Henry - Das Buch mit Biss (German Edition)
Trauma von all den bösen Vampiren bekam. Nero hatte ganze
Arbeit geleistet. Dass dabei all seine Erinnerungen an das kleine Stelldichein
mit Hannah im Wald draufgegangen waren, war tragisch, da Hannah nicht den Mut
aufgebracht hatte, ihm davon zu erzählen. Es war quasi so, als hätte es den
Abend nie gegeben.
„Was
grinst du so dämlich?“, raunzte mich Jeremy an.
Ich
runzelte die Stirn. Ich hatte gegrinst?
„Tja,
weil Herrchen im Gegensatz zu dir ein gutes Blatt in der Hand hat.“
„Jungs…“,
kam es von hinter den Bücherregalen, „jetzt beruhigt euch doch mal. Ihr wollt
doch nicht, dass mir von all dem Testosteron schwindelig wird und ich von der
Leiter falle…“
Ich
rollte mit den Augen. „Was suchst du da auch die ganze Zeit?“ Schon vor einer
halben Stunde war sie in den Unweiten der Bücherregale abgetaucht.
„Das
wirst du sehen, wenn ich es endlich gefunden hab!“, fluchte Hannah. Schließlich
gab sie es auf und kam zu uns. Sie schaute Jeremy über die Schulter.
„Was
spielt ihr denn? Poker?“
Ich
schüttelte den Kopf. „Mau-Mau.“
„Ah,
verstehe, was für ganz Anspruchsvolle… Wer ist denn am gewinnen?“
„Ich!“,
sagten Jeremy und ich gleichzeitig.
Hannah
schüttelte belustigt den Kopf. „Ich geh uns mal eine Tasse Tee machen.“
Nachdem
Hannah nicht mehr so tun musste, als sei sie meine Freundin, war Jeremy mir
gegenüber fast handzahm. Gut, ab und zu musste ich ihn an die Leine nehmen,
aber was tat man nicht alles für sein Haustier?
Hannah
hatte mir erklärt, dass die erste Verwandlung zum Werwolf meist dann einsetzte,
wenn man wütend wurde; der Rest hing vom Vollmond ab. Bei ihr war es vor einem
halben Jahr gewesen. Damals hatte sie den Wolf in sich entdeckt.
Trotz
meiner charmanten Art war es mir nicht gelungen, herauszufinden, was Hannah
damals so aufgeregt hatte.
Was
Jeremy anbelangte, so hatte ich es zu meinem erklärten Ziel gemacht, ihm so
lange auf die Nerven zu gehen, bis ihm ein Pelz wuchs.
Große Pause. Ich saß in
der Cafeteria und stocherte stumpfsinnig in meinen Kartoffeln herum. Isobell
war die Einzige, die mir Gesellschaft leistete. Die Jungs waren noch immer auf
der Jagd nach Olivia. Laut Neros letzten Informationen hatten sie sie bis an
die kanadische Grenze verfolgt. Ihm zufolge war es nur noch eine Frage der
Zeit, bis Olivia aufgab. Das war vor vier Tagen gewesen. Kein Anruf seitdem.
„Vielleicht
solltest du einfach mal zu ihr hingehen?“ Isobell nickte in Kaylens Richtung.
Selbst Isi, der ewige Sonnenschein, sah heute geknickt aus. Sie machte sich
Sorgen, besonders um Caleb.
Die
letzten fünfzig Jahre waren sie nie länger als ein, zwei Wochen getrennt
gewesen, trotz der Schwierigkeiten, die sie besonders zu Beginn ihrer Beziehung
hatten. Caleb war zur Hälfte schwarz, mit intensiven grünen Augen. Ich verstand
sehr wohl, was meine Schwester an ihm fand, doch vor fünfzig Jahren hatten die
Menschen noch anders auf ihn reagiert. Ich bewunderte die beiden. Sie wirkten
immer noch wie frisch verliebt.
Durch
ihre empathischen Fähigkeiten konnte Isi nicht anders, als mit mir mitzuleiden.
Was sie natürlich nicht einsah.
„Los!“,
befahl sie. „Ich weiß, ich sollte dir eigentlich davon abraten, aber ich hab
deinen Liebeskummer satt. Davon bekomme ich Bauchschmerzen. Geh zu dieser
kleinen Pulshaberin und gesteh ihr deine Liebe.“
Ich
sah sie an.
„Nun
schau nicht so belämmert. Schnapp sie dir, Tiger.“ Sie zwinkerte mir zu. „Aber
lass noch was von ihr übrig.“
Ich
stand auf und trug mein Tablett mit den Alibi-Kartoffeln zur Sammelstelle. Als
ich das Tablett abgegeben hatte, ging ich zu Kaylens Tisch rüber. Mir fiel auf,
dass nur Mädchen bei ihr saßen. Keine Spur von Nick Gorilla-Arm.
„Hi“,
sagte ich. Zwei der Mädchen kicherten. Ich ballte die Fäuste. Was gab es denn
bitte an „Hi“ auszusetzen?! Ich warf den beiden einen finsteren Blick zu. Sie verstummten.
„Hi
Henry.“ Kaylen sah mich erwartungsvoll an. Innerlich seufzte ich. Musste ich
denn die ganze Arbeit alleine machen?
„Kommst
du kurz mal mit? Ich würde gerne mit dir über etwas reden.“
Kaylen
sah unsicher aus. „Okay.“
Wir
setzten uns an einen leeren Tisch. Mit einem Mal spürte ich Nervosität in mir
hochkochen. Was sollte ich sagen?
„Und,
wie geht es Hannah?“, fragte Kaylen plötzlich. Dankbar nahm ich die Vorlage an.
„Ich
schätze gut. Sie hat jetzt einen neuen Freund.“
Sie
machte große Augen. „Ich wusste ja gar nicht, dass
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