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Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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an.
    «In diesem Punkt irren Sie, Mademoiselle. Sagen Sie mir jetzt, wo Sie zur Zeit des Mordes waren. Sie waren nicht in diesem Zimmer.»
    «Doch! Das habe ich Ihnen doch gesagt.»
    «Gewiss, aber da sagten Sie nicht die Wahrheit. Sie erzählten uns, dass Sie Ihren Großvater schreien hörten, nicht wahr?» Sugdens Stimme klang trügerisch sanft. «Nun, Sie können den Schrei nicht gehört haben, wenn Sie hier drinnen gewesen sind. Das haben Mr Poirot und ich gestern ausprobiert!»
    «Sie müssen also dem Zimmer Ihres Großvaters näher gewesen sein», riss Poirot das Gespräch wieder an sich. «Soll ich Ihnen sagen, wo ich mir denke, dass Sie gewesen sein könnten? Sie standen in der Nische bei den Statuen, Mademoiselle!»
    Pilar hielt den Atem an vor Staunen.
    «Woher wissen Sie das?»
    Poirot lächelte verstohlen. «Mr Farr hat Sie dort gesehen.»
    «Das ist nicht wahr!», fuhr Farr auf. «Das ist eine faule Lüge!»
    «Verzeihen Sie, Mr Farr, aber Sie haben Miss Pilar dort gesehen», sagte Poirot ruhig. «Erinnern Sie sich, dass Sie den Eindruck hatten, es stünden drei Statuen in jener Nische - nicht nur zwei? Nur eine der Damen trug am Mordabend ein weißes Kleid: Mademoiselle Estravados. Sie war die dritte Figur, die Sie sahen. Das stimmt doch, Mademoiselle?»
    Pilar zögerte eine Sekunde, dann sagte sie: «Ja, das ist wahr.»
    Poirot sah sie freundlich an.
    «Sagen Sie uns nun die ganze Wahrheit, bitte! Warum standen Sie in der Nische?»
    «Ich war nach dem Abendessen aus dem Speisezimmer gekommen und wollte meinem Großvater einen Besuch machen. Ich dachte, es freue ihn vielleicht. Aber als ich in den Korridor einbog, sah ich jemanden an seiner Tür stehen. Ich wollte nicht gesehen werden, weil ich genau wusste, dass Großvater sich für jenen Abend Besuche verbeten hatte. Deshalb schlüpfte ich in die Nische, für den Fall, dass die Person an der Tür sich umdrehen sollte.»
    Sie rang die Hände. «Dann hörte ich plötzlich den entsetzlichen Lärm – umfallende Tische und Stühle, splitterndes Glas – alles schien umzustürzen. Ich bewegte mich nicht. Ich hatte Angst. Und dann ertönte der grauenhafte Schrei –» Sie bekreuzigte sich. «Mein Herz blieb stehen. ›Jemand ist tot!‹, sagte ich zu mir selber.»
    «Weiter?»
    «Dann kamen alle die Treppe heraufgerannt, an mir vorbei, durch den Korridor, und ich schloss mich den Leuten an.»
    «Warum haben Sie uns von alldem nichts gesagt, als wir Sie das erste Mal verhörten?», fragte Sugden bissig.
    Pilar wiegte den Kopf hin und her. Altklug und überlegen antwortete sie: «Der Polizei soll man nicht zu viel sagen. Sehen Sie, ich nahm an, Sie würden mich verdächtigen, Großvater umgebracht zu haben, wenn ich zugeben würde, dass ich mich so nahe bei seinem Zimmer befand.»
    «Wenn Sie leichthin Lügen erzählen, dann wird man Sie erst recht verdächtigen», schimpfte Sugden.
    «Pilar!» Stephen Farr sah das Mädchen beschwörend an. « Wen haben Sie an der Tür des alten Herrn stehen sehen? Wen? Sagen Sie uns das!»
    «Jawohl, sagen Sie uns das!», befahl Sugden.
    Pilar stockte. Ihre Augen öffneten sich weit und verengten sich wieder. «Ich weiß nicht, wer es war», murmelte sie langsam, «aber es war eine Frau.»
     
    Inspektor Sugden sah sich in dem Kreis um. Mit einer ihm sonst ganz fremden Erregung sagte er:
    «Das widerspricht allen Regeln und Vorschriften, Mr Poirot!»
    «Ich weiß, Inspektor», wandte Poirot begütigend ein. «Aber sehen Sie, ich möchte mein erworbenes Wissen mit allen hier Anwesenden teilen. Dann werde ich sie alle um ihre Mitarbeit bitten, und so werden wir die Wahrheit herausbekommen.»
    «Affentheater!», brummte Sugden vor sich hin. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
    «Vor allen Dingen haben Sie, glaube ich, Mr Farr eine Frage zu stellen, nein?», fuhr Poirot ungerührt fort.
    Sugdens Mund wurde hart.
    «Ich hätte mir dazu einen etwas weniger offiziellen Augenblick ausgesucht», sagte er sarkastisch. «Aber wie Sie wollen.» Er reichte Stephen Farr das Telegramm. «Nun, Mr Farr – oder wie Sie sonst heißen mögen! –, können Sie uns das erklären?»
    Stephen Farr hob die Augenbrauen und las die Meldung laut vor. Dann händigte er dem Inspektor das Papier wieder aus. «Ja, ziemlich scheußlich, nicht wahr?»
    «Ist das alles, was Sie dazu zu sagen haben?»
    «Lassen Sie nur, Inspektor, ich weiß, dass Sie auf eine Erklärung brennen. Sie sollen sie haben. Mag sie noch so fadenscheinig klingen – es ist die

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