Herbstgeflüster (Die Kanada-Reihe)
gleich Null. Dasselbe bei David. Bomer wäre am liebsten ins Flugzeug gestiegen, um die beiden in Baltimore zu besuchen und persönlich nachzufragen, was der Quatsch sollte. Andererseits sah er gar nicht ein, den zwei nachzurennen. Wenn sie nicht auf seine Anrufe reagieren wollten, schön. Dann eben nicht.
Sie würden sich schon wieder einkriegen. Er hatte für solchen Unsinn keine Zeit. Eher keine Lust, aber das gab man natürlich nicht offen zu. Bomer verdrehte die Augen und nickte Charly zu, als der bellte.
„Geht gleich los.“
Die nachmittägliche Runde durch den Wald stand an und Bomer schlüpfte in seine Stiefel, bevor er Jacke und Leine vom Haken nahm, und sein Handy einsteckte. Nur für alle Fälle. Er zog sich an und warf einen Blick auf die Uhr, um zu erfahren, wie lange er ungefähr mit seinem Racker unterwegs sein konnte, bis es dunkel wurde.
Es war kurz vor drei Uhr nachmittags, als Bomer die Haustür aufzog, um mit Charly nach draußen zu treten. Er sah hinauf in den strahlend blauen Himmel, wärmte sein Gesicht mithilfe der Sonne, die das Herbstlaub in allen Farbvariationen von Gelb und Rot leuchten ließ, und zog die Tür hinter sich zu. Charly bellte erneut und machte ihn damit auf einen Wagen aufmerksam, der den Waldweg zu seinem Haus entlang kam.
Bomer klappte die Kinnlade runter, als er den Mann hinterm Steuer erkannte. Im nächsten Augenblick piepte sein Handy, meldete den Eingang einer neuen Nachricht. Er zog es aus der Tasche und rief sie auf.
'Ab sofort bist du für seine Sicherheit zuständig. Und wehe, du machst es nicht vernünftig. Der Bursche liebt dich.'
Adrian. Dieser Mistkerl. Jetzt endlich verstand er die letzte Nachricht von ihm. Der Anwalt musste die ganze Zeit seine schützende Hand über Cedric gehalten haben, zumindest soweit es ihm aus der Ferne möglich gewesen war. Bomer schüttelte grinsend den Kopf und steckte das Handy weg. Er würde später antworten.
Cedric war wichtiger, der gerade den Motor abstellte und dann ausstieg. Er verzog schmerzhaft den Mund und Bomer starrte ihn fassungslos an, als das Ausmaß seiner Verletzungen sichtbar wurde. Cedrics rechte Wange war eine einzige, gewaltige Prellung und schimmerte in allen Regenbogenfarben. Und so, wie er sich bewegte, war das Schlimmste durch die Kleidung noch verborgen. Bomer sah äußerlich ruhig zu, wie Cedric eine große Reisetasche von der Rückbank holte, das Auto abschloss und danach auf ihn zukam. Langsam und hinkend. Er zog das linke Bein nach und mit seinem linken Arm stimmte ebenfalls etwas nicht. Bomer fluchte innerlich. Er hätte Cedric nie alleine gehen lassen dürfen.
„Was ist denn mit dem Pick-up passiert?“, fragte er so ruhig, wie er es in seinem aufgewühlten Zustand gerade noch hinbekam.
„Der ist in New York.“
„In New York?“, wiederholte Bomer überrascht und Cedric nickte, runzelte dabei die Stirn.
„Du hast seltsame Freunde.“
„Ich habe überhaupt keine Freunde“, widersprach er, weil er nicht verstand, worauf Cedric hinauswollte. „Nun ja, ein paar“, korrigierte sich Bomer, als ihm im nächsten Moment Adrian, David und seine Seals-Jungs einfielen. Und irgendwie konnte er Carol und Max wohl auch dazu zählen. „Allerdings nicht in New York. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste.“
„Kennst du einen Bullen namens Tyler?“
Bomer überlegte eine Weile, aber da klingelte bei ihm nichts. „Nein.“
„Er kennt aber deinen Freund Adrian“, meinte Cedric und da fiel auf einmal der Groschen bei Bomer. Damit musste dieses Raubein Johnson gemeint sein, für den er damals Koslows Drogendeal vermasselt hatte. Er hatte nie nach dem Vornamen des mürrischen Cops gefragt, je weniger man in der Hinsicht wusste, desto besser.
„Du meinst Johnson. Ja, den kenne ich.“
„Zieht der immer so ein Gesicht?“
Bomer nickte. „Soweit ich weiß, ja. Nur nicht, wenn er mit seinem Freund unterwegs ist.“
„Der hat ...?“ Cedric unterbrach sich und winkte ab. „Ich will es nicht genauer wissen. Auf jeden Fall hat der Cop sich um den Wagen gekümmert, nachdem er gestern Nacht in der Bruchbude von Zimmer auftauchte, wo ich mich schon seit über einer Woche verstecke, um mir den Hintern aufzureißen und mich ins Flugzeug zu stecken.“ Cedric deutete hinter sich. „Das ist ein legal erworbener Mietwagen.“
Bomer grinste. „Wie langweilig.“
„Wem sagst du das“, ging Cedric lächelnd auf seinen Scherz ein und verzog im nächsten Moment das Gesicht, als er vor ihm zum Stehen
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