Herbstgeflüster (Die Kanada-Reihe)
alles aus der Ferne beobachtet und mir vorgestellt, wie es wäre … wie es sich anfühlen könnte, wenn …“
„Sex mit einem Mann, ja, ich weiß“, sprach Bomer die Worte aus, die Cedric nicht über die Lippen kamen. „Das war mir nach unserem Gespräch schon klar. Ich verlange auch gar nicht von dir, dich sofort in mein Bett zu legen. Ich möchte nur wissen, ob du bleiben willst. An meiner Seite. Hier in Kanada. In diesem Haus hinter mir. Das ist alles, was mir im Augenblick wichtig ist.“
„Ja“, sagte Cedric entschlossen und nickte dabei. „Ja, ich will bleiben.“
„Na dann … Willkommen zu Hause.“
-12-
Zwei Wochen. Vierzehn lange Tage, in denen Cedric sich von seinen Prellungen, einer ausgerenkten Schulter und einem Streifschuss im Bein erholte, während Bomer die meiste Zeit damit beschäftigt war, in seinem Schrank klar Schiff zu machen, um etwas Platz für Cedrics Sachen zu schaffen. Im Normalfall hätte er dafür höchstens eine Stunde gebraucht, aber seine Nervosität lenkte ihn ab, und zwar so sehr, dass er immer wieder Pausen einlegen musste. Es war eben doch ein großer Unterschied, Cedric als Freund hier wohnen zu lassen, und ihn nicht mehr als Gefangenen, Kranken oder einen Besucher zu sehen, der gezwungenermaßen bei ihm schlief.
Laut Adrian, mit dem er einige Male telefoniert hatte, würde er sich bald daran gewöhnen. Es brauchte nur Zeit und die besaßen sie dank des Anwalts jetzt zur Genüge.
Bomer hatte nicht nachgefragt, was Adrian angestellt hatte, um Sergej dazu zu bringen ein volles Geständnis abzulegen und außerdem als Kronzeuge gegen Koslows Geschäftspartner aufzutreten. Aber damit hatte sich der Bodyguard Straffreiheit erkauft und Cedric war aus dem Schneider. Alles andere war Bomer herzlich egal.
Cedric und er waren derzeit genug damit beschäftigt, sich auf ein Leben zu zweit einzustellen, denn weder sein Freund noch er selbst besaßen Erfahrung darin, wie ein Pärchen miteinander auskam. Wie man zusammenlebte und seine Zeit plante. Gemeinsam. Aber sie gaben sich Mühe, teilten den Haushalt, kümmerten sich um Emma und Charly, und Cedric schaute ihm seit zwei Tagen bei seiner Arbeit über die Schulter, da er sie spannend fand. Trotzdem hatte er Max' Angebot ausgeschlagen, für ihn zu arbeiten und sich stattdessen für Carol entschieden, weil ihr ab Anfang November jemand im Büro fehlte. Ein Schreibtischjob.
Bomer wäre mit so einer Arbeit eingegangen oder in Depressionen verfallen, doch Cedric freute sich darauf, zu planen, zu organisieren, mit Bestellungen und Geld zu jonglieren. Und er mochte Carol, samt ihrer Familie, was wichtig war, dachte Bomer, während er verärgert auf die Tanzfläche sah. Falls Carols Ältester seine flinken Finger auf Cedrics Rücken noch ein wenig tiefer wandern ließ, würde er ihn umbringen.
Das hatte er jetzt davon, dass er Cedric Hühnersuppe besorgt hatte, als der krank in seinem Bett gelegen hatte. Ein Tanzabend. Eine echte Halloweenparty für die ganze Straße, und das Diner war mittlerweile gerammelt voll.
Am liebsten wäre er geflüchtet, aber er konnte Cedric schlecht hier allein lassen. Sie waren zusammen mit dem Auto hergekommen und würden auch gemeinsam wieder fahren. Sofern er dann noch fahrtüchtig war. Bomer warf einen nachdenklichen Blick auf das Bier in seiner Hand, runzelte die Stirn, und stellte die Flasche anschließend weg, um zu einer Cola zu greifen, mit der er sich durch die Menschen in Richtung Ausgang drängte. Er brauchte frische Luft.
Vor der Tür standen ein paar Leute, die Bomer nicht kannte. Sie ließen ihn vorbei und er ging einige Schritte den Gehweg entlang, um sich dann gegen die Wand vom Diner zu lehnen. Es war kalt, eine leichte Brise brachte die Halloweendekoration an den Häusern und Laternen zum Rascheln und Bewegen. Überall hingen Totenköpfe, Skelette, Hexen und Geister. Kürbisse in allen Formen und Größen standen vor den Geschäften und waren mit Kerzen bestückt, deren flackerndes Licht die bizarrsten Schatten warf. Das alles war eindeutig nicht seine Welt. Die Begeisterung der Leute über dieses Fest hatte er als Junge geteilt, aber das war lange her. Nur Cedric zuliebe stand seit einer Woche ein beleuchteter Kürbis auf seiner Veranda und einer in seiner Küche.
„Du fühlst dich unwohl, nicht?“
Bomer hielt das schiefe Grinsen nicht zurück, als sein Blick zu Cedric schweifte, bevor er nickte und abwartete, bis sein Freund zu ihm aufgeschlossen hatte.
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