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Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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Fuß wieder herunter. Er hörte ihn langsam sagen: »Kannst hochkommen.«
    Tim richtete sich vorsichtig auf und bemerkte, dass Alex ihm sogar die Hand reichte. Nur zögernd griff Tim zu, doch seine Angst schien unberechtigt, denn er half ihm tatsächlich. Als er wieder auf beiden Beinen stand, klopfte er sich den Schmutz von der Hose und grinste nun auch.
    »Alles tutti?«, wollte Alex wissen.
    »Klar.« Tims Stimme war schwächer als sonst.
    Alex fixierte ihn, legte den Arm fest um seine Schulter und setzte sich in Bewegung.
    Tims Herz schlug schneller. Was wollte er von ihm?
    »Ich glaube, wir müssen dir mal ein bisschen deine hübsche Visage polieren. Das eben war nur ein kleiner Vorgeschmack.«
    »Was habe ich denn verbrochen?«, schrie Tim hysterisch.
    Alex ging ungerührt weiter. Der Griff seiner Hand schmerzte Tim durch die Lederjacke hindurch. Wie ein Schraubstock, den er nicht abschütteln konnte.
    »Du plauderst ein bisschen zu viel.«
    »Ich? Gibt doch gar nix zu plaudern.«
    Alex’ Umklammerung tat höllisch weh. Tim versuchte, sich zu befreien, aber vergeblich.
    »Da habe ich aber etwas ganz anderes gehört.«
    »So? Was denn?« Tim starrte Alex an.
    »Was denn?«, äffte Alex. »Ich will dir sagen, was. Da gibt’s einen Reporter, der hinter mir herschnüffelt, und ich habe munkeln hören, dass du ihn mir aufgehalst hast.«
    »Nein, habe ich nicht! Ich kenne überhaupt keinen Reporter.«
    Abrupt blieb Alex stehen und schlug zu. Tim strauchelte. Er roch frisches Blut. Es rann über sein Kinn. Vorsichtig wischte er es mit seinem Jackenärmel weg, wo es purpurn leuchtete.
    »Ich habe dich an niemanden verpfiffen, wirklich nicht.« Tims Stimme klang erstickt. Er wusste weiterhin nicht, wovon Alex sprach, aber er bemerkte, dass er ihn etwas verunsichert hatte.
    »Wir sind doch Freunde«, sagte er rasch. Alex blies hörbar Luft durch die Nase und schwieg. »Hast du eigentlich noch was von dem Zeug, dass ich dir neulich gebracht habe?«, fragte Tim vorsichtig.
    Alex lachte verächtlich. »Glaubst du, du kommst aus der Nummer mit ’ner milden Gabe raus? Das Zeug war zwar nicht schlecht, aber so gut nun auch wieder nicht.«
    »Hast du noch was davon?«
    »Leider nicht. Du darfst mir also noch was bringen. Aber wenn du tatsächlich hinter der Sache mit dem Journalisten stecken solltest, wird dir das leider trotzdem nichts nützen, da kannst du Gift drauf nehmen.«
    Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, drehte Alex Weyer sich um und ging.

     

     

8
    Diese rasenden Kopfschmerzen.
    Normalerweise bekam er so etwas nur sonntags, nach einer durchzechten Nacht, aber nicht am frühen Montagabend. Bereits vor einer halben Stunde hatte er zwei Kopfschmerztabletten geschluckt, aber eine Wirkung war nicht zu spüren. Im Gegenteil. Er presste beide Hände gegen die Schläfen, als könne das helfen. Der Schmerz hämmerte in kurzen Intervallen direkt über der Nasenwurzel und zog nach hinten.
    Ein Tiger, der seine Kopfhaut zerfetzte. Ihm seine Krallen ins Hirn trieb. Ihn daran hinderte, zu denken.
    Ein lautes Stöhnen kam über seine Lippen. Er musste stehen bleiben, sich an die Wand lehnen. Kalte Wand. Das grelle Weiß der Kacheln tat ihm weh, er musste die Augen wieder schließen, sich vor dem Weiß schützen, unbedingt. Gleichzeitig spürte er, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat.
    Diese rasenden Kopfschmerzen. Taumelnd versuchte er, das Waschbecken zu erreichen. Kein Halt mehr, nirgends. Seine Füße fühlten sich taub an. Jeder Schritt eine Qual. Der Mund trocken wie Staub, die Zunge ein fremdes Tier. Wasser. Im Spiegel seine aufgerissenen Augen, die ihm entgegenblickten. Endlich hatte er sein Ziel erreicht. Krampfhaft hielt er sich am Waschbecken fest und sah hinunter auf die Hand, die da versuchte, den Wasserhahn aufzudrehen. War das seine? Dieses zittrige Etwas, einem Spinnenkörper gleich, den er nicht in der Gewalt hatte?
    Keine Kraft mehr. Der Schweiß tropfte von seiner Stirn, doch der Wasserhahn bewegte sich keinen Millimeter. Er röchelte. Die Konturen des Waschbeckens verschwammen. Er versuchte, sich am Rand festzuhalten, den drohenden Fall zu verhindern, aber vergeblich. Er sackte auf den Boden, unfähig, wieder hochzukommen.
    Nach Minuten, die ihm wie eine Ewigkeit erschienen, drehte er den Kopf, denn er hatte ein Geräusch gehört. Jemand war hereingekommen. Endlich. Er atmete auf. Gekrümmt am Boden liegend, sah er auf ein paar dunkle Stiefel mit grünen Schnürsenkeln, die langsam auf ihn zukamen

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