Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge
meinte Brenda. »Und es ist Toms große Chance. Nicht nur ein Lehrstuhl – ein ganzer Fachbereich! Zudem einer, mit dem er Neuland betritt … Das hätte er sonst nirgends gekriegt. Also heißt es, die Koffer packen. Ich bin’s ja gewohnt von früher.«
»Das Haus wird mir fehlen. Ihr werdet mir fehlen.«
»Dafür haben sie Flugzeuge erfunden, Charlie. Du kommst uns einfach besuchen.«
Charlotte nickte bedrückt. Wenn Brenda nicht mehr da war, was hielt sie dann noch in Boston? Nichts mehr. In Harvard war sie Persona non grata, zu den meisten Freunden von früher hatte sie schon während der Zeit mit Gary den Kontakt verloren …
»Jedenfalls, meine Mutter wird sich um deine Wohnung kümmern, sobald wir abdampfen, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Und, ach ja, ich soll dir von Tom vielen Dank für den Tipp mit diesem Professor Andrade sagen! Die beiden haben miteinander telefoniert; das muss ein reizender Mensch sein. Tom meint, der sei so glücklich, dass sich mal jemand anders als Ufologen mit seinen Keramiken beschäftigen will, dass er … Oh, da kommt George!«
George war ein schlaksiger schwarzer Junge mit geradezu erwachsen wirkenden Manieren – er sprach Brenda mit »Miss Wickersham« an, als er höflich nach Jason fragte. Der sitze noch über seinen Hausaufgaben, erwiderte Brenda, ob er so lange ein Stück Kuchen wolle?
»Na klar!«, meinte er mit leuchtenden Augen.
»Hast du die Hausaufgaben denn schon gemacht?«, fragte Brenda, während sie einen Kuchenteller aus dem Schrank nahm.
»Schon lang«, meinte George mit wegwerfender Handbewegung. »Die waren heute leicht.«
Charlotte beobachtete den Jungen verstohlen, der das Kuchenstück mit Hochgenuss verzehrte, und tauschte einen Blick mit der schmunzelnden Brenda. Bestimmt würde sie bald kleine Argentinier mit englischem Kuchen füttern.
Die Glücklichen.
»Eine Maschine, die alle Menschen reich machen soll?« James Bennett III. versuchte, einen Rauchring in die Luft zu blasen. Es misslang kläglich. »Das ist der größte Blödsinn, den ich je gehört habe.«
Nancy Coldwell drängelte sich an seine Brust, schob ihr Bein sachte über seinen Schenkel. »Hab ich auch erst gedacht. Aber Jeffrey hat gesagt, das ist es nicht. Er hat gesagt, wenn das mal funktioniert, wird es die Welt mehr verändern als die Erfindung des Internets, des Buchdrucks und des Feuers zusammengenommen.« Sie begann, an seiner Brustwarze herumzuspielen. »Und man kann über Jeffrey eine Menge sagen, aber ganz bestimmt nicht, dass er ein leichtgläubiger Mensch ist.«
Darüber sollte mal einer von diesen Psychologen eine Studie machen, überlegte James: Warum Frauen immer anfingen, von ihren Ex-Männern zu schwafeln, sobald man sie flachgelegt hatte. Er musste sie mächtig beeindruckt haben, ihr Jeffrey, der sich in seinen Lehrjahren Scharmützel mit der chinesischen Mafia geliefert und mehrmals wegen Anstiftung zum Mord vor Gericht gestanden hatte. Der es später trotz allem bis zum Amerika-Direktor eines in Hongkong ansässigen Weltkonzerns gebracht hatte.
James drückte die Zigarette aus, stellte den Aschenbecher auf den Nachttisch und wälzte sich unter ihr weg, um nachzusehen, ob ein Whisky in der Minibar war.
Fehlanzeige. Überhaupt nichts mit einem einigermaßen akzeptablen Prozentgehalt. Dabei hätte er jetzt einen Whisky verdammt gut brauchen können.
Nancy rückte ihm nach, presste ihm ihre dicken Brüste ins Kreuz und streckte ihre Hand zwischen seine Schenkel. Mit anderen Worten, sie hatte noch Lust auf eine zweite Runde. Oder, was wahrscheinlicher war, sie spielte ihm die sexuell Unersättliche vor, damit er sie möglichst bald heiratete.
Woran James Bennett III. natürlich nicht im Traum dachte. Der Vorteil seiner derzeitigen Lebenslage – wenn auch so ziemlich der einzige – war, dass er allen derartigen Ansinnen mit dem Argument begegnen konnte, seelisch noch nicht über seine Scheidung hinweg zu sein.
Aber das mit der zweiten Runde konnte sie haben.
Danach musste er wohl eingeschlafen sein, denn als er wieder zu sich kam, war es jenseits der Fenster deutlich dunkler. Und er hatte von dieser Maschine geträumt, wenn er sich auch nicht mehr daran erinnerte, was.
»Hat dein famoser, nicht-leichtgläubiger Jeffrey eigentlich auch mal angedeutet, wie die funktionieren soll, diese Maschine, die alle Menschen reich macht?«, fragte er Nancy, die endlich doch ein bisschen ermattet aussah.
Sie bedachte ihn mit einem ausgedehnten
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