Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
am Ende überzeugen würden.
Nur wenige Zeugen der Anklage standen noch aus, und ich wusste nach wie vor nicht, was die Verteidigung plante. Während die Anklage der Gegenseite eine Liste mit ihren sämtlichen Zeugen vorlegen musste, gab es für die Verteidiger keine solche Verpflichtung. Fitzgerald hatte der Presse zuvor erklärt, er beabsichtige, 30 Zeugen aufzurufen, darunter Berühmtheiten wie Mama Cass, John Phillips und den Beatle John Lennon – Letzterer sollte aussagen, wie er seine eigenen Songtexte interpretierte. Doch dies und die Gerüchte, dass Manson plante, selbst in den Zeugenstand zu treten, waren die einzigen Anhaltspunkte, die wir hatten. Dabei war es durchaus fraglich, ob Manson letztendlich aussagen würde. In meinen Gesprächen mit ihm schien Charlie zu schwanken: Vielleicht trete ich als Zeuge auf, vielleicht aber auch nicht. Ich versuchte ihn weiterhin herauszufordern, auch wenn ich zuweilen fürchtete, mein Blatt zu sehr auszureizen.
Seit Mansons Attacke au f den Richter waren die Angeklagten nicht mehr im Gerichtssaal gewesen. Doch an dem Tag, an dem Terry Melcher aussagen sollte, ließ Older sie wieder in den Saal. Da er eine Begegnung mit Manson vermeiden wollte, fragte Terry mich: »Kann ich nicht in die Arrestzelle gehen und durch das Mikrofon aussagen?«
Von allen Zeugen der Anklage hatte Melcher die größte Angst vor Manson. Das ging so weit, dass er, wie er mir gegenüber eingestand, seit Dezember 1969 deswegen in psychiatrischer Behandlung war und einen Vollzeit-Bodyguard eingestellt hatte.
»Terry, die waren in der Nacht nicht hinter Ihnen her«, versuchte ich ihn zu beruhigen. »Manson wusste, dass Sie nicht mehr dort wohnen.«
Melcher war jedoch so nervös, dass er eine Beruhigungstablette brauchte, bevor er in den Zeugenstand trat. Daher wirkte er etwas schwächer als in unseren Vernehmungen. Nachdem er fertig ausgesagt hatte, erzählte er mir erleichtert, dass Manson ihm zugelächelt hatte, also wohl über seine Antworten nicht allzu unglücklich war.
Vermutlich auf Mansons Veranlassung hin verzichtete Kanarek auf ein Kreuzverhör. Hughes konnte darlegen, dass Wilson und Manson, als sie Terry vor dem Tor des Hauses am Cielo Drive abgesetzt hatten, wahrscheinlich gesehen hatten, dass er den Türöffner betätigt hatte. Die Verteidigung konnte nun argumentieren, dass es unwahrscheinlich war, dass Manson, wenn er den Öffnungsmechanismus kannte, die Mörder, wie von Linda beschrieben, über den Zaun hatte klettern lassen.
Inzwischen konnte ich beweisen, dass sowohl Watson als auch Manson vor den Morden bereits mehrfach am Haus, 10050 Cielo Drive, gewesen waren. Doch die Geschworenen sollten das nie erfahren.
Einige Monate zuvor hatte ich erfahren, dass Gregg Jakobson einen gewissen Dean Moorehouse für kurze Zeit dort untergebracht hatte, und zwar nachdem Terry Melcher ausgezogen war, doch bevor die Polanskis eingezogen waren. Während dieser Zeit hatte Tex Watson Moorehouse mindestens drei-, möglicherweise aber bis zu sechsmal besucht. In einer privaten Unterredung erzählte ich Fitzgerald davon, und er antwortete, dass ihm das bekannt sei.
Ich wollte diese Beweise für den Watson-Prozess aufheben und nicht im laufenden Verfahren einbringen. Natürlich hoffte ich, dass Fitzgerald gleichfalls darauf verzichten würde, da dieser Umstand Watson eher belastete als Manson.
Auch wenn ich ahnte, dass Manson im selben Zeitraum ebenfalls dort gewesen war, hatte ich dafür lange Zeit keinen Beweis, bis ich im laufenden Verfahren aus der denkbar besten Quelle erfuhr, dass er tatsächlich »bei fünf oder sechs Gelegenheiten« dort gewesen war. Meine Quelle war Manson selbst, der es mir während einer unserer Plauderstündchen erzählte. Allerdings leugnete er, das Haus betreten zu haben. Er und Tex seien dort auf den Hügeln mit ihren Strandbuggys herumgefahren.
Allerdings konnte ich diese Information, wie er sehr wohl wusste, nicht gegen ihn verwenden, da alle diese Gespräche auf seine Initiative zurückgingen und er nie über seine Grundrechte belehrt wurde.
Es war eine wirklich eigenartige Situation. Einerseits hatte Manson geschworen, mich umzubringen, andererseits bat er von Zeit zu Zeit darum, mich sprechen zu dürfen – besser gesagt, mit mir zu plaudern.
Genauso seltsam waren auch unsere Gespräche. So erklärte mir Manson beispielsweise, dass er an Gesetz und Ordnung glaube. Es sollte eine »strenge Kontrolle« seitens der Behörden geben. Dabei komme es weniger
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