[Henderson_Charles]_Todesfalle-Die_wahre_Geschicht(Bookos.org)
hier auf dem Hügel zu tun ist, weil sie sonst offenbar zu nichts Vernünftigem zu gebrauchen sind. Wenn Sie das alles ändern wollen, haben Sie sich eine Menge vorgenommen.«
»Gunny, ich teile Ihnen hiermit offiziell mit, daß sich meine Männer ab morgen in Ausbildung befinden. Das hat Vorrang vor dem Latrinendienst. Sie werden sich einschließen und darauf vorbereiten, auf Patrouille zu gehen.«
»Ich habe ganz und gar nichts dagegen. Aber es gibt eine Menge Leute, die meckern werden, weil jemand die Latrinenbehälter verbrennen muß. Denen wird es nicht schmecken, wenn sie das Arbeitskontingent Ihrer Marines übernehmen müssen.«
»Schließlich sind meine Männer bisher für die anderen eingesprungen. Jetzt ist es allmählich Zeit, daß das ausgeglichen wird!«
»Staff Sergeant Hathcock, der Sergeant Major wird einen Mordskrach schlagen. Für mich ist das nichts Neues. Wie ich schon sagte, stehe ich auf seiner Abschußliste ganz oben. Ich habe so eine Ahnung, daß wir beide uns von heute an um diese Gunst streiten werden. Jetzt können Sie es sich noch überlegen. Sobald Sie erst einmal angefangen haben, wird Ihnen der Sergeant Major ebenso im Nacken sitzen wie jetzt mir.«
»Da gibt es nichts zu überlegen, Gunny. Meine Heckenschützen sind mir wichtiger als ein ruhiges Leben. Ich könnte mir denken, daß der Bursche, den ich eben abgelöst habe, versucht hat, mit allen gut auszukommen und es jedem recht zu machen. Als ich ihn kennenlernte, war er ein guter Marine. Aber man kann nicht unbegrenzt Kompromisse schließen. Ich glaube, er hat sich dafür entschieden, die Leute auf dem Hügel zufriedenzustellen, und dafür sind seine Marines zum Teufel gegangen.«
Hathcock stand auf. »Ich muß mein Gebiet inspizieren und meine Leute loseisen. Haben Sie schon gegessen?«
»Nein. Ich warte, bis Sie zurückkommen. Dann gehen wir zusammen.«
»Hört sich gut an«, meinte Hathcock lächelnd.
Noch ehe die Sonne am nächsten Morgen den schwarzen Himmel erhellte, saß Hathcock bereits hinter einem Feldschreibtisch in der Bude des Heckenschützenzuges. Er ging eine Namensliste durch und stellte zehn Zweierteams zusammen, jeweils einen höherrangigen Marine mit einem unteren Dienstgrad. Den übriggebliebenen Mann, einen Corporal namens John Perry aus London, Ohio, teilte er als seinen eigenen Partner ein. Er würde Männer und Ausrüstung so lange umgruppieren, bis er mit jedem Team zufrieden war. Hathcock verglich dieses Verfahren mit einer Heiratsvermittlung, denn der Erfolg eines Teams hing sehr davon ab, wie gut die beiden Partner zusammenpaßten.
Der vietnamesische Sommer, der den größten Teil des Jahres andauert und den Schlamm der Monsunzeit in seiner glühenden Hitze ziegelhart brennt, hatte schon lange begonnen, als Carlos in den letzten Maitagen des Jahres 1969 in Vietnam eingetroffen war. Jetzt bedeckte heißer Staub diese ehemals grüne Welt, die von Kugeln und Napalm im Laufe von zehn Kriegsjahren in eine baumlose, braune Öde verwandelt worden war.
Während Hathcock in Schweiß gebadet im Dunkeln saß und auf einen weiteren der sandpapiertrockenen Tage in diesem staubigen Land wartete, brannte in South Carolina die Nachmittagshitze auf das Gesicht von Staff Sergeant Ronald H. McAbee und auf seinen bloßen Arm, den er auf der Fahrt durch die sonnige Landschaft von Texas zu dem Haus, wo seine Frau ihn erwartete, aus dem Fenster hielt. Er hatte San Antonio am Tag zuvor verlassen und in Alabama auf einem Parkplatz neben der Straße geschlafen.
McAbee hatte zwei Wochen in San Antonio beim Marine Corps Rifle Team verbracht und an den Texas State und den NRA Regional Wettbewerben im Gewehrschießen teilgenommen. Wie sein Freund Carlos Hathcock, so hatte auch er Texas mit einem Marschbefehl nach Vietnam verlassen. Während seiner Dienstzeit in Quantico hatten er und Hathcock sich angefreundet - wie Brüder waren sie , und das erzählte er auch jedem, der es hören wollte.
Ron McAbee hatte Hathcock im Frühjahr 1967 in Camp Lejeune am Ende der Marine Corps Wettkämpfe im Gewehr- und Pistolenschießen kennengelernt. McAbee hatte gerade am letzten Tag der Einzelausscheidungen die vorgeschriebenen ›scharfen‹ Schüsse mit seiner Pistole Kaliber .45 absolviert, als er Hathcock in der roten Ziegelkaserne neben der in der Nähe der Küste von North Carolina bei Need's Ferry and Topsail Island gelegenen Schießbahn traf. In dieser Nacht gingen die beiden über die hohe Brücke in das Feriendorf und tranken dort in einer
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