[Henderson_Charles]_Todesfalle-Die_wahre_Geschicht(Bookos.org)
wir Deckung durch die Patrouille, die uns abgesetzt hat. Wenn der Kerl mit seinen Freunden wiederkommen will, wer sagt denn, daß nicht auch wir ein paar von ihnen erwischen können? Und wenn er nun seinen Boss mitbringt? Sie wissen doch, wer das ist.«
»Gehen Sie ans Funkgerät, Carlos«, sagte der Captain entschlossen. »Sagen Sie der Patrouille, sie soll von hinten aufschließen, stillsitzen und auf alles gefaßt sein. In der Zwischenzeit wären wir, glaube ich, auf der anderen Seite dieser Lichtung besser aufgehoben. Wir können uns in diesen niedrigen Büschen dort auf der Anhöhe am Rand verkriechen. Vielleicht kommen sie mit Granaten und Raketen wieder, und dann will ich mich nicht da rumtreiben, wo uns der Bursche zuletzt gesehen hat.
Was diese Frau angeht - damit haben sie recht. Nach der kleinen bühnenreifen Show, die wir eben abgezogen haben, muß sie glauben, daß sie es hier mit zwei Schwachköpfen zu tun hat. Vielleicht kommt sie tatsächlich her, um sich ohne viel Mühe ein paar Täubchen zu fangen.«
Die beiden Heckenschützen krochen vorsichtig am Rand der Lichtung entlang, unter den kleinen Palmen hindurch und weiter nach oben, wo ein Dickicht aus Gras und Ohrenkakteen ihre Bewegungen verbarg. Eine leichte Bodenwölbung eignete sich ideal als Auflage für die Gewehrläufe. Sie tarnten ihre Stellung und richteten sich in ihrem neuen Versteck ein.
Als es Mittag wurde, war ihnen noch nichts vor die Läufe gekommen. Auch die Patrouille, die weit hinter ihnen an einem niedrigen Grat im Versteck lag, verhielt sich still.
Der Vietkong-Heckenschütze erreichte das Netzwerk von Tunnels und unterirdischen Kammern, in dem sich das Hauptquartier seiner Einheit befand. Dort empfing ihn sein Kommandeur - die Frau, die Jagd auf die Marines von Höhe 55 machte - an der Tür. Er erzählte ihr von den beiden feindlichen Soldaten, die er am Rand der Lichtung hatte miteinander streiten sehen, und drängte sie, schnell dorthin zurückzugehen und sie sich zu holen. Die Frau zögerte. Wo zwei Marines waren, konnten auch viel mehr sein. Sie hatte für diesen Abend einen Überfall geplant, und um die Stelle zu erreichen, wo der Hinterhalt gelegt werden sollte, mußte sie über den Hügel gehen, vor dem die beiden Marines sich gezeigt hatten, oder außen herum. Nach einigem Überlegen beschloß sie, den abendlichen Überfall nicht abzusagen. Ob sie über den Hügel gehen würde oder außen herum, das wollte sie erst an Ort und Stelle entscheiden.
Schwarme von Mücken und anderen fliegenden, stechenden Insekten tummelten sich im Schatten unter den niedrigen Pflanzen und Palmen, während die Sonne den schwülen Nachmittag immer weiter aufheizte. Kein Lüftchen regte sich, es herrschte eine Treibhausatmosphäre, in der die beiden Marines unter dem dichten Laub vor sich hin schmorten, hilflos den Stichen der Insekten ausgesetzt, die gierig über sie herfielen. Der Schweiß lief Hathcock in die Augen und tropfte ihm von der Nasenspitze, während eine Armee von winzigen Plagegeistern über seinen Hals und seine Augenlider und in seine Ohren und Nasenlöcher kroch. Hathcock hatte einmal gehört, daß die Japaner im Zweiten Weltkrieg für solche Tage eine besondere Bezeichnung hatten - die Übersetzung lautete etwa ›insektenheiß‹. Er lag reglos. Jede plötzliche Bewegung konnte die Aufmerksamkeit eines unsichtbaren Feindes erregen.
»Sir«, flüsterte Hathcock schließlich seinem Captain zu, der neben ihm die gleichen Qualen litt. »Alles okay?«
»Nein«, kam es in scharfem Flüsterton zurück. »Ich habe allmählich genug. Wenn wir bis in einer Stunde nichts hören oder sehen, verschwinden wir.«
Hathcock wollte sich nicht beklagen, aber auch ihm machten die Insekten schwer zu schaffen. Er war sicher, daß ein ganzes Heer von schwarzen Ameisen den Weg in sein Hosenbein gefunden hatte und sich jetzt auf seinen Lenden eine Schlacht lieferte. Die beruhigende Bemerkung des Captains machte das Brennen erträglicher.
In diesem Augenblick entdeckte Hathcock eine plötzliche Bewegung zwischen den abgebrochenen Baumstümpfen auf dem Hügelkamm. »Skipper. Sehen Sie. Direkt an der Kuppe.«
Der Captain verschob sein Beobachtungsfernrohr ein klein wenig nach links und entdeckte sofort den schwarzgekleideten Mann, der mit einem AK-47 in der Hand auf den Knien durch das Gewirr aus totem Holz kroch.
»Nicht schießen, Carlos. Er ist nicht allein.«
»Sir?«
»Sehen Sie sich das Gewehr an. Wenn es ein Heckenschütze wäre, würde er die
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