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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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nicht, was«, sagte der Stellvertretende. »Er hat die Hälfte seiner Leute geerbt, und da er sie nicht loswerden kannmuß er eben sehen, wie er zurechtkommt.«
    »Offenbar so gut, daß er uns damit eine Anfrage im Parlament, die totale Mobilmachung der Inspektionsbehörde Ihrer Majestät und eine öffentliche Untersuchung des Führungsstils dieser Anstalt einbrockt.«
    »Ich glaube nicht, daß man soweit gehen wird, eine öffentliche Untersuchung einzuleiten. Dieser Scudd mag zwar einen gewissen Einfluß haben, aber ich bezweifle sehr ...«
    »Ich nicht. Ich habe den Mistkerl gesehen, bevor er ging; er war völlig ausgerastet. Was, um Gottes willen, ist denn eigentlich postnatale Abtreibung?«
    »Klingt eher nach Mord ...«, begann der Stellvertretende, doch der Direktor war ihm auf seinem Gedankengang, der geradewegs zu seiner unfreiwilligen vorzeitigen Pensionierung führte, schon weit vor ausgeeilt. »Kindsmord. Genau das ist es. Wollte wissen, ob mir eigentlich bewußt sei, daß wir für zukünftige Säuglingsschwestern einen Kursus über Kindsmord abhalten, und fragte, ob wir nicht auch einen Abendkurs für ältere Mitbürger über Euthanasie oder ›Selbstmord leichtgemacht‹ anbieten. Tun wir doch nicht, oder?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Sonst würde ich nämlich Wilt bitten, ihn abzuhalten. Dieser verfluchte Kerl bringt mich noch ins Grab.« Inspektor Flint teilte auf dem Polizeirevier von Ipford diese Gefühle. Wilt hatte ihm schließlich bereits jegliche Chance, es zum örtlichen Polizeichef zu bringen, verpatzt. Vervollständigt wurde sein Elend durch die Karriere eines seiner Söhne, der Elternhaus und Schule kurz vor dem Abitur verlassen hatte, um sich dem Fach Marihuana zu widmen und es mit einer auf Bewährung ausgesetzten Haftstrafe abzuschließen. Bei weiterführenden Studien hatte er sich, bis zum Rollkragen mit Kokain gepolstert, vom Zoll in Dover schnappen lassen. »Dahin die letzte Hoffnung auf Beförderung«, hatte Flint zähneknirschend konstatiert, als sein Sohn Ian für fünf Jahre eingelocht wurde, und damit auch noch den Zorn von Mrs. Flint auf sein Haupt herabbeschworen, die ihm die alleinige Schuld an den Verfehlungen ihres Sprößlings in die Schuhe schob. »Wenn du nicht immer nur deine eigene verdammte Arbeit und dein Vorwärtskommen und was weiß ich noch im Kopf gehabt und statt dessen für deinen Sohn einen anständigen und interessierten Vater abgegeben hättest, dann wäre er bestimmt nicht dort, wo er jetzt ist«, hatte sie ihn angeschrien. »Aber nein, für dich gab es nur das ewige ›Ja, Sir‹, ›Nein, Sir‹, ›Aber gewiß doch, Sir‹ und diese ganzen Überstunden, von denen du den Hals nie vollkriegen konntest. Von den Wochenenden ganz zu schweigen. Wann hat Ian seinen eigenen Vater denn je zu Gesicht bekommen? Nie. Und wenn, dann ging es immer nur um dieses Verbrechen oder jenen Gauner und wie verdammt clever du doch wieder warst, als du ihn geschnappt hast. Jetzt siehst du, wohin du die Familie mit deiner Karrieresucht gebracht hast.«
    Zum erstenmal in seinem Leben war Flint sich nicht sicher, ob sie nicht vielleicht doch recht hatte. Dies auch zu sagen, brachte er allerdings nicht übers Herz. Sonst hatte immer er recht gehabt oder war wenigstens im Recht gewesen. Das war einfach unverzichtbar für einen guten Polizisten; und ein Versager war er bestimmt nicht. Und deshalb hatte bei ihm immer der Beruf an erster Stelle stehen müssen.
    »Du hast leicht reden«, hatte er erwidert und dabei geflissentlich die Tatsache übersehen, daß Reden so ziemlich das einzige war, was er ihr, abgesehen von Einkaufen und Geschirrspülen, Saubermachen und Über-Ian-Jammern, Die- Katze-und-den–Hund-füttern und Ihn-vonvornbishinten-Bedienen, zugestand. »Wenn ich mir nicht den Hintern abgearbeitet hätte, besäßen wir heute weder das Haus noch den Wagen, und du hättest mit deinem kleinen Bastard auch nicht an die Costa ...«
    »Untersteh dich, ihn so zu nennen!« hatte Mrs. Flint geschrien und in ihrem Zorn das heiße Bügeleisen auf seinem Hemd stehengelassen und es versengt.
    »Zum Kuckuck, ich nenne ihn, wie es mir paßt. Er ist ein Hundsfott, wie alle anderen.«
    »Und du bist ein hundsföttischer Vater. So ziemlich das einzige, was du je als Vater fertiggebracht hast, war, mich zu vögeln, und ich meine vögeln, weil es nichts anderes war, was mich betrifft.« Flint hatte das Haus verlassen und auf dem Rückweg zur Polizeiwache düstere Gedanken über die Frauen und

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