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Henningstadt

Henningstadt

Titel: Henningstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Brühl
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Welt zur verlieren, und Spatzen verwüsten den Holun der strauch neben dem viereckigen künstlichen Brunnen mit seinen grünen und gelben Friedhofsgießkannen aus Plastik daneben.
    Sie müssen suchen. Hier bin ich Sein, hier darf ich Mensch, steht auf einem der Grabsteine. Die Anlage ist nicht besonders groß, aber sie ist auch nicht unmittelbar zu überblicken. Es gibt alte Bäume und Hecken. Der Haupt teil ist von drei Wegen, die von der Fried hofs kapelle abgehen, gegliedert. Von diesen Wegen gehen mehr oder weniger halbkreisförmig kleinere Seitenwege ab. Zwei kleinere Flächen sind seitlich angestückelt, und es gibt die erwähnte Wiese mit Gebüschen. Die Umrisse von Lars ’ Körper sind auf den Schotterboden gezeichnet, was wohl nicht so einfach war. Achtlose Friedhofsbe su cher haben das ihrige getan. Von Lars ist nicht mehr viel zu erkennen. Ein Bein und ein Arm weisen auf die Stelle, an der sich wohl einmal der Rumpf befunden hat. Hen ning muss sich beherrschen.
    «Hm», macht Steffen. «Hier war es also. Sieht nach einer ganz beliebigen Stelle aus.»
    «Ist hier denn schwul?», fragt Henning ungeschickt, weil er nicht weiß, wie er sich ausdrücken soll.
    «Na ja», antwortet Steffen salomonisch. «Im Prinzip ist hier überall schwul.» Sie stehen ratlos da und wundern sich nicht, dass ihnen nichts zur Aufklärung der unge klär ten Fragen einfallt.
    Da kommen die drei Schwestern Pernaz des Wegs. Anscheinend haben sie ihre Männer besucht. Sie führen Gar tengerät mit sich und sind heute alle schwarz gekleidet. Im hellen Licht der Sonne und dem Grün der Bäume geben sie ein eindrucksvolles Bild. Langsam aber sicher kommen sie auf Henning und Steffen zu. Henning kommt sich erkannt vor. Die eine trägt eine Gießkanne, die Zwei te eine Harke, die sie hinter sich herschleifen lässt, so dass eine dreißig Zentimeter breite geharkte Schotterspur hin ter ihr entsteht, die Dritte trägt einen kleinen Blumen strauß, den sie vom Grab ihres Mannes abgepflückt hat. Vielleicht hat auch die Erste den Strauß gepflückt und der Mann war der der Zweiten, jedenfalls setzt die eine die Gießkanne ab, um sie gegen die Blumen zu tauschen. Die Dritte steht dabei im Weg rum. Als alles klar ist, gehen sie weiter.
    «Wir haben den Weg geharkt!», sagt die eine, klein und rundlich, die Frisur in Schuss. «Jaha», stimmen die beiden zu. «Die ganze Nacht, in der es passiert ist.»
    «Da kann man gar keine Spuren mehr finden!»
    «Blöd, was!», kommentiert die Weiseste.
    «Aber hier kann man sowieso keine Spuren lesen.»
    «Hier ist Kiesweg.»
    «Wir haben ja nicht gewusst, dass es in dieser Nacht passieren würde.»
    «Nein. Nicht gewusst», bestätigt die Mittlere.
    «Wir hatten auch keine Schere dabei.»
    «Lars geht es sicher bald besser. Was, Henning!»
    «Ah — ja», sagt Henning.
    «Sicher», fügt Steffen hinzu.
    «Na ja, der andere ist da rüber gelaufen», sagt eine, ohne in eine Richtung zu zeigen. Sie hebt nur etwas den Kopf und dreht ihn nach halb rechts.
    «Wer?», fragt Steffen schnell.
    «Wir müssen jetzt weite r» , sagt eine. Sie nehmen die ab gelegten Geräte wieder an sich.
    «Ich schleppe die Kanne!», sagt die mit der Kanne.
    «Ich harke den Boden!», sagt die mit der Harke.
    «Ich auch», sagt die mit den Blumen, denn auch sie hat die Kanne geschleppt. Steffen und Henning könnten das bezeugen, vor jedem Gericht so gut wie vor dem Antlitz des Allmächtigen.
    Steffen, der die drei nicht kennt, bestätigt ihre Aus sa ge sätze jeweils lächelnd mit Ja. «Wer ist wohin gegan - gen?», setzt er dann nach. «Wie hat er ausgesehen? Ein Mann?»
    Die drei lächeln beim Abschied. «Wie der Mond schein», sagt Frau Pernaz. «Er hat ausgesehen wie der Mond schein.» Die drei zockeln los.
    «Es war Mond», hören sie noch. Steffen lacht gezwun gen. Henning hält ihn unauffällig mit der Hand zurück. Als sie ein Stück entfernt sind, erzählt er Steffen, wer die drei sind und dass sie spinnen.
    Umschlungen bummeln sie in die Richtung, in die die eine geschaut hat: Die Friedhofskapelle mit angebauter Gruft für die Grafen zur Henning. «Hm», macht Steffen wieder. «Kaffee trinken?» Henning nickt.
    «Also ich weiß auch nicht. Wahrscheinlich war es ein fach ein besoffener Skin. Da können wir lange suchen.»
    «Wonach suchen wir denn? Die Spurensicherung ist doch auch schon durch.»
    «Ja», sagt Steffen. «Wir suchen halt ein Indiz.»
    «Zum Beispiel einen Hemdknopf des Täters?», spöttelt Henning.
    «Na

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