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Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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an. «Irgendeinen Verdacht, Sugden?»
    «Es ist eine schlimme Sache, Sir», antwortete der Inspektor bedächtig. «Es sieht aus, als müsse jemand von ihnen es getan haben. Ich kann mir nicht vorstellen, wie irgendein Fremder hereinkommen, den Mord begehen und rechtzeitig wieder hätte fliehen können.»
    «Waren die Fenster offen oder geschlossen?»
    «Es sind zwei Fenster in dem Zimmer, Sir. Eines war geschlossen und verriegelt. Das andere stand einen Spaltbreit offen, war aber durch einen Sicherheitsriegel gehalten. Ich habe sofort versucht, es zu öffnen, aber es steckte fest, wurde seit Jahren nicht weiter geöffnet, glaube ich. Außerdem ist die Hauswand sehr glatt, kein Efeu, keine Kletterpflanzen. Ich glaube nicht, dass jemand auf diesem Weg fliehen konnte.»
    «Wie viele Türen hat das Zimmer?»
    «Nur eine. Und die war von innen abgesperrt. Als die Hausbewohner den Schrei des alten Herrn hörten und hinaufrannten, mussten sie zuerst die Tür aufbrechen.»
    «Und? Wer war im Zimmer?» Gespannt stieß Johnson diese Frage hervor.
    «Niemand, Sir. Niemand außer dem alten Mann, den man fünf Minuten zuvor getötet hatte.»
     
    Colonel Johnson starrte Sugden sekundenlang fassungslos an. Dann überstürzten sich seine Worte. «Wollen Sie mir vielleicht weismachen, Inspektor, dass hier einer jener blödsinnigen Fälle vorliegt, die sonst nur in Kriminalromanen vorkommen, wo jemand in einem verschlossenen Raum durch irgendwelche übernatürlichen Mächte umgebracht wird?»
    Ein kaum wahrnehmbares Lächeln brachte Sugdens Schnurrbart leise zum Zittern.
    «Ich glaube, gar so geheimnisvoll ist es nicht, Sir.»
    «Also Selbstmord! Es muss Selbstmord sein!»
    «Wo ist dann die Waffe, das Instrument, Sir?»
    «Und wie wäre Ihr Mörder entkommen? Durchs Fenster?»
    Sugden schüttelte den Kopf. «Nein Sir, ich könnte beschwören, dass er das nicht getan hat.»
    «Aber die Tür war von innen abgesperrt?»
    Der Inspektor nickte. Er zog einen Schlüssel aus der Tasche und legte ihn auf den Tisch. «Fingerabdrücke sind keine darauf», gab er bekannt. «Aber sehen Sie sich bitte diesen Schlüssel einmal durchs Vergrößerungsglas an.»
    Poirot und der Colonel beugten sich beide vor und unterzogen den Schlüssel einer eingehenden Prüfung.
    «Bei Gott!», rief Johnson plötzlich. «Jetzt verstehe ich! Diese leichten Kratzer am Bart! Sehen Sie sie, Poirot?»
    «Gewiss sehe ich sie. Das bedeutet, dass der Schlüssel von außen gedreht wurde, nicht wahr? Mittels irgendeines Instruments, das durch das Schlüsselloch gesteckt wurde und den Bart fassen konnte. Dazu könnte unter Umständen schon eine Pinzette genügen.»
    Der Inspektor nickte.
    «Und das alles», fuhr Poirot fort, «damit der Tod wie ein Selbstmord aussehen sollte, nachdem die Tür abgesperrt und niemand im Zimmer war?»
    «Das war vermutlich die Absicht, Mr Poirot.»
    Poirot schüttelte den Kopf. «Aber die Unordnung im Zimmer. Der Mörder hätte doch bestimmt zuallererst die Spuren eines Kampfs verwischt.»
    «Dazu blieb ihm gar keine Zeit, Mr Poirot», erklärte Inspektor Sugden. «Das ist der springende Punkt – er hatte keine Zeit. Nehmen wir an, dass er den alten Herrn überraschen wollte. Das gelang ihm nicht. Es fand ein Kampf statt – ein Kampf, den man im Zimmer unterhalb genau hören musste. Und mehr noch: Der alte Herr rief um Hilfe. Alles rannte die Treppe hinauf. Da blieb dem Mörder wirklich nur noch knapp Zeit, aus dem Zimmer zu schlüpfen und den Schlüssel von außen umzudrehen.»
    «Das stimmt», gab Poirot zu. «So mag sich Ihr Mörder benommen haben. Aber warum, warum in aller Welt ließ er die Waffe nicht liegen? Denn wo keine Waffe ist, kann kein Selbstmord stattgefunden haben. Das ist ein sehr verhängnisvolles Versehen.»
    Inspektor Sugden sagte barsch: «Verbrecher machen meistens irgendeinen Fehler. Das erfahren wir immer wieder.»
    Poirot seufzte leise. Dann murmelte er: «Und trotz dieses Fehlers ist er entwischt, der Verbrecher.»
    «Ich glaube nicht, dass er wirklich entkommen ist»
    «Sie glauben, dass er sich noch in diesem Haus befindet?»
    «Ich wüsste nicht, wo er sonst sein könnte. Das Verbrechen ist hier im Haus geschehen.»
    «Aber tout de même » , beharrte Poirot liebenswürdig, «er ist insofern entwischt, als Sie nicht wissen, wer er ist.»
    Inspektor Sugden sagte fest, aber ebenso höflich: «Ich habe das Gefühl, dass wir das sehr bald wissen werden. Wir haben noch niemand verhört.»
    «Hören Sie, Sugden»,

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