Hennessy 02 - Rätselhafte Umarmung
scharfen Zügen irgendwie unheimlich aus.
Eine Sekunde lang versuchte Rachel, sich einen von beiden als Addies Geist vorzustellen, aber dann verwarf sie diesen Gedanken. Wenn Bryan glaubte, daß jemand versuchte, sie und Addie aus dem Drake House zu vertreiben, dann ging seine Phantasie mit ihm durch. Sie war überzeugt, daß ihnen irgendein Teenager einen Streich gespielt hatte, falls überhaupt etwas geschehen war. Die Erinnerung an den letzten Vorfall, der schon wieder einige Tage zurücklag, war inzwischen so verblasst , daß er ihr fast so unwirklich erschien wie Addies Wimsey.
»Mr. Rasmussen und ich wollten uns mal umsehen. Vielleicht finden wir was Günstiges.«
»Was Günstiges«, wiederholte Rasmussen und faltete die Hände vor der Brust wie ein Priester, wenn er den Segen gibt.
»Ja, also«, antwortete Rachel mit einem Lächeln, das eher aufgesetzt, als aufrichtig wirkte, »da werden Sie heute bestimmt fündig. Wie ich sehe, haben Sie schon etwas entdeckt.«
Porchind hielt einen kleinen Bücherstapel in seinen Wurstfingern. E r presste die alten. Buchrücken fest gegen seinen Bauch. »Das stimmt.« Er lachte nervös. »Hatten Sie schon Gelegenheit, mit Ihrer Mutter zu sprechen?«
»Nein das hatte ich noch nicht, Es tut mir leid.«
Als wäre das ihr Stichwort, brüllte Addie, die immer noch auf dem Rasen stand: »Ich werde dieses Haus nicht verlassen! Schlagen Sie sich das aus Ihrem Dickkopf, Hennessy! Ich werde dieses Haus nicht verlassen!«
Rachel spürte, wie sie erblasste . Alle Blicke waren auf ihre Mutter gerichtet. Es waren bestimmt an die dreißig Leute auf dem Rasen und begutachteten die, dort aufgestellten Möbel, außerdem standen noch mal zehn auf der breiten Veranda. Addie starrte alle mit trotzig blitzenden Augen an. Dann zog sie ihre Partytröte aus der-lackentasche und blies hinein.
. Jayne Reilly rettete die Situation, indem sie tapfer vortrat, Addies neue Frisur lobte und sie auf diese Weise von Bryan ablenkte, der plötzlich in Ungnade gefallen war.
»Nun, Sie haben es selbst gehört«, erklärte Bryan achselzuckend, während er die Stufen zur Verand a hinaufstieg. Ein besonders freches Grinsen zog sich über sein Gesicht, als er sich Porchind und Rasmus s en zuwandte. »Addie zieht nicht aus. Anscheinend haben Sie kein Glück, Gentlemen. Wie wär's mit einem Trostpreis?«
Er zog seinen Zauberhut, fasste hinein und holte einen Strauß roter Nelken hervor. Die Kinder hielten in der Arbeit inne und klatschten begeistert. Ihre Jubelrufe gingen in lautem Lachen unter, als Bryan die Blumen Porchind unter die Nase hielt und plötzlich Wasser aus den Seidenblüten auf den Dicken spritzte.
.»Oh, das tut mir aber leid«, meinte Bryan vollkommen ungerührt. Er ließ die Blumen fallen. »Ich hätte ja keine Ahnung, daß sie geladen waren.«
Rachel schoss , ihm wütende Blicke z u , während sie sich einen Packen Papierservietten schnappte. »Bryan, wieso bist du so hilfsbereit?«
»Das war ich schon immer«, antwortete er freundlich. Er nahm Porchind die Bücher aus der Hand und reichte sie dem kleinen Sam Harrison, der sie in ein trockenes Handtuch schlug, während der Dicke seine Augen und sein triefendes Doppelkinn mit Papierservietten abtupfte. »Bryan Liam Hennessy der Hilfsbereite. So steht es auf meinem Taufschein.«
»Es tut mir leid, Mr. Porchind«, entschuldigte sich Rachel aufrichtig und überreichte ihm einen zweiten Stapel Servietten. »Hoffentlich haben wir Ihren Anzug nicht ruiniert.«
»Das ist unmöglich«, murmelte Alaina trocken.
»Nein, nein, schon in Ordnung, Miss Lindquist«, beruhigte Porchind sie, bevor er Bryan einen hasserfüllten Blick zuwarf. »Wir wollten sowieso gerade gehen.«
»Ach so. Hier sind Ihre Bücher.« Bryan nahm den Stapel, den Sam in ein weißes Küchenhandtuch gewickelt hatte, und reichte ihn Porchind. »Das Handtuch dürfen Sie behalten - ein Geschenk des Hauses.«
Die beiden Männer verabschiedeten sich mit einem Nicken von Rachel und mit einem giftigen Blick von Bryan, dann stampften sie die Stufen hinunter. Bryan schaute ihnen nach, während sie über den Rasen auf einen alten braunen Ford Galaxy zugingen. Aus Gewohnheit merkte er sich das Nummernschild. Er stellte mit grimmiger Zufriedenheit fest, daß Rasmussen leicht humpelte.
»Das war wirklich unangebracht«, zischte ihm Rachel zu, als sich die Leute zerstreut hatten.
»Ganz im Gegenteil.« Bryan sah sie ernst an. »Das war äußerst wichtig.«
»Hier sind die Bücher, Onkel
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