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Henningstadt

Henningstadt

Titel: Henningstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Brühl
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vernichten.
    Isabell sieht ihre Mutter an. Sie fragt sich, wie so ein Leben ist: Ein Mann, eine Tochter und die Regelmäßigkeit der Gewohnheit. Isabell fragt sich, warum man lebt. Zum Glück gibt es nicht Spinat, Spiegelei und Kartoffeln. Lin sen sind ganz okay. Sie isst und kommt sich tapfer vor. Ein Löffel nach dem anderen nimmt seinen Weg. Mit der Zeit entwickelt man einen Automatismus. Man macht eben einfach immer dieselben Bewegungen mit dem Arm, den Lippen, dem Kiefer und denkt an was anderes. Das reicht. Das ist Essen. Essen ist nicht schwierig.
    «Du isst immer so wenig, Isa! Dabei bist du doch schlank!» Schon steht Hannelore auf, geht zum Herd und bringt den Topf zum Tisch.
    «Nimm du dir!», sagt Isabell schnell. Hannelore sieht kurz sorgenvoll in den Topf. Sie ist nicht dick, aber schlank ist sie auch nicht.
    «Du hattest doch noch fast nichts!», hilft Isabell, um nicht selbst essen zu müssen.
    Da kann Hannelore aufgeben und gewinnen und tut sich noch auf. Isabell ist zufrieden, dass sie nicht noch mehr essen muss. Hannelore ist zufrieden, dass sie noch was essen soll. Gut, denken beide.
    «Hast du eigentlich noch Sex mit Gerd?», fragt Isabell.
    «Komisch, was? Ich sage Papa. Auch wenn ich über ihn nachdenke, der Papa denke ich dann», antwortet Han ne.
    «Ja?», Isabell schaut erwartungsvoll.
    «Ja», sagt Hannelore kurz und bestimmt und kaut re so lut den nächsten Bissen.
    «Und macht es dir Spaß?» Isabell will jetzt mit ihrer Mutter reden. Über Sex. Sie sieht, dass ihre Mutter nicht will. Sie denkt, dass es albern ist, sich zu schämen. Isabell schämt sich.
    «Es ist doch blöd sich zu schämen, über Sex zu spre chen», sagt Isabell. Ihre Brauen sind zusammengezogen.
    «Ja. Na ja. Das ist blöd. — Weiß ich nicht, ob das blöd ist», meint Hanne, steht hastig auf und stellt den Boiler an.
    «Es ist nicht mehr so oft. Aber wenn es ist, und schön ist, dann ist es eine lange Kette, lang und glücklich.»
    «Ekstatisch, meinst du?»
    Hanne nickt ihrer Tochter in die Augen.
     
     
     
    81
     
    Steffen stellt sich hinter Henning und fängt an, ihm Hals und Nacken abzulecken. Sein Becken drängt sich an Henning, seine Hand wandert zu Hennings Hintern. Hen ning stöhnt, seine Knie sind weich. Er stützt sich an den Baum, seinen Arsch reckt er nach hinten, zu Steffens Ständer.

82
     
    In New York wurde heute um zehn Uhr Ortszeit das in ternationale Wettrennen auf das Dach des Empire State Buildings von Bürgermeister Henderson eröffnet. Tausen de von Sportbegeisterten nahmen enthusiastisch daran teil. Obwohl die Frauen einen kleinen Zeitvorsprung be ka men, konnten Engpässe im Treppenhaus nicht ver mie den werden. Es gab keine Verletzten. Sieger des tradi tions - reichen amerikanischen Wettkampfs wurde der Deut sche Lutz Gerhus. Bei der Übergabe der Medaille sprach Henderson von den guten Deutsch-Amerika nischen Beziehungen. Der strahlende Gerhus nahm die Medaille unter dem jubelnden Beifall der Anwesenden, zu denen auch seine Mutter zählte, entgegen. Die Acht undfünfzigjährige hatte ebenfalls teilgenommen.
     
     
     
    83
     
    «Na ja, glaubst du, er kann fünf Mal hintereinander und glaubst du, ich will auf dem Friedhof, also —», da muss Henning doch mal kurz zögern, «gefickt werden?»
    Isabell zuckt mit den Schultern. «Warum nicht? Wenn dieses Gebüsch dicht ist — »
    Henning strahlt Isabell an. Sex ist wirklich eine gute Erfindung. Das ist das Ergebnis seiner Feldforschung auf dem Gebiet. Sie sitzen bei Isabell und quatschen.
    «Und du und Erik?», fragt Henning.
    «Ich und Erik. Weiß nicht. Er hat sich halt nicht ge mel det, seit wir ihn gesehen haben. Wie gesagt.»
    «Und hast du dich gemeldet?»
    «Ja. Zwei Mal. Er war nicht da und hat nicht zu rückgerufen.»
    «Und du willst ihn sehen?»
    «Ja.»
    «Dann ruf noch mal an.»
    Isabell ruft Erik an. Erik sagt nicht viel. Isa hat trotz dem das Gefühl, er freut sich. Er hat sofort Zeit. Isabell will, dass Henning erst mal mitkommt. Er soll sich ein Bild machen. Er könne ja immer noch verschwinden, wenn sie allein sein wollten. Erik ist einverstanden.
    Erik wohnt mit seinen Eltern und einem älteren Bruder in einer 70er-Jahre-Doppelhaushälfte. Er macht auf. Er sieht ein bisschen grimmig aus und umwerfend gut. Isa und Henning sind eigentlich sofort hin und weg. Isa nimmt sich vor, sich nicht zu viel anmerken zu lassen. Henning hält sich vor Augen, dass Erik eine Hete ist.
    Sie setzen sich in die Küche, bis der Kaffee durch

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