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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Aufzeichnungen erläutern.
    Konteradmiral Denis J. Whitecomb ähnelte Bruce Willis kein bisschen. Er hatte ein Gesicht, das an einen Pfannkuchen erinnerte, einen teigigen Händedruck und wirkte trotz all seinem Gold und Lametta an der Uniform so, als trüge er sie hauptsächlich an einem Schreibtisch sitzend. »Das ist ja eine schöne Scheiße, Entschuldigung die Damen«, begrüßte er sie. Der aufgesetzt nassforsche Ton ließ ihn beunruhigend inkompetent wirken.
    Sein russischer Kollege, Admiral Uljakow, schien Wert darauf zu legen, selber kein einziges Wort Englisch zu sprechen. Breitschultrig, stiernackig und schlecht gelaunt stand er mitten auf der Brücke, als gehöre sie ihm. Seine pockennarbige Nase war gerötet, vermutlich von der für ihn ungewohnten Polarluft, aber er sah damit aus, als habe er am Abend zuvor mit Freunden gezecht und sei heute viel zu früh aus dem Bett geholt worden. Mit reglosem Gesicht hörte er dem Mann zu, der ihm übersetzte, was der amerikanische Admiral wortreich erklärte: dass Washington darauf dringe, das Phänomen zu isolieren und wissenschaftlich zu untersuchen. Die USA würden alle dazu nötigen Mittel, Kapazitäten, technischen Einrichtungen und Fachleute zur Verfügung stellen und, selbstverständlich, sämtliche gewonnenen Erkenntnisse mit den russischen Partnern teilen. »Der Präsident ist überzeugt, dass wir es hier nicht nur mit einer einzigartigen Chance zu tun haben, eine neuartige Technologie zu erlernen, sondern dass wir vor der Geschichte geradezu die Pflicht haben, diesen Fund mit aller gebotenen Sorgfalt zu behandeln und den maximalen Nutzen für die Menschheit daraus zu ziehen. Und nicht zu vergessen: Da wir es aller Wahrscheinlichkeit nach mit außerirdischen Hinterlassenschaften zu tun haben, mit Manifestationen einer fremden, uns ähnlichen, nur weiterentwickeltenIntelligenz, gebietet es die Vernunft, damit in einer Weise zu verfahren, die eventuelle künftige Kontakte mit den Wesen, die sie geschaffen haben, nicht von vornherein belastet.«
    Nach der derben Art, in der er sie begrüßt hatte, war Charlotte verdutzt, wie pathetisch der Mann zu sprechen imstande war. Er hätte – in einer anderen Uniform – auch einen passablen Priester abgegeben.
    »Mich interessiert nur eines«, erwiderte Uljakow unwirsch, »nämlich: Ist das, was sich da auf dieser Insel breitgemacht hat, eine Gefahr für Russland oder nicht? Und wenn es eine Gefahr sein sollte, dann werde ich alles tun, um sie zu beseitigen. Das ist meine Strategie.«
    Whitecomb wirkte bestürzt. Offenbar hatte er nicht mit einer so barschen Reaktion gerechnet. »Aber … unser Präsident hat sich mit Ihrem Präsidenten daraufhin verständigt, dass –«
    »Ihr Präsident ist weit weg«, unterbrach Uljakow ihn. »Und mein Präsident ist auch weit weg. Keiner der beiden sieht, was wir sehen. An einem Schreibtisch kann man sich viel überlegen, aber letzten Endes zählt nur, was tatsächlich der Fall ist. Es ist unser Job, das herauszufinden. Verstehen Sie? Wir sind die Augen und Hände vor Ort. Ihr Präsident muss auf Sie hören und mein Präsident auf mich.« Er machte eine unwillige Handbewegung. »Also, lassen Sie uns an die Arbeit gehen.«
    Whitecomb erstrahlte in gekünsteltem Lächeln. »Aber dann sind wir uns ja einig! Das ist genau das, was wir vorschlagen: eine eingehende wissenschaftliche Untersuchung der Situation … internationale Experten, die alle nur denkbaren Aspekte abdecken … die Insel weiträumig abriegeln und sichern …«
    »Eine Insel abriegeln? Wie stellen Sie sich das vor?« Uljakows Brauen furchten sich. »Eine Insel ist ein Felsen, der zufällig aus dem Wasser ragt. Weiter nichts. Sie haben ein eigenes U-Boot hier – haben sich Ihre Leute schon einmal angeschaut, wie die Insel unter Wasser aussieht?«
    Der amerikanische Konteradmiral blinzelte. »Ähm … meines Wissens nach … da müsste ich erst –«
    »Nun, ich habe eines unserer U-Boote losgeschickt«, meinte der Russe. »Rund um den Sockel der Insel. Es müsste jeden Moment auftauchen.«
    Charlotte und die anderen wechselten irritierte Blicke. Was sollten sie nun hier? Man schien gar kein Interesse an ihnen zu haben. Im Grunde standen sie nur im Weg herum.
    Sie fragte sich auch, woher Admiral Whitecomb kommen mochte. So, wie er redete, hatte man den Eindruck, er habe noch vor ein paar Stunden im Büro des amerikanischen Präsidenten gesessen. Aber Washington war weit weg, wenigstens siebentausend Kilometer Luftlinie

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