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Herbst - Stadt

Herbst - Stadt

Titel: Herbst - Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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in die Richtung ging, aus der sie gerade erst gekommen waren, und verschwand. Heath beobachtete seinen Abgang, bevor er wieder zu sprechen begann.
    »Machen Sie es sich gemütlich«, sagte er weich. »Ich gehe in den Saal zurück. Kommen Sie nach, wenn Sie fertig sind und dann besorgen wir Ihnen etwas zu essen.«
    »Wir wissen das wirklich zu schätzen«, sagte Jack plötzlich und seine Stimme füllte sich mit sehr deutlicher und bislang ganz und gar unbekannter Rührung. »Ich habe nicht mehr daran geglaubt, dass wir noch jemanden finden würden, der ...«
    Heath lächelte und legte beruhigend eine Hand auf die Schulter des anderen Mannes.
    »Keine Sorge. Ich weiß genau, wie Sie sich fühlen«, seufzte er. »Und das trifft auch auf jeden anderen armen Kerl zu, der das Pech hat, hier festzusitzen.«
    Der Dozent hielt für einen Augenblick inne und überlegte sorgfältig, als ob er im Begriff wäre, etwas von großer Bedeutsamkeit von sich zu geben. Doch es kamen keine Worte. Stattdessen drehte er sich um und begann, erschöpft über den Korridor zurückzugehen.
    »Danke«, sagte Clare. »Ich weiß nicht ...«
    Ihre Worte wurden unvermittelt durch einen plötzlichen, schmerzerfüllten Schrei, der irgendwo im Gebäude ertönte, abgeschnitten. Sein Ursprung schien sich irgendwo im Stockwerk über ihnen zu befinden.
    »Verdammter Mist«, fluchte Jack. »Was, zum Teufel, war das?«
    »Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste«, erklärte Heath, der sich zu den beiden umgedreht hatte. »Wir haben eine Dame oben, die in den nächsten Tagen ein Kind bekommen wird. Der Arzt schätzt sogar, dass es geboren werden könnte, bevor dieser Tag zu Ende ist.«
    Ein neuerlicher Schrei. Jack blickte hinunter zu Clare und sorgte sich, dass die Geräusche der Frau den Teenager erschrecken könnten.
    »Himmel«, sagte er leise. »Was für eine Zeit, um das durchstehen zu müssen. Ich meine, es ist in guten Zeiten schon qualvoll genug, aber jetzt ...?«
    Jack ließ seine Worte leise ausklingen.
    »Ich weiß«, sagte Heath. »Hören Sie, ich lasse Sie jetzt alleine und sehe Sie dann beide später, in Ordnung?«
    Damit ging er. Jack und Clare waren allein.
    »Alles okay?«, fragte Jack.
    »Mir geht’s gut«, gab sie zurück. »Sie?«
    Er nickte.
    »Ich bin in Ordnung. Sehen wir uns einmal diese Zimmer näher an.«
    Die Räume waren klein und kompakt, aber praktisch und im Vergleich mit dem Einkaufszentrum, in dem sie die vergangene Nacht verbracht hatten, durchaus komfortabel. Ein schmales Bett, ein Kleiderschrank, ein paar kleinere Schränke, ein Tisch, zwei Stühle und ein Waschbecken war alles, was sie enthielten, doch das war mehr als genug.
    Es gelang ihnen, etwa zwei Drittel weiter den Gang hinunter zwei nebeneinanderliegende Zimmer zu finden. Jack ließ seinen Rucksack auf dem Fußende des Bettes liegen und machte sich nicht die Mühe, ihn auszupacken. Es schienen nicht viele Gründe dafür zu sprechen. Obwohl das Studentenheim so wirkte, als wäre es für sie ein außergewöhnlich sicherer und vernünftiger Platz, um Schutz zu suchen und sich zu verstecken, wagte er nicht daran zu denken, dass sie hier tatsächlich eine längere Zeit verbringen könnten. Die Welt war so voller Unsicherheit und Schrecken, dass nichts als selbstverständlich angesehen werden konnte.
    Als noch mehr Schreie durch das Gebäude hallten, setzte sich Clare auf einen der harten Kunststoffstühle am Fenster und legte ihren Kopf in die Hände. Sie fühlte sich, als ob sie in Tränen ausbrechen könnte, doch ihre Gefühle zeigten sich nicht. Der unbarmherzige Druck ihrer bizarren Situation schien wie ein Korken zu wirken, der sie daran hinderte, nach außen hin zu zeigen, was sie im Inneren tatsächlich fühlte. Das Zimmer war kalt und unpersönlich und ihre Verwirrung wie auch das Gefühl der Unvertrautheit waren überwältigend. Erst, als sie an ihre Eltern dachte und alles andere, das sie verloren hatte, gelang es ihr schlussendlich, den Tränen freien Lauf zu lassen.
    Nachdem etwa zehn Minuten vergangen waren, verließ Jack sein Zimmer und lief über den Gang in den Raum, der ihm genau gegenüberlag. Der Panoramablick über die Stadt war, die ersten Sekunden zumindest, beeindruckend. Doch als seine Neugier überhandnahm, gestattete er es sich, seine Augen auf Straßenhöhe wandern zu lassen. Eine gewaltige Ansammlung ausgemergelter, taumelnder Leichen umringte die Vorderseite des Gebäudes. Und während der Rest der Stadt vollkommen reglos dalag,

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