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Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sei weit angenehmer.
    «Ja, das war ein eigenartiger Fall, die Sache mit Cartwright», bemerkte der Gastgeber nachdenklich. «Ein erstaunlicher Mann, charmant, gute Manieren… Tatsächlich, wir haben ihm doch alle aus der Hand gefressen, als er neu hierher kam. Und dann das! Einmalig! Nikotin als Gift ist wirklich selten – glücklicherweise!»
    «Es gab eine Zeit, da taten Sie jegliche Art von Giftmord als unenglisch ab», warf Hercule Poirot ein. «Teufelei von Ausländern, unsportlich.»
    «Nun, das kann ich heute nicht mehr sagen», meinte der Colonel. «Wir haben ziemlich viele Arsenmorde – vielleicht mehr, als angenommen. Überhaupt sind Giftmorde immer eine unangenehme Sache. Die Zeugen widersprechen sich meistens, die Ärzte sind übervorsichtig in ihren Aussagen, und man weiß manchmal kaum, wie man den Fall vor ein Geschworenengericht bringen soll. Nein, wenn schon Mord, dann irgendetwas Klares, etwas, das keine Zweifel über die Todesursache offen lässt!»
    Poirot nickte. «Also die Schusswunde, die durchschnittene Kehle, der eingeschlagene Schädell? Ziehen Sie solche Tatsachen vor?»
    «Vorziehen ist wohl nicht das richtige Wort. Bitte, glauben Sie ja nicht, dass ich Mordfälle liebe. Ich möchte, wenn möglich, nie mehr einen behandeln müssen. Nun, während Ihres Aufenthalts bei mir dürften wir wohl sicher sein. Weihnachten - Friede auf Erden. Liebet einander und all das, wissen Sie.»
    Hercule Poirot lehnte sich in seinem Lehnstuhl zurück und betrachtete seinen Gastgeber nachdenklich.
    «Sie glauben also», murmelte er nach einer Weile, «dass die Weihnachtszeit keine Saison für Morde sei?»
    «Ja, das glaube ich.» Johnson war leicht aus dem Konzept gebracht. «Eben, wie ich sagte, wegen der allgemeinen Versöhnlichkeit und so…»
    «Die Engländer sind so sentimental», bemerkte Poirot leise.
    «Na und?», fragte Johnson hochmütig. «Wir sind eben traditionsbewusst. Wem schadet das?»
    «Niemandem. Es ist im Gegenteil sehr sympathisch. Aber wenn wir es nüchtern betrachten: Ist Weihnachten nicht auch das Fest der Freude? Pflegt man zu Weihnachten nicht reichlich zu essen und zu trinken? Sich vielleicht zu überessen? Nun, der übervolle Magen führt zu Magenverstimmung, und die Magenverstimmung zu Reizbarkeit.»
    «Verbrechen», warf der Colonel ein, «werden nicht aus Reizbarkeit begangen.»
    «Ich bin nicht so sicher. Und noch was: Weihnachten ist das Fest der Versöhnung, sagten Sie. Alte Streitigkeiten werden vergessen und vergeben, Menschen, die sich nicht mehr vertragen haben, sind bereit, sich wieder gut zu sein – wenn auch vielleicht nur vorübergehend.»
    Johnson nickte. «Man begräbt die Kriegsbeile.»
    «Und Familien», fuhr Poirot unbeirrt fort, «die jahrelang getrennt waren oder sich das Jahr hindurch nie sahen, vereinigen sich wieder. Das, mein Freund, führt zu Spannungen, glauben Sie mir. Menschen, die keineswegs nett voneinander denken, geben sich Mühe, nett zu scheinen. Deshalb ist Weihnachten auch eine Zeit der Heuchelei, gut gemeinter Heuchelei, in der besten Absicht, c’est ente n du, aber eben doch Heuchelei!» Er lächelte Johnson strahlend an. «Wohlverstanden, mon cher , das ist meine Ansicht! Ich versuche Ihnen begreiflich zu machen, dass es unter diesen Umständen – seelische Spannung und körperliche malaise – durchaus möglich ist, dass Abneigungen, die bisher gering, Zwistigkeiten, die bisher ziemlich bedeutungslos waren, plötzlich viel ernsteren Charakter annehmen. Das Resultat dieser vorgespiegelten Versöhnlichkeit und Großmütigkeit muss früher oder später zur Explosion von Hassgefühlen und Rachsucht führen, die viel intensiver sind, als sie es das ganze Jahr hindurch waren. Wenn Sie den Strom natürlicher Regungen eindämmen, mon ami, dann muss dieser Damm einmal brechen, und dann gibt’s eine Überschwemmung!»
    Colonel Johnson sah seinen Gast zweifelnd an.
    «Ich weiß nie, wann Sie ernsthaft reden und wann Sie mich auf den Arm zu nehmen versuchen», brummte er.
    Poirot lächelte. «Ich meine es nicht ernst, ganz und gar nicht. Trotzdem ist es wahr: Künstlich gezüchtete und erzeugte Stimmungen führen zwangsläufig zu bestimmten Reaktionen.»
    Colonel Johnsons Diener erschien unter der Tür.
    «Inspektor Sugden ist am Telefon, Sir.»
    «Ja, ich komme.» Mit einer Entschuldigung Poirot gegenüber ging Johnson hinaus, kam aber schon nach kaum drei Minuten wieder zurück. Er sah ernst und verstört aus.
    «Der Teufel hol’s!», stieß

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