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Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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was?«, fragte Jana ironisch.
    »Ja.« Florian grinste.
    »Ich habe Hunger. Soll ich dir was mitbringen?« Sie erhob sich.
    »Ein Sandwich vielleicht. Schlimm, wenn ich dich nicht begleite?«
    »Nein. Willst du noch wissen, was ich eben über Frazer herausgefunden habe?«
    Er nickte und während sie sich auf den Schreibtisch setzte, fielen ihm ihr halblanger Rock, der die Knie bedeckte, und ihre schwarzen, schlichten Stiefel auf.
    »Kein Geringerer als der amerikanische Landwirtschaftsminister sitzt im Vorstand der Biotech Firma Plantus.«
    Florian sah Jana fragend an. »Wer ist Plantus und was hat Plantus mit Frazer zu tun?«
    »Plantus brachte in den USA erstmalig gentechnisch veränderte Nahrungsmittel auf den Markt und wurde vor fünf Jahren von Frazer Chemicals aufgekauft.«
    »Saubande. Dann kaufen die sich also Politiker.«
    »Scheint so, und zwar solche, die für die Wirtschaftspolitik des Konzerns nützlich sein könnten«, fasste sie zusammen.
    »Und das funktioniert in den USA wahrscheinlich genauso wie in Deutschland«, schlussfolgerte Florian. Er überlegte einen Augenblick. »Also: Die Gattin eines Ministerialbeamten ist bei der deutschen Tochterfirma ›Agrotecc‹ angestellt, womit auch ›Agrotecc‹ einen Draht ins Ministerium hätte, zwar indirekt, aber immerhin. In diesem Fall ins Wirtschafts- und Agrarministerium.«
    »Siehst du, das passt doch. Aber ich mache mich jetzt erst mal auf den Weg, sonst verhungere ich.« Jana zog ihren Mantel an und ging.
    Als die Tür sich hinter ihr geschlossen hatte, gab Florian das Stichwort ›Märkte Biotechnologie‹ in eine Suchmaschine im Internet ein. Schon wenig später spuckte sie einige Links aus, die er der Reihe nach anklickte. Er überflog die Inhalte und las eine Information, die seine Aufmerksamkeit fesselte: ›Es gibt sechs große multinational agierende Unternehmen, die den weltweit milliardenschweren Markt mittels Fusionen, Kartellbildungen und illegalen Preisabsprachen untereinander aufteilen. Frazer Chemicals ist der Größte.‹ Florian pfiff durch die Zähne. ›Frazer verfügt mit einem Marktanteil von knapp 90 Prozent des weltweit gehandelten gentechnisch veränderten Saatguts fast über eine Monopolstellung.‹
    Ein ganz großer Fisch also, dachte er. ›Untereinander gibt es eine Menge Patentstreitigkeiten. Gentechnologie-Unternehmen können alle Pflanzen, in die ein bestimmtes Gen eingebracht wurde, auf einmal für sich schützen. So umfasst beispielsweise ein einziges Patent von Frazer Chemicals gleich 20 Nutzpflanzen.‹
    Florian hörte Jana zurückkommen. Als die Tür sich öffnete, kam ein Schwall frischer Luft mit herein. Sie legte ihm ein Sandwich auf den Tisch und sah ebenfalls auf den Bildschirm. Er drehte sich zu ihr um. »Ich sage dir, das sieht in der Gentechnologie ganz nach einem Kampf im Haifischbecken aus.« Sein Blick fiel auf das Sandwich. »Tomate?«
    Jana nickte. »Mit Käse.«
    Florian nahm einen großen Bissen, während sie sich neugierig vorbeugte und las: »Frazer Chemicals unterstützte den letzten amerikanischen Präsidenten im Wahlkampf mit mehreren Millionen US-Dollar und verhinderte vor einem Jahr erfolgreich ein Gesetz, das eine Kennzeichnung gentechnischer Beigaben in Lebensmitteln vorschreibt. Beispielsweise Glutamat …«
    »… gentechnologisch veränderte Hefen, Vitamin E, hergestellt aus gentechnologisch veränderten Mikroorganismen und so weiter«, fuhr Florian fort. Er drehte sich mit einem Schwung in seinem Sessel um und sah Jana an.
    »Wenn das Glutamat in der Chocolat Royal Suisse Schokolade und dem Fresko Frischkäse gentechnisch verändert sein sollte, wäre das doch längst bekannt geworden.« Florian hielt inne. »Oder auch nicht?«
    Jana zuckte mit den Schultern. »Ich habe nirgendwo einen entsprechenden Vermerk entdeckt.«
    Das Faxgerät begann zu piepen. Florian ging hinüber und nahm Blatt für Blatt der neuen Sendung einzeln entgegen, aber so sehr er sich auch anstrengte, Hinweise über Versuchspflanzungen gentechnisch veränderter Reben in Dernau zu entdecken, er wurde nicht fündig. Florian blätterte hin und her. Es gab keine Eintragungen.

     

     

43
    Florian hatte es sich im Hotel am Dom in einem Klubsessel gemütlich gemacht. Er saß an einem der Tische vor dem Fenster, wo auch der Kaffee serviert wurde und blickte gedankenverloren hinaus auf die Domplatte. Jugendliche versuchten sich in akrobatischen Übungen auf ihren Skateboards, und Touristen liefen wie immer mit emporgereckten

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