Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
der Opfer. Erst jetzt zeigte sich, dass Leno LaBianca nicht nur eine Tranchiergabel im Bauch, sondern auch ein Messer in der Kehle hatte.
Da am Tatort kein Beamter das Messer bemerkt hatte, war dies für den Fall LaBianca ein gutes Indiz für einen Lügendetektortest. Und es gab noch zwei weitere. Während aus irgendeinem Grund die Worte »death to pigs« zur Presse durchgesickert waren, galt das seltsamerweise nicht für »rise« und »healter skelter«.
»Leno A. LaBianca, 3301 Waverly Drive, männlich, weiß, 44 Jahre alt, 1,80 Meter groß, 100 Kilogramm schwer, braune Augen …«
Leno war in Los Angeles als Sohn des Firmengründers der State Wholesale Grocery Company geboren. Nach dem Studium an der University of Southern California war er in das Familienunternehmen eingestiegen und schließlich Präsident der Gateway Markets, einer südkalifornischen Ladenkette, geworden.
Soweit die Polizei feststellen konnte, hatte Leno keine Feinde, doch bald stellte sich heraus, dass auch er eine verborgene Leidenschaft gehabt hatte. Freunde und Angehörige beschrieben ihn als ruhig und konservativ. Sie konnten es kaum glauben, als sie nach seinem Tod erfuhren, dass er neun Vollblutpferde besessen hatte, darunter die bekannte Rennstute Kildare Lady, und dass er ein chronischer Spieler gewesen war, der bei kaum einem Rennen gefehlt und oft 500 Dollar auf einmal gewettet hatte. Ebenso wenig war ihnen bekannt, dass er zum Zeitpunkt seines Todes etwa 230.000 Dollar Schulden gehabt hatte.
In den kommenden Wochen gelang es den Ermittlern, Licht in das Labyrinth von Leno LaBiancas Finanzen zu bringen. Doch der Gedanke, dass Leno das Opfer von Finanzhaien geworden sein könnte, erwies sich als unwahrscheinlich, als bekannt wurde, dass Rosemary LaBianca ihrerseits ziemlich begütert gewesen war und mehr als genug Vermögenswerte besessen hatte, um Lenos Schulden zu begleichen.
Einer von Lenos früheren Partnern, der ebenfalls italienischer Abstammung war und von seinen Spielgewohnheiten wusste, gab der Polizei den Hinweis, dass die Morde vielleicht auf die Mafia zurückgehen könnten. Allerdings hatte er keinerlei Beweis für diese Vermutung. Die Ermittler fanden immerhin heraus, dass Leno für kurze Zeit im Vorstand einer Bank aus Hollywood gesessen hatte, die nach Informationen sowohl der bundesstaatlichen als auch der städtischen Polizei mit Geld aus kriminellen Aktivitäten arbeitete. Obwohl mehrere Vorstandsmitglieder angeklagt und verurteilt worden waren, konnte dies nie bewiesen werden. Eine Verbindung zur Mafia gehörte somit aber auf jeden Fall zu den Spuren, denen nachzugehen war.
Leno hatte kein Vorstrafenregister, und Rosemary war einmal wegen eines Verkehrsdelikts vorgeladen worden, und zwar bereits im Jahr 1957.
Durch Lenos Tod kam eine Lebensversicherung zur Auszahlung, die jedoch als Tatmotiv praktisch ausschied, da sie neben Suzanne und Frank auch noch zu gleichen Anteilen an die drei Kinder aus erster Ehe ging.
Leno LaBianca starb in seinem Geburtshaus, das er im November 1968 von seiner Mutter erworben hatte.
Todesursache: mehrfache Stichwunden. Das Opfer hatte zwölf tiefe sowie 14 leichte Stichverletzungen, die von einer zweizinkingen Gabel verursacht wurden, somit insgesamt 26 Wunden, von denen sechs jeweils tödlich waren.
»Rosemary LaBianca, 3301 Waverly Drive, weiblich, weiß, 38 Jahre alt, 1,63 Meter groß, 55 Kilogramm schwer, braunes Haar, braune Augen …«
Wahrscheinlich wusste nicht einmal Rosemary selbst viel über ihre frühe Kindheit. Es hieß, sie habe amerikanische Eltern, sei in Mexiko geboren worden und dann in Arizona entweder verwaist oder von ihren Eltern verlassen worden. Im Anschluss daran kam sie in ein Waisenhaus und blieb dort bis zum Alter von zwölf Jahren, bis eine Familie namens Harmon sie adoptierte und mit nach Kalifornien nahm. Ihren ersten Mann hatte sie kennengelernt, als sie in den späten 1940er-Jahren, als Teenager, in Los Feliz als Kellnerin im »Derby Drive-in« arbeitete. Das Paar ließ sich 1958 scheiden, und wenig später – inzwischen bediente sie im »Los Feliz Inn« – begegnete sie Leno LaBianca und heiratete ihn.
Ihr ehemaliger Mann unterzog sich dem Lügendetektortest und räumte so jeglichen Verdacht aus, etwas mit den Morden zu tun zu haben. Vorgesetzte, verflossene Liebhaber, Geschäftspartner wurden befragt, doch niemand konnte sich an irgendjemanden erinnern, der Rosemary nicht gemocht hätte.
Ruth Sivick, ihre Partnerin in der Boutique
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