Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
Umstände zur Geltung bringen, dass Linda das Geld, nachdem sie es der Family übergeben hatte, nie mehr gesehen noch davon profitiert hatte.
Erst bei der Zweitvernehmung konnte ich auch verdeutlichen, wieso Linda ohne Tanya von der Spahn Ranch geflüchtet war.
Dass dies erst zu einem späteren Zeitpunkt besprochen wurde, hatte meines Erachtens sogar etwas Positives, da die Geschworenen Linda inzwischen gut genug kannten, um ihre Erklärung zu akzeptieren.
Erstvernehmung, Kreuzverhör, Zweitvernehmung. Am Mittwoch, dem 19. August, verließ Linda Kasabian kurz vor Mittag den Zeugenstand. 17 Tage hatte sie sich den Fragen gestellt – eine außergewöhnlich lange Zeit. Obwohl die Verteidigung eine 20-seitige Zusammenfassung all meiner Gespräche mit ihr wie auch Kopien ihrer an mich gerichteten Briefe erhalten hatte, war kein einziges Mal ihre Glaubwürdigkeit als Zeugin aufgrund von Widersprüchen zu vorherigen Aussagen infrage gestellt worden. Ich war sehr stolz auf sie, eine bessere Zeugin der Anklage konnte man sich kaum wünschen.
Nach Abschluss ihrer Aussage flog sie nach New Hampshire, um ihre zwei Kinder wiederzusehen. Allerdings sollte die Tortur für sie noch nicht zu Ende sein. Kanarek behielt der Verteidigung das Recht vor, sie gegebenenfalls erneut vorzuladen. Darüber hinaus sollte sie nochmals aussagen, wenn Watson der Prozess gemacht werden würde.
Randy Starr war nicht der einzige Zeuge, den die Anklage im August verlor.
Denn Robert Kasabian und Charles Melton hatte wieder die Wanderlust gepackt, und so hatte es sie nach Hawaii verschlagen. Als ich Lindas Anwalt Gary Fleischman fragte, ob er sie ausfindig machen könne, sagte er, dass sie auf irgendeiner nicht verzeichneten Insel seien, um in einer Höhle zu meditieren, und es keine Möglichkeit gebe, sie dort zu erreichen. Melton war mir wichtig, da er Tex ’ Bemerkung »Vielleicht erlaubt mir Charlie irgendwann auch einmal, mir einen Bart stehen zu lassen« bestätigen konnte.
Der Verlust des anderen Zeugen wog für die Anklage jedoch noch bedeutend schwerer. Saladin Nader, der Schauspieler, dem Linda in der Nacht der LaBianca-Morde das Leben gerettet hatte, war weggezogen. Freunden hatte er mitgeteilt, er wolle nach Europa, hatte aber keine Nachsendeadresse hinterlegt. Zwar bat ich die LaBianca-Ermittler, ihn wenn irgend möglich durch das libanesische Konsulat und die Einwanderungsbehörde ausfindig zu machen, doch hatten sie keinen Erfolg. Daraufhin ersuchte ich sie darum, seine frühere Vermieterin, Mrs. Eleanor Lally, zu befragen, da sie immerhin bezeugen konnte, dass der Schauspieler im August 1969 das Apartment 501 im 1101 Ocean Front Walk, Venice, bewohnt habe. Doch mit Naders Verschwinden verloren wir den einzigen Zeugen, der Lindas Bericht über die zweite Nacht wenigstens teilweise bestätigen konnte.
Dafür fanden wir am 18. August einen neuen Zeugen – einen der bislang wichtigsten überhaupt.
Mehr als sieben Monate nachdem ich Watkins und Poston gebeten hatte, ihn zu einer Vernehmung zu überreden, kam Juan Flynn zu dem Schluss, dass er reden wollte.
Offenbar aus Angst, dass er als Zeuge der Anklage aussagen könnte, hatte die Family den hochgewachsenen, schlaksigen Cowboy aus Panama seit einiger Zeit systematisch terrorisiert. Er bekam Drohbriefe und wortlose Anrufe, nachts rasten Autos um seinen Wohnwagen, aus denen »Schwein!« gerufen wurde. Das alles machte Juan so wütend, dass er sich an das Sheriffbüro wandte, das sich wiederum mit der Kripo L. A. in Verbindung setzte.
Da ich im Gericht war, befragte Sartuchi Flynn an diesem Nachmittag im Parker Center. Es war eine kurze Vernehmung, das Protokoll umfasste nur 16 Seiten, doch enthielt es eine verblüffende Enthüllung.
Sartuchi: »Wann erfuhren Sie das erste Mal, dass Manson der Verbrechen bezichtigt wurde, für die er sich derzeit vor Gericht verantworten muss?«
Flynn: »Ich erfuhr von den Verbrechen, weswegen er jetzt vor Gericht steht, als er mir gegenüber die Morde zugab, die passiert waren …«
In gebrochenem Englisch erklärte Flynn, dass Manson ihm gegenüber die Morde gestanden habe.
F: »Gab es irgendein Gespräch über die LaBiancas, oder war das alles zur selben Zeit, oder was?«
A: »Also, ich weiß nicht, ob es zur selben Zeit war, aber ich musste annehmen – er sagte mir, dass er die Hauptursache war, weswegen die Morde begangen wurden.«
F: »Hat er noch mehr gesagt?«
A: »Er hat zugegeben – er hat sogar damit angegeben, dass in zwei
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