Herbstwald
in seinem Gedächtnis war nichts dazu hängen geblieben.
»Der Sachbearbeiter hat einen Vermerk geschrieben. Darin heißt es, dass Sie ihm die Anweisung gegeben haben, den Antrag ohne weitere Prüfung zu bewilligen.«
»Ja, das war Teil der Vereinbarung mit der Polizei.«
»Wissen Sie noch, von wem diese Bitte an Sie herangetragen wurde? Erinnern Sie sich vielleicht sogar noch an einen Namen?«
Davídsson vermutete, dass es jemand von Joseph Wagners Zeugenschutzkollegen war, der ihm diese Anweisung gegeben hatte.
Helmut Reichert starrte auf den glänzenden Steinboden. Seine Stirn legte sich in Falten. Er versuchte die Erinnerung in einer Umgebung zurückzubringen, in der es nichts gab, das ihn davon ablenkte. Keine Gemälde an den Wänden, in denen man plötzlich einen neuen Aspekt erkennen konnte, und auch kein Teppichboden, dessen Muster zu Gedankenspielen einlud.
Ólafur Davídsson wollte schon sagen, dass er den Namen auch auf anderem Weg herausfinden konnte, als Helmut Reichert ihn plötzlich ansah.
»Der Mann hieß Hofbauer«, sagte er.
»Kriminalhauptkommissar Hofbauer hat Sie damals gebeten, Catharina Aigner in die Fuggerei aufnehmen zu lassen?« Davídssons Stimme war unwillkürlich lauter geworden und er spürte, wie sich seine Schultern verspannten.
»Ich glaube, damals war er noch Kriminaloberkommissar, aber so viele Kripobeamten mit dem Namen Hofbauer wird es wohl in Augsburg nicht geben, oder? Es ist ja wohl eher ein altfränkischer Name und nicht ein typisch augsburgerischer.«
Davídsson hatte gerade die Wohnung von Helmut Reichert verlassen, als sein Handy klingelte. Er sah die isländische Vorwahl auf dem Display und wusste sofort, dass es das Büro des Ríkislögreglustjóri war, das ihn erreichen wollte.
Er zögerte, das Gespräch anzunehmen.
Seine Gedanken kreisten jetzt um den Fall und er hatte keinen Nerv für Diskussionen mit Ragna.
Er hatte zwar in den letzten Tagen über das Angebot nachgedacht und mit dem Gedanken gespielt, nach Island zurückzukehren, um die Víkingasveitin zu leiten, aber entschieden hatte er sich noch nicht.
»Ragna?«, meldete er sich, nachdem er kurzerhand entschieden hatte, das Gespräch trotzdem anzunehmen.
»Jaa. Ich wollte mich mal wieder bei dir melden … Der Polizeikommandeur sitzt mir ein bisschen im Nacken und ich habe mich für dich eingesetzt und muss es daher ein bisschen ausbaden.«
»Die ganze Sache erinnert mich ein bisschen an die Islandpferde. Wenn sie einmal von Island weg sind, dürfen sie nie wieder zurückkommen – und das aus gutem Grund.«
Ragna überlegte.
»Ist es aber nicht auch so, dass nur isländische Pferde auf isländischem Staatsgebiet leben dürfen?«, sagte sie nach einer Weile.
»Auch aus gutem Grund.« Davídsson schmunzelte, weil Ragna es verstanden hatte, seine eigene Parabel gegen ihn zu verwenden.
Er verließ den Hausflur und ging zu seinem Wagen.
»Ólafur, du gehörst einfach hierher, wie diese Pferde nach Island gehören und nirgendwo anders hin. Überlege es dir bitte noch einmal. Ich kann das Angebot nicht mehr lange für dich aufrechterhalten. Es gibt einen gewissen politischen Druck, die Stelle schnell und mit einer fähigen Person zu besetzen.«
»Was ist mit dem jetzigen Stelleninhaber?«
»Die Amerikaner haben ihn uns abgeworben. Er ist jetzt irgendein hohes Tier beim SWAT in New York. Sie hatten leichtes Spiel, weil er sich in eine Amerikanerin verliebt hatte, die nicht auf einer einsamen Vulkaninsel im Atlantik leben wollte. Du bist doch noch alleine, oder?«
»Es gibt keine Frau, die mich hier in Deutschland hält, wenn du das meinst.«
Er stieg in den Chrysler , nachdem er das Gespräch beendet hatte. Gerade, als er das Handy in die Mittelkonsole legen wollte, rief Wittkampf bei ihm an. Davídsson informierte seinen Chef über die neuesten Entwicklungen in dem Fall und über die vor ihnen liegenden Ermittlungen.
»Und Sie arbeiten dabei mit Lilian Landhäuser zusammen?«
»Ja. Sie ist heute zur JVA Weiterstadt gefahren, wo Tsuyoshi Saitô zurzeit einsitzt, um dort zu überprüften, mit wem er Kontakt hatte, seitdem er verurteilt worden ist.«
»Gut. Wenn er tatsächlich der Drahtzieher hinter diesem Mord ist, kommen Sie vielleicht auf diese Weise an den eigentlichen Mörder. Sie sollte auch mit demjenigen sprechen, der sich die Post ansieht. Vielleicht fällt ihr etwas auf, was ihm nicht aufgefallen ist.«
»Wir brauchen aber auch Ihre Hilfe, um weiterzukommen. Die ganze Sache hat auch
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