Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
konnte einfach nie zugeben, daß die Mädchen klug und intelligent und brav waren. In seinen Augen waren sie immer nur schlecht. Schlecht war auch das Bier. Evas Entschluß, jeder Flasche von Wilts bestem Bitter fünf Milliliter von Dr. Kores’ Sexualstimulans beizumischen, hatte dem Zeug nicht nur eine neue Geschmacksnuance verliehen, sondern es auch schal werden lassen.
    »Muß bei diesem Kasten wohl die Deckel nicht richtig zugeschraubt haben«, murmelte Wilt, als der Mixer zum Stehen kam.
    »Was hast du gesagt?« fragte Eva unfreundlich. Sie hatte Wilt immer im Verdacht, daß er die Geräuschkulisse des Mixers oder der Kaffeemühle dazu benutzte, seiner ehrlichen Meinung Ausdruck zu verleihen.
    »Gar nichts«, sagte Wilt, der das Thema Bier lieber nicht anschnitt. Eva hielt ihm ständig Vorträge darüber, was es mit seiner Leber anstellte; diesmal glaubte er ihr ausnahmsweise. Andererseits beabsichtigte er für den Fall, daß McCullams Schlägerriege ihn vermöbeln wollte, von vornherein betrunken zu sein, auch wenn die Brühe sonderbar schmeckte. Besser als nichts war sie allemal.
    Am anderen Ende von Ipford saß Inspektor Flint vor der Glotze und sah sich geistesabwesend einen Film über den Lebenszyklus der Riesenschildkröte an. Dabei interessierten ihn Schildkröten und deren Sexualleben nicht die Bohne. So ziemlich das einzige, was ihn für sie einnahm, war die Tatsache, daß sie so vernünftig waren, sich nicht um ihre Nachkommen zu kümmern, sondern die Eier irgendwo weit weg am Strand liegenließen, bis die kleinen Kerle ausschlüpften oder, besser noch, von irgendwelchen Raubtieren gefressen wurden. Immerhin lebten diese Biester zweihundert Jahre und litten wohl kaum unter Bluthochdruck.
    An dieser Stelle kehrten seine Gedanken zu Hodge und der kleinen Lynchknowle zurück. Nachdem er den Leiter des Drogendezernats mit der Nase auf den Morast an Widersprüchlichkeiten gestoßen hatte, der Wilts ausgesprochene Stärke war, dämmerte es ihm allmählich, daß er vielleicht ein paar Lorbeeren ernten könnte, wenn er den Fall selbst löste. Zum einen hatte Wilt nichts mit Drogen zu tun. Flint war sich dessen ganz sicher. Er wußte zwar, daß Wilt etwas im Schilde führte – ganz klarer Fall –, aber sein Bulleninstinkt sagte ihm, daß Drogen nicht zu ihm paßten.
    Also hatte jemand anders das Mädchen mit dem Zeug versorgt, das sie umbrachte. Mit der Ausdauer einer die Tiefen des Pazifik durchpflügenden Riesenschildkröte ging Flint die Fakten durch. Das Mädchen war an Heroin und PCP gestorben: eine unumstößliche Tatsache. Wilt unterrichtete diesen Bastard McCullam (auch an Drogen krepiert): noch eine Tatsache. Wilt hat im Gefängnis angerufen: keine Tatsache, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit. Allerdings eine recht interessante Wahrscheinlichkeit, denn wenn man sich Wilt aus dem Fall wegdachte, gab es absolut keine Anhaltspunkte mehr. Flint nahm die Zeitung und betrachtete das Foto der Toten. Das aus Barbados. Smarte Typen, die Hälfte davon drogensüchtig. Wenn sie das Zeug aus diesen Kreisen bezog, hatte Hodge nicht die geringste Chance. Die hielten dicht. Vielleicht lohnte es sich trotzdem, sich die bisherigen Ermittlungsergebnisse anzusehen. Flint schaltete den Fernseher aus und ging in die Diele. »Ich geh nur mal raus, um mir die Füße zu vertreten«, rief er seiner Frau zu. Die Antwort war ein grimmiges Schweigen. Mrs. Flint war es schnurz, was er mit seinen Füßen anstellte. Zwanzig Minuten später saß er mit dem Bericht über die Befragung von Lord und Lady Lynchknowle in seinem Büro. Natürlich hatten die keinen blassen Schimmer gehabt, daß Linda Drogen nahm. Flint kannte diese Symptome und das Bedürfnis, sich von aller Schuld reinzuwaschen. »Ungefähr soviel elterliche Fürsorge wie bei diesen beknackten Schildkröten«, murmelte er und wandte sich der Befragung des Mädchens zu, das die Wohnung mit Miss Lynchknowle geteilt hatte. Diesmal gab es positivere Anhaltspunkte. Nein, Penny war ewig lang nicht mehr in London gewesen. Fuhr überhaupt nirgends hin, nicht mal an den Wochenenden nach Hause. Besuchte gelegentlich Discos, war aber eine ausgesprochene Einzelgängerin und hat ihrem Freund von der Universität vor Weihnachten den Laufpaß gegeben et cetera. Auch keine Besuche in letzter Zeit. Ab und an ging sie abends in ein Café oder machte einen Spaziergang am Fluß. Auf dem Rückweg vom Kino hatte sie Penny dort zweimal gesehen. Wo genau? In der Nähe der Marina. Flint

Weitere Kostenlose Bücher