Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hennessy 02 - Rätselhafte Umarmung

Hennessy 02 - Rätselhafte Umarmung

Titel: Hennessy 02 - Rätselhafte Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
Vom Netzwerk:
Mutter zu versöhnen, ehe es zu spät war.
    Bryan blieb vor der Terrassentür stehen und atmete tief durch. Draußen war ein blauer, wunderschöner Morgen angebrochen. Er riss die Tür auf und atmete tief die frische Luft ein. Sie schmeckte nach Meer, nach süßlichem, sonnenwarmem Gras und nach Wiesenblumen.
    Es war der ideale Tag zum Müßiggang. Es war ein Tag wie geschaffen für Picknicks und Spaziergänge zu zweit, für gemächliche Ausfahrten über den Strand und Schäferstündchen in der Nachmittagssonne. Es war einer jener Tage, die zu viele Menschen einfach so verstreichen lassen, weil sie überzeugt sind, daß es bald wieder einen solchen Tag geben würde, und dann zu einer passenderen Zeit. Bryan wusste aus Erfahrung, daß das nicht immer so war. Man musste das Leben in jedem Augenblick genießen, weil das Morgen nicht immer hielt, was es versprach. Zu viele Menschen warteten, bis es zu spät war, und blickten dann verbittert und reuevoll auf ihr Leben zurück.
    Er wollte nicht, daß Rachel zu ihnen gehörte.
    Er fasste einen Entschluss und spürte augenblicklich neue Kraft. Mit zwei kraftvollen Schritten war er beim Schreibtisch, dann hob er den Hörer vom Telefon.
     
    »Ganz im Ernst, die Farbe ist wunderschön, Abbey«, kommentierte Tante Roberta. »Einfach wunderschön. Und die Federn stehen dir wirklich. Findest du nicht auch, Rebecca? Ich finde, sie stehen ihr wirklich.«
    Rachel seufzte müde und hob den Kopf, um über das Meer von Kontoauszügen, Rechnungen und gesperrten Schecks hinwegzuschauen, der sich auf dem Esstisch ausgebreitet hatte. Ihre Mutter saß auf der anderen Seite in einem gelben Lichtkreis und funkelte sie wütend an.
    Addie trug wieder eines ihrer unglaublich formlosen Hauskleider und hatte eine smaragdgrüne Federboa über die Schultern drapiert. Ihre Hand umkrampfte einen getöpferten, tellergroßen Aschenbecher, den sie von Zeit zu Zeit unter Robertas Zigarette hielt, um die Asche aufzufangen. Roberta saß neben ihr im Schaukelstuhl und zog an ihrer Zigarette, als wollte sie einen neuen Rekord im Schnellrauchen aufstellen. Qualm stiebte aus ihren Nasenlöchern. Man hätte den Eindruck haben können, daß ihre unerschöpfliche Energie auf eine Art inneren Verbrennungsmotor zurückzuführen war.
    »Meine Güte, Rowena, du siehst wirklich schlecht aus!«
    »Ich hatte viel zu tun.«
    »Mein Geld zu stehlen«, zischte Addie.
    »Es gibt nichts zu stehlen, Mutter«, schoss Rachel zurück. Sie biß die Zähne zusammen und zügelte ihre Wut. »Ich versuche nur, dir zu helfen. Ich bin heimgekommen, weil ich dir helfen will.«
    Addie kniff die Augen zusammen. Ihre Lippen zogen sich zu einem dünnen, weißen, missbilligenden Strich zusammen. Es machte sie wütend, daß Rachel ihre Geschäftsunterlagen überarbeitete. Und es machte sie noch wütender, daß sie diese Arbeit nicht selbst machen konnte, weil sie aus den Papieren nicht mehr schlau wurde. Aber am allerwenigsten gefiel ihr, daß Rachel in ihren Papieren herumschnüffelte, um sie noch weiter zu demütigen und ihr noch mehr von ihrer Unabhängigkeit zu nehmen.
    »Sie ist gar nicht meine Tochter, wissen Sie?« sagte sie zu Roberta.
    Rachel verdrehte die Augen.
    Roberta zog die schwarzen Brauen hoch. »Ach nein? Ich dachte schon. Bryan hat gesagt, sie wäre Ihre Tochter. Er hat mir erklärt, daß Ramona Ihre Tochter ist.«
    »Was für eine Ramona?«
    »Ihre Tochter.«
    »Ich habe keine Tochter. Passen Sie doch auf, Roberta«, erklärte Addie ärgerlich und versetzte Roberta einen Schlag auf den Arm. »Nach all den Opfern, die ich meiner Tochter gebracht habe, damit sie eine berühmte Opernsängerin werden kann, ist sie mit einem Nachtclubsänger durchgebrannt.«
    »O mein Gott, Althea«, hauchte Roberta entsetzt und bekreuzigte sich mit ihrer Zigarette. »Mein Gott.«
    Rachel ließ sie reden. Sie hatte heute nicht die Nerven, sich mit ihrer Mutter zu streiten. Den ganzen Morgen hatte sie mit einer Dame von der Kalifornischen Wohlfahrt telefoniert und sich nach finanzieller Unterstützung für Menschen mit der Alzheimer Krankheit erkundigt. Der bürokratische Aufwand war erschlagend, und die Beihilfe nicht der Rede wert, gemessen an den Ausgaben, die man für einen chronisch Kranken einkalkulieren musste . Sie musste berücksichtigen, daß Addie kein Einkommen mehr hatte, dazu kamen die Kosten für Miete, medizinische Betreuung, stundenweise Pflege und die üblichen Lebenshaltungskosten, Steuern sowie andere Ausgaben. Irgendwann

Weitere Kostenlose Bücher