Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Tür zu öffnen. «Vater!», schrie er. «Vater! Lass uns doch hinein!»
    Er hob die Hand, und alle horchten bewegungslos; es kam keine Antwort. Kein Laut drang aus dem Zimmer.
    Die Türglocke schrillte, aber es achtete niemand darauf.
    Stephen Farr sagte: «Wir werden die Tür aufbrechen müssen. Anders kommen wir nicht hinein.»
    «Das wird nicht so leicht sein», keuchte Harry. «Diese Türen sind sehr solid. Komm, Alfred!»
    Sie warfen sich gegen das feste Holz, stießen, mühten sich ab; schließlich holte man eine schwere Eichenbank als Prellbock. Endlich gab die Tür nach und brach aus den Angeln.
    Während mindestens einer Minute standen alle dicht gedrängt und starrten ins Zimmer. Was sie sahen, prägte sich allen tief ins Gedächtnis ein.
    Es musste ein erbitterter Kampf stattgefunden haben. Schwere Möbel waren umgeworfen. Porzellanvasen lagen in Scherben auf dem Boden. In der Mitte des Teppichs vor dem hell flackernden Feuer lag Simeon Lee in einer großen Blutlache. Blut war im ganzen Raum herum verspritzt. Das Zimmer glich einem Schlachthaus.
    Jemand seufzte tief, und dann ertönten nacheinander zwei Stimmen. Eigentümlicherweise sprachen beide Zitate aus.
    David Lee sagte: «Die Mühlen Gottes mahlen langsam.»
    Und Lydia flüsterte zitternd: «Wer konnte denken, dass der alte Mann noch so viel Blut in sich gehabt…?»
     
    Inspektor Sugden hatte schon dreimal geläutet. Nun setzte er verzweifelt den Türklopfer in Bewegung. Nach langer Zeit erschien endlich ein völlig verstörter Walter und öffnete ihm.
    «Ach», sagte er nur und schien erleichtert zu sein. «Ich wollte eben die Polizei anrufen.»
    «Weswegen?», fragte Inspektor Sugden scharf.
    «Der alte Mr Lee», flüsterte Walter. «Jemand hat ihn erledigt.»
    Sugden stieß den Diener beiseite und rannte die Treppe hinauf. Er betrat das Zimmer, ohne dass jemand seine Anwesenheit bemerkt hätte. Im Moment seines Eintretens sah er, dass Pilar sich bückte und etwas vom Boden aufhob. Auch nahm er sofort wahr, dass David Lee die Hände vors Gesicht geschlagen hatte. Die anderen standen in einer Gruppe beisammen. Nur Alfred Lee war totenblass neben den Leichnam des Vaters getreten und sah auf ihn hinunter.
    George Lee befahl wichtigtuerisch: «Es darf nichts berührt werden, merkt euch das, nichts! Bis die Polizei kommt.»
    «Erlauben Sie», sagte Sugden und drängte sich höflich an den Damen vorbei.
    «Ach! Inspektor Sugden?», sagte Alfred, der ihn kannte. «Sie waren aber rasch hier!»
    «Jawohl, Mr Lee!» Sugden verschwendete keine Zeit mit Erklärungen. «Was ist geschehen?»
    «Mein Vater ist getötet, ermordet worden», antwortete Alfred erstickt.
    Magdalene begann plötzlich hysterisch zu schluchzen.
    Inspektor Sugden bat mit einer Handbewegung um Ruhe. «Ich bitte alle Anwesenden, außer Mr George Lee, das Zimmer zu verlassen.»
    Wortlos wandten sich alle zum Gehen, willenlos wie Schafe. Sugden hielt Pilar zurück.
    «Verzeihen Sie, Miss», sagte er freundlich. «Es darf nichts berührt oder von der Stelle gerückt werden.»
    Sie starrte ihn an. Stephen Farr sagte ungeduldig:
    «Das ist wohl klar! Das weiß Miss Estravados!»
    Inspektor Sugden fuhr im gleichen liebenswürdigen Ton fort: «Sie hoben doch eben etwas vom Boden auf.»
    Pilar riss die Augen auf. «Ich?», fragte sie ungläubig.
    «Ja. Sie. Ich habe Sie dabei beobachtet. Bitte, geben Sie’s mir.»
    Langsam öffnete Pilar die Hand. Sie hatte ein kleines Gummistück und einen winzigen hölzernen Gegenstand darin verborgen gehalten. Sugden nahm beides an sich, steckte es in einen Umschlag und ließ diesen in seiner Brusttasche verschwinden. «Danke», sagte er höflich und wandte sich um.
    Stephen Farr sah ihn respektvoll an. Es war, als ob er den hübschen jungen Polizeiinspektor bis dahin unterschätzt hätte. Dann gingen auch er und Pilar langsam hinaus. Hinter sich hörten sie die sachlichen Worte des Inspektors: «Und jetzt, bitte…»
     
    «Es geht doch nichts über ein Kaminfeuer», sagte Colonel Johnson als er einen neuen Buchenklotz in die Flammen legte und seinen Stuhl näher zum flackernden Feuer zog. «Bitte, bedienen Sie sich», forderte er seinen Gast auf, indem er auf die Flasche wies, die auf dem Tischchen stand.
    Nun, Colonel Johnson, Polizeichef von Middleshire, mochte ein Kaminfeuer für das höchste der Gefühle halten, aber Hercule Poirot, sein Gast, war der Meinung, eine gute Zentralheizung, die einem auch den Rücken und nicht nur die Schuhsohlen wärmt,

Weitere Kostenlose Bücher