehl von Manson auf der Spahn Ranch mehrmals ganz ähnliche Messer geschliffen hatte – waren die Klingen auf beiden Seiten scharf, auf der einen Seite hinunter bis zum Griff und auf der anderen bis etwa zwei oder drei Zentimeter unterhalb der Spitze. Dr. Noguchi bestätigte, dass etwa zwei Drittel der Wunden von einer Klinge oder Klingen stammten, die auf beiden Seiten auf einer Länge von vier bis fünf Zentimetern scharf waren, während eine dann stumpf auslief, die andere aber scharf blieb. 79
Wie ich später gegenüber den Geschworenen argumentieren sollte, legte Lindas Beschreibung dieser beiden Messer – Dicke, Länge, ja sogar die Besonderheit der zweifach geschärften Schneide – nahe, dass es sich bei diesen Messern um dieselben handelte, die Dr. Noguchi rekonstruiert hatte.
In seinem Kreuzverhör von Dr. Noguchi bezeichnete Kanarek die Opfer nicht nur wiederholt als »Dahingeschiedene«, sondern sprach auch davon, dass Abigail Folger zu »ihrer letzten Ruhestätte« gerannt sei. Es klang beinahe wie eine Führung in Forest Lawn, dem Friedhof von
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