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Herbstwald

Herbstwald

Titel: Herbstwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Guzewicz
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Korrespondenz schlaumachen, und anderseits sollten wir mit dem Innenminister und seinem Sohn sprechen.«
    »Womöglich sind es die Schamhaare von ihrem Bruder gewesen, die wir in der Dusche gefunden haben«, sagte Landhäuser, die in ihrem Block noch weiter zurückgeblättert hatte.
    »Ja, wir konnten sie ihm vielleicht deshalb bisher nicht zuordnen, weil wir seinen richtigen Nachnamen nicht kannten«, ergänzte Davídsson.
    »Das muss aber trotzdem noch lange nicht bedeuten, dass Martin Schirmer-Lunz auch das Informationsleck ist«, mischte sich Hofbauer in das Gespräch ein.
    »Es gibt noch eine weitere Variante«, sagte Ólafur Davídsson nach einer kurzen Pause. Er hatte sich auf dem Weg nach Augsburg an das unglückliche Gespräch mit dem Bereichsleiter der Regierung von Schwaben erinnert und an das Kreuz, das die Macht gehabt hatte, die Aufnahme von Lea Schirmer-Lunz in der Fuggerei zu verfügen. Er dachte an den ehemaligen Leiter des Sozialamtes in Augsburg, an Helmut Reichert.

    Ólafur Davídsson verließ Augsburg wieder in Richtung München. Er hatte kurz mit Helmut Reichert telefoniert, der sofort zu einem Gespräch bereit war .
    Die Sonne stand bereits tief am Horizont, als er auf die leere Autobahn auffuhr. Die Felder, die links und rechts der Autobahn lagen, waren bereits winterfest und unter einer dicken Schicht Raureif erstarrt. Er hatte die nadelförmigen Eiskristalle an den Zweigen und Ästen gesehen und für einen kurzen Moment ihre Schönheit bewundert.
    Die kahle Landschaft hatte sich binnen Stunden in ein Meer aus Eisblumen verwandelt.
    Die Umgebung um ihn herum war festgefroren – erstarrt zu einer friedlicheren Welt in grauen, moosgrünen und tiefbraunen Farben, die jetzt an ihm vorbeiflog, während der feuchte Herbstwind über sie hinwegfegte.
    Der Herbst war in seinen letzten Zügen. Bald war es Winter.
    Etwa eine Stunde später erreichte Davídsson die Münchner Innenstadt.
    Er parkte seinen Chrysler 300C vor der Abtei St. Bonifaz in der Karlstraße.
    Das Haus, in dem Helmut Reichert wohnte, seitdem er aus Augsburg weggezogen war, gehörte zu einer eleganten Natursteinanlage aus gelbgrauem Granit, die sich Lenbach Gärten nannte.
    Der Kriminalanalyst wurde von Reichert in ein großzügiges Wohnzimmer geführt, ohne dass Ólafur Davídsson sich irgendwie ausweisen musste. Offensichtlich bekam Helmut Reichert nicht oft Besuch.
    Jedenfalls hat er mit keinem anderen Besucher an diesem Abend gerechnet, dachte Davídsson, als er auf einem schneeweißen Sofa Platz nahm.
    Helmut Reichert setzte sich auf die andere Seite – getrennt durch zwei kleine, rechteckige Glastische mit Goldrahmen. Es war offensichtlich die einzige Farbe, die außerhalb des vorherrschenden Weiß erlaubt war. Die Wände waren strahlend weiß gestrichen, ebenso wie die Decke, und auch die Couchgarnitur, die Kissen und ein Teppich, der die einzelnen Bestandteile der Garnitur verband waren weiß. Das ganze Ensemble war vor einer großen Fensterfront platziert. Der Rest des Raumes war leer geblieben.
    »Herr … Sagen Sie mir bitte noch einmal Ihren Namen.«
    »Ólafur Davídsson. Ich arbeite als Kriminalanalyst für das Bundeskriminalamt.«
    »Ahja. Ich hatte nur Ihren Namen vergessen. Den Rest wusste ich noch. Ihr Nachname klingt etwas nordisch, wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten. Aber deshalb sind Sie ja bestimmt nicht zu mir gekommen. Was kann ich also für Sie tun?« Helmut Reichert passte in diese sterile Umgebung. Seine Haare waren größtenteils ausgefallen. Die übrig gebliebenen kurzen Haare waren hellgrau meliert. Eine leuchtend rote Brille umrahmte stahlblaue Augen, die dadurch noch mehr zur Geltung gebracht wurden, als es ihr stechender Blick vermutlich ohnehin schon getan hätte.
    »Sagt Ihnen der Name Lea Schirmer-Lunz etwas?«
    »Ist das die Frau unseres Innenministers?«
    Der Kriminalanalyst glaubte in den tiefblauen Augen von Helmut Reichert zu erkennen, dass er tatsächlich nichts mit dem Namen anfangen konnte.
    »Es ist seine Tochter. Und der Name Catharina Aigner? Sagt der Ihnen etwas? Entschuldigen Sie bitte, dass das hier einwenig an ein Ratespiel mit Namen erinnert, aber das ist tatsächlich sehr wichtig für unsere Ermittlungen.« Ólafur Davídsson hatte an Reicherts Reaktion erkannt, dass er über Davídssons Fragen irritiert war.
    »Der Name sagt mir etwas. Ich kenne ihn von meiner Tätigkeit beim Sozialamt in Augsburg.«
    »Ja.«
    »Soweit ich mich noch erinnere, habe ich ihren Einzug in die

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