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Herbst - Stadt

Herbst - Stadt

Titel: Herbst - Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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darauf verlassen, dass ihre Sinne schwach sind, warum sollen wir dann nicht noch ein bisschen warten, bis es draußen dunkel ist? Wenn sie uns schon im Tageslicht nicht richtig sehen können, welche Chance haben sie da in der Nacht?«

12
    Holmes fuhr mit dem Wagen auf der falschen Spur der Ringstraße hinab, wich umherschweifenden Leichen aus und mied die verlassenen Wracks anderer Unfallwagen. Er trat hart auf die Bremse, bog scharf nach rechts ab und folgte einer schmalen Anliegerstraße zwischen zwei grauen Universitätsgebäuden hindurch bis zur Hinterseite des Studentenwohnheims. Auf der anderen Seite des Komplexes war die Zahl der Leichen erheblich geringer. Als Clare nach oben sah, konnte sie sehen, dass sie von Leuten beobachtet wurden, die aus den Fenstern des ersten Stockwerks in dem riesigen Backsteingebäude blickten.
    Holmes parkte den Wagen auf einem Grünstreifen, der knapp vor dem Gebäude lag und an einen Fußballplatz mit Kunstrasen anschloss. Die vier Überlebenden kletterten schweigend nach draußen und packten sich aus dem Kofferraum des bluttriefenden Wagens so viele Taschen und Kisten, wie sie nur tragen konnten. Halb rannten, halb gingen sie, während sie mit ihrer Last kämpften, angeführt von Bernard Heath auf eine unscheinbare blaue Türe zu, die von einem anderen Überlebenden offen gehalten wurde. Holmes rannte, nachdem er seine erste Ladung an Proviant im Inneren abgestellt hatte, wieder zum Wagen zurück, da er nicht bereit war, sein kostbares Bier, für das er so viel riskiert hatte, im Freien zu lassen. Er warf den Kofferraum des Fahrzeugs zu, kehrte um, jagte in die Sicherheit des Gebäudes und schloss die Tür mit Ach und Krach, Sekunden, bevor ihn die erste von fünf Leichen, die auf der Bildfläche erschienen waren, erreichen konnte.
    »Den Haufen da holen wir später«, sagte Heath, als er eine weitere Tragetasche auf den großen Stapel aus Vorräten legte. »Zuerst brauche ich eine Pause.«
    Jack blieb dicht bei Heath, als sie tiefer in die Eingeweide des Gebäudes eindrangen. Im Inneren war es dunkel, kalt und still, doch es wirkte trotzdem sicher und auf merkwürdige Weise einladend. Die Umgebung tat nichts zur Sache, stellte er fest. Das Einzige, wofür er sich interessierte, war die Möglichkeit, sich für eine Zeit lang auszuruhen und wieder unter anderen Menschen zu sein.
    »Wie viele Leute sind hier, sagten Sie?«, fragte Jack. Es war ihm zwar bereits mitgeteilt worden, doch inzwischen war so viel so schnell geschehen, dass er nicht in der Lage war, sich alles zu merken. Noch vor weniger als einer Stunde hatte er mit Clare in den Überresten des Einkaufszentrums gesessen. Bis jetzt war sie der einzige andere lebende Mensch gewesen, den er gesehen hatte.
    »Um die vierzig, denke ich«, antwortete Heath. »Ich bin mir nicht ganz sicher. Dieser Teil des Komplexes war hauptsächlich ein Studentenwohnheim. Es gibt hier ein paar Hundert Einzelzimmer und bislang bleiben die meisten der Leute unter sich. Viele von ihnen haben sich einen Raum gesucht, die Tür hinter sich verschlossen und seither hat sie keiner mehr gesehen. Wir sind nur eine Handvoll, die sich zusammengefunden haben und versuchen, verschiedene Dinge zu regeln. Aber viel mehr ziehen es vor, alleine zu bleiben.«
    Ein hochgewachsener, gertenschlanker Mann namens Keith Peterson führte die Gruppe durch das Gebäude. Er sah mit seinem langen Haar, das zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden war und den mehrfachen Schichten lockerer, warmer Kleidung ebenso heruntergekommen und ungepflegt aus wie die Leichen, die draußen herumstreunten. Sein Gesicht war blass und von Leid gezeichnet. Er hatte weder gelächelt, gesprochen oder auch nur eine Augenbraue hochgezogen, als der Wagen mit den zwei zusätzlichen Insassen zurückgekommen war. Jack unternahm den Versuch, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen, um mit ihm in Kontakt zu kommen, doch es zeigte sich bald, dass Peterson kein Interesse daran hatte. Der Grund dafür lag darin, dass er sich, ebenso wie jeder andere, damit abmühte, einen Sinn in der unlogischen Hölle, in die sich sein zuvor geordnetes Leben plötzlich verwandelt hatte, zu finden.
    Sie stiegen eine kurze Treppe nach oben, die in den Hauptteil des Erdgeschosses führte. Während sie emporgingen, wurde das Licht heller. Jack und Clare blickten von der einen zur anderen Seite, als sie durch einen großen, an der Vorderseite verglasten Empfangsbereich gingen. Dicht aneinander gedrängte Körper

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