Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
darauf an, was das Gesetz genau vorschreibe, da die Begriffe von Recht und Unrecht relativ seien, Hauptsache sei, dass die Machthabenden ihre Vorgaben streng durchsetzten. Und die öffentliche Meinung müsse unterdrückt werden, denn der eine Teil der Bevölkerung wolle dies, der andere aber etwas anderes.
»Mit anderen Worten sehen Sie das Heil in einer Diktatur«, bemerkte ich.
»Ja.«
Er habe auch eine simple Lösung für das Kriminalitätsproblem, erklärte mir Manson. Die Gefängnisse sollten geleert und alle Gefangenen in die Wüste geschickt werden. Zuvor solle ihnen allen jedoch ein X auf die Stirn gebrannt werden, damit sie, wenn sie je in die Städte zurückkehren sollten, erkannt würden und dann erschossen werden dürften.
»Ich muss wohl nicht erst lange raten, wer sie dann in der Wüste bewachen würde, oder, Charlie?«
»Sie haben es erfasst«, sagte er grinsend.
Bei anderer Gelegenheit erzählte mir Manson, dass er gerade an Präsident Nixon geschrieben und ihn aufgefordert habe, die Macht an ihn abzutreten. Falls ich interessiert sei, könne ich sein Vizepräsident werden. Ich sei ein brillanter Anklagevertreter, meinte er, ich könne gut mit Worten umgehen, und »in vielen Dingen liegen Sie verdammt richtig«.
»In welchen Dingen, Charlie? Helter Skelter? Oder wie es zu den Morden kam? Oder hinsichtlich Ihrer Philosophie über Leben und Tod?«
Manson lächelte und blieb mir eine Antwort schuldig.
»Wir wissen beide, dass Sie die Morde angeordnet haben«, sagte ich.
»Bugliosi, es sind die Beatles, die Musik, die sie rausbringen. Sie reden vom Krieg. Diese Kids hören sich die Musik an und kriegen diese unterschwellige Botschaft mit.«
»In der Nacht der LaBianca-Morde waren Sie mit von der Partie.«
Nie ein klares Dementi. Ich konnte es kaum erwarten, ihn im Zeugenstand zu sehen.
Manson erzählte mir, dass es ihm im Gefängnis gefalle, auch wenn ihm die Wüste, die Sonne und die Frauen natürlich besser gefielen. Ich gab zu bedenken, dass er die Gaskammer in San Quentin noch nicht gesehen habe.
Er habe keine Angst vor dem Tod, bekannte Manson. Der Tod sei nur eine Idee. Er sei dem Tod sowohl in diesem als auch in früheren Leben schon oft begegnet.
Ich fragte ihn, ob er bei seinem Schuss auf Crowe vorgehabt habe, diesen zu töten.
»Sicher«, antwortete er und fügte hinzu: »Ich könnte, ohne mit der Wimper zu zucken, jeden töten.« Als ich nach dem Grund fragte, meinte er: »Weil ihr mich schon seit Jahren tötet.« Auf die Frage, ob ihm all das Töten etwas ausmache, antwortete Manson, er habe kein Gewissen, das sei alles nur unser Denken. Er, und er allein, habe das Denken überwunden, er habe es unter vollkommener Kontrolle, ohne dass ihn irgendjemand entprogrammiert habe.
»Wenn euch alles um die Ohren fliegt, dann tut ihr gut daran, mir zu glauben, dass ich meine Gedanken überwunden habe«, sagte Manson. »Ich weiß dann, was ich tue. Ich weiß dann genau, was ich tue.«
Manson störte die Zeugenaussagen von Brooks Poston und Paul Watkins mit häufigen Zwischenbemerkungen. Kanarek unterbrach ständig, sodass Older ihn schließlich zu sich rief und verärgert meinte: »Sie versuchen, die Zeugenvernehmung mit leichtfertigen, langatmigen, komplizierten und albernen Einsprüchen zu stören. Das haben Sie in diesem Verfahren immer wieder getan … Ich habe Sie genau beobachtet, Mr. Kanarek. Ich weiß genau, was Sie da treiben. Ich musste Sie bereits zweimal aufgrund desselben Benehmens wegen Missachtung belangen, und ich werde sicher nicht zögern, es ein drittes Mal zu tun.«
Weder Kanarek noch Manson konnte es entgehen, dass Poston und Watkins beeindruckend starke Zeugen waren. Schritt für Schritt zeichneten sie nach, wie sich die Idee von Helter Skelter entwickelt hatte – nicht auf intellektueller Ebene, auf der sich etwa Jakobson damit auseinandergesetzt hatte, sondern aus Sicht ehemaliger Anhänger, Mitglieder der Family, die miterlebt hatten, wie sich eine anfangs verschwommene Idee langsam verfestigt und schließlich erschreckend greifbare Gestalt angenommen hatte.
Das Kreuzverhör brachte ihre Aussagen kein bisschen ins Wanken, sondern förderte vielmehr weitere Details zutage. Als zum Beispiel Kanarek Poston befragte, bekam er ein gutes Beispiel für Dominanzverhalten zur Antwort: »Wenn Charlie in der Nähe war, dann war das so ähnlich, wie wenn der Lehrer in die Klasse zurückkommt.«
Hughes meinte zu Poston: »Hatten Sie das Gefühl, unter Mansons
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