Henry dreht Auf
notierte sich das und desgleichen die Tatsache, daß der Sergeant, der sie aufgesucht hatte, die richtigen Fragen gestellt hatte. Dann schrieb er sich die Namen von einigen Cafés auf. Es hatte keinen Sinn, ihnen einen Besuch abzustatten, denn darum würde sich bereits Hodge kümmern, und außerdem lag es nicht in Flints Absicht, daß sein Interesse an diesem Fall sichtbar wurde. Vor allem aber wußte er, daß er seiner Intuition folgen mußte, seiner »Nase«, die er sich durch langjährige Erfahrung erworben hatte; und die sagte ihm eindeutig, daß Wilt, was immer er auf dem Kerbholz haben mochte – und darüber hatte der Inspektor seine eigenen Ansichten – nichts mit Drogen zu tun hatte. Trotzdem hätte er zu gern gewußt, ob Wilt an jenem Abend, als McCullam eine Überdosis nahm, im Gefängnis angerufen hatte. Auch hier handelte es sich um ein sonderbares Zusammentreffen. Es würde ein Kinderspiel sein, Mr. Blaggs diese Informationen aus der Nase zu ziehen. Flint kannte den Gefängnisoberaufseher seit Jahren und hatte häufig das Vergnügen gehabt, Häftlinge dessen zweifelhafter Obhut anzuvertrauen.
Und deshalb hielt er sich in einer Kneipe in der Nähe des Gefängnisses auf und unterhielt sich mit dem Oberaufseher in einer Offenheit über Wilt, die nicht gerade dazu beigetragen hätte, diesen zu beruhigen.
»Wenn Sie meine Meinung hören wollen«, sagte Mr. Blaggs, »dann ist das Unterrichten von Verbrechern asozial. Es verhilft ihnen zu mehr Köpfchen, als sie brauchen, und macht euren Job nur schwieriger, wenn sie wieder rauskommen, habe ich recht?« Flint mußte dem zustimmen. »Aber Sie glauben nicht, daß Wilt irgendwas mit dem Drogendepot in Macs Zelle zu tun hat?« fragte er.
»Wilt? Nie im Leben. Der will die Menschheit beglücken, weiter nichts. Das heißt natürlich nicht, daß diese Kerle nicht ziemlich blöde sind. Und ob sie das sind! Was ich damit sagen will, ist, daß Knast Knast sein sollte und kein Mädchenpensionat, in dem aus unterbelichteten, kleinen Dieben erstklassige Bankräuber mit Juraabschluß gemacht werden.«
»Aber dafür hat Mac doch nicht gebüffelt, oder?« fragte Flint. Mr. Blaggs lachte. »Brauchte er auch nicht«, meinte er. »Der hatte draußen genug Zaster und besoldete gleich eine ganze Handvoll Paragraphenreiter.«
»Und worauf stützt sich die Annahme, daß Wilt der Anrufer war?« fragte Flint.
»Auf Bill Coven, der den Anruf entgegengenommen hat«, sagte Blaggs und blickte vielsagend auf sein leeres Glas. Flint bestellte noch zwei Halbe. »Es kam ihm nur so vor, als hätte er Wilts Stimme erkannt«, fuhr Blaggs zufrieden fort, weil er für seine Informationen auch entsprechend honoriert wurde. »Könnte auch jemand anders gewesen sein.« Flint bezahlte das Bier und überlegte sich die nächste Frage. »Und Sie haben keine Ahnung, wie Mac an den Stoff gekommen ist?« sagte er schließlich.
»Das weiß ich genau«, entgegnete Blaggs stolz. »Es stammt von noch so einem Menschheitsbeglücker, bloß daß es sich diesmal um einen Scheißbesucher handelt. Wenn Sie mich fragen, sollte man Besucher rigoros ...«
»Ein Besucher?« unterbrach ihn Flint, bevor ihm der Oberaufseher seine Ansichten über ein anständiges Gefängnissystem unterbreiten konnte, die auf eine verschärfte Einzelhaft für sämtliche Insassen und das obligatorische Aufknüpfen von Mördern, Frauenschändern sowie eines jeden, der einen Gefängnisbeamten beleidigte, hinausliefen. »Sie meinen also einen ganz normalen Gefängnisbesucher?«
»Durchaus nicht. Ich meine diese verdammten Menschenfreunde mit ihrem Helferkomplex, diese wohltätigen Wichtigtuer. Die kommen rein und behandeln uns Beamte, als hätten wir die Scheißverbrechen begangen und als seien die Sträflinge allesamt arme Waisenkinder, die als Säuglinge nicht genug Brustwarzen zu lutschen kriegten. Also, McCullam hat so eine beknackte Knasttante – Jardin heißt sie – soweit gebracht, daß sie ihn mit dem Zeug versorgt hat.«
»Lieber Himmel«, sagte Flint. »Und wieso hat sie das getan?«
»Aus Angst«, sagte Blaggs. »Ein paar von den fieseren Spießgesellen, die Mac draußen hat, haben ihr mit Rasierklingen und einer Flasche Salpetersäure einen Besuch abgestattet und gedroht, aus ihr eine Mischung aus Hundenahrung und einer Leprakranken mit Akne zu machen, falls sie nicht ... Alles klar?«
»Ja«, sagte Flint, der Mitgefühl mit der Dame bekommen hatte, obwohl er sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie ein
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