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Herbst - Läuterung

Herbst - Läuterung

Titel: Herbst - Läuterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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wärmte. Früher am Abend hatten sie die Flammen mit Holz und normalem Abfall genährt, doch die Überreste des ursprünglichen Brennstoffs waren immer noch deutlich erkennbar. Michael stellte fest, dass es ihn ein wenig nervte, so viele verkohlte Knochen zu sehen. Die Tatsache, dass sie sich in einer natürlichen Mulde im Boden befanden, gab dem Bereich den Anschein eines grotesken Massengrabs.
    »Wie geht’s Ihnen, Mike?«, fragte Fry heiter, als sie näherkamen.
    »Mir geht’s gut. Es machte mich nur krank, da drinnen zu sitzen und auf die Wände zu starren.«
    »Ich weiß, was Sie meinen. Ich schätze, wir haben das alle kürzlich zur Genüge gemacht, es reicht für ein ganzes Leben aus.«
    »Deswegen bieten wir freiwillig an, hier nach draußen zu kommen«, fügte Stayt hinzu. »Ich weiß nicht, wie es Ihnen dabei geht, aber ich kann nicht abschalten und mich entspannen, bis ich nicht weiß, dass wir alle Leichen hier losgeworden sind und der Rest unserer Leute vom Festland unterwegs ist. Ich will es jetzt erledigen.«
    »Wie ging’s ihnen allen, als Sie sie gesehen haben?«, fragte Fry. »Versucht Jackie immer noch, alle bei der Stange zu halten?«
    »Schien so zu sein.«
    »Ich gebe ihnen noch etwa eine Woche, und dann rechne ich damit, dass sie alle hier drüben sein werden.« Stayt gähnte.
    »Warum sollte das so lange dauern?«
    Er zuckte die Achseln und gähnte wieder. »Wir haben versucht, auf diesen Zeitplan hinzuarbeiten.«
    »Was hält uns denn davon ab, bei der Sache einen Zahn zuzulegen?«
    Stayt und Fry wurden beide still. »Abgesehen davon, dass das Dorf gesäubert werden muss«, räumte Fry nach einer Weile ein, »eigentlich nichts.«
    »Also sollten wir es morgen tun, oder? Welchen Grund hätten wir, um es aufzuschieben? Ich empfinde wie Sie beide. Ich möchte nicht hier herumsitzen und darüber reden, was wir tun werden, wenn wir es tun können.«
    »Ich bin mir nicht sicher. Ich denke, wir sollten ...«
    »Hand aufs Herz, Bruce«, unterbrach ihn Michael, »jeder sucht instinktiv nach Ausflüchten und versucht, von der Sache abzulenken, weil er verängstigt ist. Ich kann das nachvollziehen, weil es mir auch so geht. Aber je früher wir damit anfangen etwas zu erledigen, desto eher können wir versuchen, mit unserem Leben weiterzumachen.«
    »Das wissen wir. Aber das Dorf auszuräumen, ist ein großer Auftrag, und es hängt eine Menge davon ab. Wir müssen sicherstellen, dass wir es beim ersten Mal richtig machen.«
    »Na, da haben wir es wieder – weitere Ausflüchte. Wir müssen wirklich nicht alles an einem Tag erledigen, wir müssen nur sichergehen, dass es nicht allzu schiefgeht. Ergibt das einen Sinn?«
    Der leere Gesichtsausdruck der beiden Männer schien darauf hinzuweisen, dass Michael sie beide durcheinandergebracht hatte. »Wir müssen nur sichergehen, dass wir keine unnötigen Risiken eingehen«, erklärte er. »Wir sollten dort rasch reingehen, zuschlagen und wieder rausgehen. Uns wieder sammeln und das Gleiche wiederholen. Dann machen wir das so lange, bis die Aufgabe erledigt ist.«
    »Würde vermutlich gar nicht ewig dauern«, räumte Fry ein.
    »Warum sind Sie bloß so scharf drauf?«, fragte Stayt.
    »Zum einen Teil, weil ich es erledigt haben will und zum anderen Teil aus Erfahrung«, erwiderte Michael.
    »Erfahrung womit?«
    »Mit den Leichen.«
    »Aber die haben wir alle. Warum sollten Sie andere gemacht haben als der Rest von uns?«
    Michael zuckte die Achseln und trat gegen die neben seinen Füßen liegende Asche, wodurch er einen Funkenregen in die Luft schleuderte. »Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen beiden ist«, gab er zur Antwort, »aber ich habe diese Dinger dabei beobachtet, wie sie sich kontinuierlich veränderten, beinahe von Tag zu Tag. Mir ist bewusst, dass die Zeit kommen wird, in der sie vollständig verrottet sein werden und uns nicht mehr im Weg stehen. Aber das, was ich in den letzten Tagen gesehen habe, hat mich auf den Gedanken gebracht, dass die Dinge schwieriger werden könnten. Sehen Sie sich an, was bisher geschehen ist – in wenigen Wochen wurden sie von lediglich Herumtorkelnden zu Aggressiven und Gewalttätigen, die etwas Kontrolle über sich bekamen. Und nun sieht es so aus, als würden sie beginnen, uns zu beobachten und darüber nachzudenken, was wir tun.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Ich denke, wenn wir jetzt nicht einen Gang zulegen, dann werden es die Leichen sein, die uns verletzen. Nicht umgekehrt.«

29
    Das triste Morgenlicht

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