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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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einsamen Wolfs, vertraute nur sich selbst. Hin und wieder, so
hatten seine Kollegen herausgefunden, engagierte er Privatdetektive, die ihm
zuarbeiteten. Sich mit der Polizei kurzzuschließen, hatte er bisher vermieden.
Aber jetzt hatte er Angst. Ziemlich viel Angst sogar! Und wer Angst hatte, der
suchte Schutz. Darin sah Jacobi seine Chance. Mit Zwang war bei Typen wie
Schremmer nichts zu erreichen.
    Das Schweigen dauerte an, bis Schremmer schließlich nickte. Er
schien sich zu einer Entscheidung durchgerungen zu haben. »Ich werde Sie in
alles einweihen«, sagte er.
    »In alles?«, fragte Jacobi zweifelnd.
    Schremmer nickte. »In alles. Denn ich kann mir nicht vorstellen,
dass ich nur eine Minute Ruhe vor Ihnen hätte, wenn ich es nicht täte.«
    Jacobi nahm einen Schluck aus dem Kristallglas. Jetzt bloß nichts
überstürzen! Er ließ es langsam angehen: »Also gut. Welche Rolle spielen Ruth
Maybaum und Paul Basidius in Ihrer Geschichte?«
    »Sie sind Informanten, sonst nichts. Natürlich nehmen sie auch regen
Anteil am Fortschritt meiner Ermittlungen, und wenn ich den entscheidenden
Durchbruch geschafft habe, werden sie die Ersten sein, die davon erfahren. Für
Paul ist ein solcher Fall ein tolles politisches Vehikel, und Ruths Sender wird
als erster mit der Doku on air gehen – wenn sie fertig recherchiert ist.«
    »Eine ziemlich symbiotische Beziehung, die Sie drei da unterhalten,
oder?«
    »Kann man so sehen, wenn man will.«
    »Seit wann kennen Sie die beiden?«
    »Paul hat mir Ruth vor einigen Monaten vorgestellt. Ihn selbst kenne
ich schon seit der Schulzeit. Er hat mir einmal sehr geholfen, als es mir
dreckig ging.«
    Das muss wohl vor deinem Bestseller über die geheimen
Atommülltransporte gewesen sein, dachte Jacobi. »Alpenstrahlen« war der Titel
des Buches gewesen.
    »Und weiter …?«, begann Jacobi, verstummte aber wieder.
    »Ich weiß, Sie sitzen auf Nadeln.« Schremmer grinste. »Würde mir an
Ihrer Stelle genauso gehen. Aber diese Geschichte lässt sich nicht in einer
Minute erzählen. Ich hole uns noch einen Drink.«
    Er ging wieder zur Hausbar und gab Jacobi damit die Gelegenheit,
eine Wanze an der Unterseite des Wohnzimmertisches zu platzieren. »Sagt Ihnen
die Bezeichnung ›Sökos‹ etwas?«, fragte Schremmer über die Schulter, während er
sich den Drinks widmete.
    »Nein, nie gehört«, sagte Jacobi wahrheitsgemäß. »Eine politische
Gruppierung?«
    »Vielleicht. Jedenfalls sind das die Leute, nach denen wir beide
suchen. Sökos steht als Abkürzung für Sozialökonomen. Ein Zynismus, der nicht
mehr zu überbieten ist.«
    Für sich selbst goss Schremmer einen einfachen Scotch ein. »Behrens
meint, es handle sich um einen Geheimbund, der sich als Korrektiv unsrer
überalterten Gesellschaft versteht, doch ich halte die Bezeichnung Mörderbande
für angemessener. Oder wie würden Sie einen Verein bezeichnen, der es als seine
vordringliche Aufgabe ansieht, alte und kranke Personen zu töten, weil sie den
Staat zu viel kosten?« Er kam mit den Drinks an den Tisch zurück.
    »Und woher wissen Sie das alles?«, fragte Jacobi.
    Schremmer winkte ab. »Später. Reden wir erst einmal über die Ziele
der Sökos. Dazu gehören auch Disziplinierung der Spaß- und Konsumgesellschaft,
Austrocknung des Drogensumpfs, restriktive Zuwanderungspolitik, Kampf gegen
Sozialschmarotzer und Staatsparasiten, wie sie es nennen, rigide Anhebung des
Pensionsalters, Zurückdrängen der Frauen an den Herd und so weiter und so fort.
Man kennt das ja.«
    »Allerdings. Klingt wie das ewig wiedergekäute Vokabular der
extremen Rechten. Also doch eine politische Gruppierung?«
    »Vermutlich. Die Sökos haben nicht nur ähnliche Ideale und
Zielvorstellungen wie Alt- und Neonazis, sie sind auch ähnlich straff
organisiert. Es gibt bei ihnen Alpha-, Beta- und Gamma-Kader. Die Gamma-Leute
sind fürs Grobe zuständig, werden vorwiegend aus der Rechtsextremisten- und
Satanistenszene rekrutiert und treten in Dreiergrüppchen auf – so wie früher
die Mordkommandos der SS . Jedes von ihnen ist auf
eine spezielle Zielgruppe angesetzt, vor allem auf alleinstehende Senioren,
deren Ermordung in der Regel als Haushalts-, Heimwerker-, Auto- oder
Brandunfall getarnt wird. Andere Meuchler organisieren das spurlose
Verschwinden von Urlaubern und Ausflüglern, und wieder andere verüben
raffiniert kaschierte biochemische Attentate auf Patienten in Hospizen,
Pflegeheimen und Krankenhäusern.«
    »Sie meinen Attentate, die letales

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