Herbstfrost
Leitung
Waschhüttls gutgeschrieben.
»Na, dann legen Sie mal auf den Tisch, was Sie haben, Oskar«, ging
Kandutsch gleich in medias res. Als er von Jacobi vorab in groben Zügen
informiert worden war, hatte sich seine Begeisterung in Grenzen gehalten.
Jacobi berichtete nun im Detail über die Ereignisse am Reedsee und
spielte dann die auf Band aufgenommenen Aussagen Sarah Feldbachs und Bernd
Vogts ab. Schließlich listete er Punkt für Punkt die Parallelen zum Fall Cermak
auf.
Obwohl Kandutsch und Waschhüttl anschließend nicht zur Tagesordnung
übergehen konnten, meldeten sie ähnliche Vorbehalte an, wie Jacobi sie am
Vortag selbst noch geäußert hatte. Eine Mordssauerei sei es gewesen, was diese
Rabauken Frau Feldbach angetan hatten, keine Frage, trotzdem könne man sie nur
wegen Psychoterrors und groben Unfugs drankriegen. Vorausgesetzt natürlich, man
bekäme sie zu fassen. Leider hatte Vogt die drei nicht identifizieren können –
trotz stundenlanger Suche im EKIS am Gasteiner
Gendarmerieposten.
Unterm Strich blieb, dass es zu einem tätlichen Angriff nicht
gekommen war. Abgesehen davon wäre selbst ein solcher noch kein Beweis für die
Existenz einer Killer-GesmbH gewesen. Auch augenfällige Parallelen zum Fall Cermak
konnten daran nichts ändern.
***
»Wir gewichten die Aussage des Sicherheitsdirektors a. D.
natürlich dementsprechend, aber einen Beweis für die Existenz einer derartigen
Organisation enthält auch sie nicht«, beendete Kandutsch mit säuerlichem
Grinsen sein Resümee, während er sich die Krümel des letzten
Schinkensalzstangerls aus dem Schnurrbart klaubte. »Ergo wird die Bildung einer SOKO vorläufig nicht erwogen. Die Betonung liegt
dabei auf vorläufig . Im Fall Cermak wird
selbstverständlich weiterermittelt. Sollte an der Sache mehr dran sein, will
ich nicht wieder hören, wir hätten geschlafen. Aber gehen Sie’s bitte diskret
an, meine Herren! Diskret! Ich muss wohl nicht ausführen, warum. Und wenn Sie Beweise
für Ihre Theorie vorlegen, Jacobi, dann scheue ich auch nicht davor zurück, mit
den Herren im Ministerium Tacheles zu reden. Sie sollen nicht denken, dass der
alte Kandutsch um jeden Preis Trouble vermeiden will, nur weil er ohnehin
demnächst in Pension geht. Ja, ja, ich weiß, dass Sie das denken. Aber erst
einmal sind Sie am Zug, Jacobi. Beweise! Bringen Sie
mir Beweise! Zum Fall Feldbach wird es ein allgemein gehaltenes Kommuniqué des
Inhalts geben, dass die Überfälle auf ältere Leute in den letzten Jahren
zugenommen haben und die Senioren daher aufgefordert werden, sich noch mehr in
Acht zu nehmen.«
***
Das »Café Tomaselli« war an diesem Nachmittag stark
besucht, sodass der Abgeordnete Basidius kaum jemandem auffiel. Zum Teil lag
das an seiner dunklen Ray-Ban-Sonnenbrille, hauptsächlich aber an seiner
hübschen eurasischen Begleiterin, die die Blicke nur so auf sich zog. Ruth
Maybaum war nicht nur ausgesprochen attraktiv, sie war auch eine fähige
Journalistin. Jacobi las jede Woche ihre Kolumne in » KONTUR «
und sah sich, wenn es seine Zeit erlaubte, auch ihre TV -Reportagen
an. Nun ja, anscheinend war sie mit Paul Basidius befreundet, aber es gab
Schlimmeres. Vor allem änderte die Freundschaft nichts an Jacobis Dankbarkeit
Sarah Feldbach gegenüber. Sie hatte das Treffen mit den beiden ermöglicht, war
aber selbst nicht zu überreden gewesen, ihren Aufenthalt im »Grünen Baum«
abzubrechen. Sie begründete ihre Weigerung damit, dass Vogt weiterhin auf sie
aufpassen würde und die Schwarzledernen sicher keinen zweiten Versuch wagten.
Im Gegenteil: Rolfs freimütiges Geplauder am Reedsee sollte die Gruppe vielmehr
gezwungen haben, in Deckung zu gehen und abzuwarten, wie die Exekutive auf
Sarah Feldbachs Aussage reagierte. Um allen Eventualitäten vorzubeugen, hatte
Jacobi zu ihrem Schutz Wegener in Gastein zurückgelassen.
Noch tags zuvor hatte er stundenlang auf ihren Anruf gewartet und
sich den Kopf zerbrochen, wie er Basidius oder Ruth Maybaum den Namen jenes
Journalisten entlocken konnte, der recherchiert hatte. Dass Basidius die
getarnten Altenmorde im Parlament bisher noch nicht zum Thema gemacht hatte,
war seltsam genug. Ausgerechnet Basidius, der schon nach der Mistgabel schrie,
wenn irgendein Ochse auch nur leise furzte! Die Zurückhaltung konnte nur
zweierlei bedeuten: Entweder war an der Geschichte weniger dran, als er,
Jacobi, vermutete, oder – und das hielt er für die wahrscheinlichere Variante –
Basidius und der mysteriöse
Weitere Kostenlose Bücher