Henry dreht Auf
den ihnen zustehenden Platz im Haus gewälzt und auch darüber, daß er für den ganzen Polizeibezirk von Fenland zum unerschöpflichen Reservoir des Spottes geworden war. Man würde Witze darüber reißen, wie er sich rüber nach Bedford in den Knast begab, um seinem selbstgezogenen Häftling, der zu allem Überfluß ein Drogendealer war, Besuche abzustatten. Er überlegte, was er mit dem ersten Kerl anstellen würde, der ihn »Papa Schneemann« nannte und ...
Während dieser ganzen Zeit lauerte da außerdem, ganz am Rand seines Bewußtseins, ein kaum unterdrückter Groll gegen diesen verdammten Henry Wilt. Er hatte schon immer da geschlummert, aber jetzt drängte er mit Macht zum Ausbruch. Wilt hatte seine Karriere mit dieser unsäglichen Puppe torpediert, die er in ein Bohrloch geworfen hatte, bevor es mit zwanzig Tonnen Flüssigbeton geschlossen worden war. Und Flint war ihm prompt auf den Leim gegangen, hatte einen Mord vermutet, dessen Opfer Henry auf diese Weise aus dem Weg zu schaffen suchte, und das zugepflasterte Loch aufbohren lassen. Der Fund einer zerknautschten Gummipuppe war für Flints Ansehen und Karriere nicht allzu förderlich gewesen. Nein, den ›Puppenmord‹ würde er ihm nie verzeihen! O ja, irgendwann einmal hatte er Wilt fast bewundert, aber das war schon lange her, sehr lange. Der Kerl saß warm und gemütlich in seinem Haus in der Oakhurst Avenue und strich ein ansehnliches Gehalt von dieser verfluchten Berufsschule einund eines Tages würde er wahrscheinlich sogar Direktor dieser Bruchbude werden, während sich seine eigenen zarten Hoffnungen, es jemals zum Polizeichef zu bringen und irgendwohin versetzt zu werden, wo es keinen Henry Wilt gab, in Rauch aufgelöst hatten. Er mußte sich damit abfinden, bis ans Ende seiner Tage Inspektor Flint zu bleiben und in Ipford zu versauern, und als wollten sie ihm die ganze Hoffnungslosigkeit seiner Situation auch noch unter die Nase reiben, hatten sie ihm Inspektor Hodge, diesen verdammten Klugscheißer, als Leiter des Drogendezernats ins Nest gesetzt. Natürlich hatten sie versucht, ihm dies schmackhaft zu machen, indem der Polizeichef ihn zu sich bestellte, um ihn persönlich über die Entscheidung zu informieren, und das hatte immerhin was zu bedeuten, nämlich, daß er eine taube Nuß war und daß man ihm bei Drogengeschichten nicht über den Weg traute, weil sein Sohn genau aus dem Grund einsaß. Dies wiederum hatte einen seiner Anfälle von Kopfweh ausgelöst, die er bisher immer für Migräne gehalten hatte, nur daß diesmal der Polizeiarzt Hypertension diagnostizierte, etwas von Anspannung murmelte und ihm Pillen verordnete.
»Natürlich bin ich angespannt«, hatte Flint dem Doktor erwidert. »Bei soviel ausgekochten Gaunern ringsum, die alle eigentlich hinter Gitter gehören, muß jeder anständige Polizeibeamte unter Hochspannung stehen. Täte er das nicht, würde er diesen verdammten Schurken nicht das Handwerk legen können. Das ist eben Berufsrisiko.«
»Wie immer Sie das nennen wollen. Ich kann Ihnen nur sagen, daß Sie einen zu hohen Blutdruck haben und ...«
»Gerade eben haben Sie aber was anderes gesagt«, kam es wie aus der Pistole geschossen. »Sie haben behauptet, ich sei angespannt. Also was denn nun, Hypertension oder Bluthochdruck?«
»Inspektor«, hatte der Arzt erwidert, »Sie verhören hier keinen Verdächtigen.« (Flint hatte diesbezüglich so seine Zweifel.) »Aber um Sie zu beruhigen, kann ich Ihnen versichern, daß Hypertension und Bluthochdruck ein und dasselbe sind. Ich verschreibe Ihnen ein Diuretikum.«
»Ein was?«
»Das hilft beim Wasserlassen.«
»Als ob ich ausgerechnet dafür was brauchte. Im Augenblick muß ich jede Nacht zweimal raus.«
»Dann wäre es wohl besser, etwas weniger zu trinken. Das würde auch Ihrem Blutdruck guttun.«
»So? Gerade haben Sie mir erklärt, ich sei zu angespannt, und das einzige, was dagegen hilft, sind ein oder zwei Bierchen.«
»Oder acht oder neun«, sagte der Arzt, der Flint neulich in der Kneipe gesehen hatte. »Ein geringerer Bierkonsum würde jedenfalls dazu führen, daß Sie abnehmen.«
»Und daß ich weniger pinkle. Sie geben mir also Pillen, damit ich mehr pinkle, und verlangen gleichzeitig, ich soll weniger trinken. Das ist doch Unsinn.«
Als Inspektor Flint die Praxis verließ, wußte er noch immer nicht, was es mit den Pillen, die er einnehmen mußte, eigentlich für eine Bewandtnis hatte. Der Arzt war ja auch nicht in der Lage gewesen, ihm zu erklären,
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