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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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haben Sie freie Hand.«
    Man sah jetzt das Tor. Dort, wo es sich klobig und gewaltig zwischen massiven Stahlrippen erhob, war gestern – gestern? – noch der kahle, ungeschlachte Fels des südlichen Berghangs gewesen. Was immer sich der Insel bemächtigt hatte, es hatte sie innerhalb weniger Stunden komplett umgebaut.
    Auf dem Schirm, der das Bild von Bord des Hubschraubers übertrug, sah man das Gelände von oben. Man sah die Soldaten als dunkle, ameisenhafte Gestalten über die schimmernde Ebene marschieren, und man sah, dass sich auf den Zinnen etwas bewegte. Auf einen Befehl Korodins hin zoomte der Kameramann näher heran: Da standen keine Wesen Wache, und es peilten sich auch keine Maschinen auf die Ankömmlinge ein – vielmehr waren es die Zinnen selbst, die sich verformten, bizarre Metallstrukturen aus sich herauswachsen ließen, die sich blitzartig verzweigten, veränderten, dicker, dünner oder flacher wurden, die Farbe veränderten …
    »Unglaublich« , hauchte jemand. Charlotte meinte ein Geräusch zu hören, das daher rührte, dass allen, die auf der Brücke waren, kollektiv eine Gänsehaut über den Rücken lief.
    Eine Sekunde völliger Stille.
    Dann gellte ein Schrei, der ihnen das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    »Leutnant Michailow!«, bellte Korodin ins Funkgerät. »Erstatten Sie Meldung!«
    »Hier Hauptmann Juran, Kapitän«, keuchte eine andere Stimme. »Der Leutnant ist … er ist einfach verschwunden. Im Boden versunken, Kapitän. Ich … Wir können uns das nicht erklären. Es scheint so, dass … ah! «
    »Hauptmann?«
    Nichts. Keine Antwort.
    Korodins Faust krachte auf das Steuerpult. »Wieso haben wir kein Bild von den Vorgängen? Hubschrauber!«
    Der Kameramann an Bord des Hubschraubers schwenkte sein Objektiv wild umher, suchte nach den Soldaten des Landetrupps, ging aus dem Zoom, bis die ganze Vorebene zu sehen war.
    Doch da war niemand mehr. Sämtliche Soldaten waren verschwunden. Auch die Landungsboote, die Waffen – alles weg.
    »Ktschjortu!« , fluchte Korodin. Zum Teufel. »Was ist mit den anderen Kameras?«
    Hektische Aktivität an den Pulten, dann fand man eine Aufzeichnung, auf der zumindest ein Teil der Vorgänge zu sehen war, wenn auch aus weiter Entfernung. Man sah Männer, die erschrocken die Arme hoben und blitzartig versanken, und man sah, wie sich die Schlauchboote … auflösten . Wie sie plötzlich die Luftfüllung verloren, in sich zusammensanken und im nächsten Moment mit dem Boden zu verschmelzen schienen.
    »Hubschrauber!«, befahl Korodin. »Kehren Sie zurück. An alle Schiffe: Abstand zur Insel vergrößern.«
    In diesem Moment zeigte das Bild der Hubschrauberkamera, wie etwas von den Zinnen her aufblitzte, dann wurde der Schirm dunkel. Durch das Bugfenster sah man den Hubschrauber abstürzen. Doch es war kein Absturz, wie man ihn in Filmen sah. Vielmehr schien sich das Fluggerät im Sturz in eine Wolke kleinster Teile zu zerlegen, die auf die stählernen Festungsmauern hinabregneten und mit ihr verschmolzen, als seien es Quecksilbertropfen, die in einen See aus Quecksilber fielen.
    »Geben Sie mir Moskau«, befahl Kapitän Korodin seinem Funker. »Ich will mit Admiral Uljakow sprechen.«
    Eine Weile geschah erst einmal gar nichts. Der Kapitän hatte die Brücke verlassen, der Steuermann drehte das Rad mal nachlinks, mal nach rechts, und die anderen Offiziere starrten ins Leere.
    »Verdammte Scheiße«, murmelte der amerikanische Soldat an der Videoausrüstung. »Patrick Miller hat zwei Töchter, fünf und zwei Jahre alt. Hannah und Lauren. Ich darf gar nicht dran denken …«
    Dann kehrte Kapitän Korodin auf die Brücke zurück, spürbar erfüllt von grimmiger Entschlossenheit. Ohne nach links oder rechts zu blicken, marschierte er zu seinem Platz neben dem Steuer. »K-107 und K-334 nehmen Kurs auf die Insel«, befahl er. »Bereitmachen für Geschützfeuer aus optimaler Schussdistanz. Ziel ist das Portal.«
    Man reichte ihm den Telefonhörer; offenbar rief ihn Commander Penrose an. Korodin meldete sich, hörte lange zu, ehe er antwortete. »Ich verstehe Sie, Commander, aber ich habe die ausdrückliche Anweisung meines obersten Vorgesetzten.« Wieder Pause. »Tut mir leid. Ich verstehe das wissenschaftliche Interesse, aber die Sicherheit meines Landes hat Vorrang vor solchen Überlegungen.« Anscheinend wusste der Commander über die Angriffspläne Bescheid und war dagegen. »Commander – ich muss Sie wohl kaum daran erinnern, dass wir uns in russischem

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