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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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erhebe ganz entschieden Einspruch«, sagte Mrs. Chatterway. »Der wahre Grund für das ganze Problem liegt in den ständigen Etatkürzungen. Wenn wir unseren jungen Mitmenschen ein angemessenes Gefühl für gesellschaftliche Verantwortung und Sorge und Anteilnahme vermitteln wollen ...«
    »O Gott, nicht schon wieder«, murmelte Mr. Squidley. »Wenn auch nur die Hälfte der Lümmel, die ich einstellen muß, wenigstens lesen und schreiben könnte ...« Der Direktor warf dem Erziehungsoberinspektor einen vielsagenden Blick zu. Der Erziehungsausschuß würde zu keinem vernünftigen Ergebnis gelangen. Wie üblich. Wilt blickte nervös aus dem Fenster seines Hauses in der Oakhurst Avenue 45. Seit er in der Mittagspause entdeckt hatte, daß er beschattet wurde, stand er unter Hochspannung. Beim Nachhausefahren hatte er sogar so angestrengt in den Rückspiegel geschaut, daß er die rote Ampel an der Nott Road übersehen hatte und ein als solches nicht erkennbares Polizeifahrzeug gerammt hatte, das vorsichtshalber vor ihm hergefahren war. Der sich anschließende Wortwechsel mit den zwei Männern in Zivil, die glücklicherweise unbewaffnet waren, hatte erheblich zu seiner Befürchtung beigetragen, daß sein Leben in Gefahr war.
    Eva hatte wenig Mitgefühl gezeigt. »Du paßt aber auch wirklich nie auf, wo du hinfährst«, sagte sie, als er ihr erklärte, warum der Wagen eine verbogene Stoßstange und eine eingedrückte Kühlerhaube hatte. »Es ist hoffnungslos mit dir.«
    »Du würdest dir auch ziemlich hoffnungslos vorkommen, wenn du so einen Tag hinter dir hättest wie ich«, sagte Wilt und holte sich eine Flasche Selbstgebrautes aus dem Kühlschrank. Er nahm einen Schluck von dem Zeug und betrachtete mißtrauisch sein Glas.
    »Muß den verdammten Zucker vergessen haben oder sonst was«, murmelte er, doch Eva lenkte das Gespräch rasch auf den Zwischenfall mit Mr. Gamer. Wilt hörte nur halb zu. Normalerweise schmeckte sein Bier anders, und so schal war es sonst auch nicht.
    »Als könnten Kinder in dem Alter eine so gewichtige Statue überhaupt über den Zaun heben«, sagte Eva und setzte damit den Schlußpunkt hinter ihren haarsträubend einseitigen Bericht. Mühsam riß Wilt seine Aufmerksamkeit von dem Bier los. »Ach, ich weiß nicht recht. Wahrscheinlich haben wir da die Erklärung für die sonderbaren Experimente, die sie gestern mit Mr. Boykins’ Flaschenzug anstellten. Ich hatte mich schon gewundert, warum sie sich plötzlich so für Physik interessierten.«
    »Aber zu behaupten, sie hätten versucht, ihn mit einem Stromstoß ins Jenseits zu befördern ...«, sagte Eva empört. »Dann erkläre mir einmal, warum im ganzen Haus kein einziges Licht ging. Die Hauptsicherung war durchgebrannt, darum. Und behaupte jetzt bloß nicht, eine Maus habe sich wieder im Toaster verirrt, denn da habe ich bereits nachgesehen. Außerdem sind wegen dieser Maus damals nicht gleich alle Sicherungen durchgebrannt, und wenn ich mich nicht dagegen gewehrt hätte, statt Toast mit Marmelade verkohlte Mausreste zum Frühstück vorgesetzt zu bekommen, hättest du es überhaupt nie gemerkt.«
    »Das war etwas ganz anderes«, sagte Eva. »Das arme Ding ist da hineingeraten, weil es Krümel gesucht hat. Nur deshalb mußte es sterben.«
    »Und Mr. Gamer war verdammt nahe dran, ebenfalls zu sterben, weil er sein verfluchtes Gartenzierstück gesucht hat«, sagte Wilt. »Und ich kann dir genau sagen, wer deine Brut auf diese Idee gebracht hat: das elende Mäusevieh. Niemand sonst. Eines Tages werden sie noch den elektrischen Stuhl entdecken, und dann komme ich nach Hause und finde den kleinen Radley mit einer Pfanne auf dem Kopf und einem Riesending von einem Kabel, das aus der Steckdose am Herd kommt.«
    »So was würden sie nie tun«, sagte Eva. »Dazu sind sie zu vernünftig. Du betrachtest alles immer nur von der schlimmsten Seite.«
    »Ich betrachte nur die Realität«, sagte Wilt, »und was ich da sehe, sind vier lebensgefährliche Gören. Im Vergleich zu denen gäbe so manche Kindsmörderin eine recht brauchbare Kindergärtnerin ab.«
    »Du bist einfach abscheulich«, sagte Eva. »Dieses Gesöff hier auch«, sagte Wilt, während er eine zweite Flasche öffnete. Er nahm einen Schluck und begann zu fluchen, doch seine Worte gingen im Lärm des Mixers unter, den Eva zum einen angedreht hatte, um Äpfel und Karotten zu pürieren, weil das für die Vierlinge so gesund war, zum anderen aber auch, um ihrem Ärger Ausdruck zu verleihen. Henry

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