Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
– der Überschallknall musste die gesamte Anlage bis in die Grundfesten erschüttern. Mach zwei – drei – und draußen. Zündung. Hiroshi hielt den Atem an. Auf einmal dehnten sich die Sekunden endlos. Aber es schienen keine Abwehrraketen aufzusteigen, nichts, was den Flug der Rakete hinderte. Hundert Kilometer Höhe … zweihundert, immer noch beschleunigend … vierhundert. Damit konnte er den Weltraum als erreicht betrachten.
    Die Funksignale, die die Rakete an die Basis durchgab unddie Basis über die zweitausend Kilometer lange, mikroskopisch dünne Datenleitung an ihn, wurden schwächer, fielen sekundenweise aus. Hiroshi verfolgte den Kurs mit steinernem Gesicht. Jetzt kam ein Punkt, an dem er in die Programmierung eingegriffen hatte. Jetzt entschied es sich …
    Ja. Die Rakete änderte ihren Kurs. Sie schwenkte um wenige Grad, aber das würde genügen, dass sie in der Planetenebene blieb und in Richtung Jupiter weiterflog. Genau, wie er es gewollt hatte.
    Tiefe Befriedigung und tiefe Erschöpfung mischten sich, als Hiroshi die Basis anwies, die Funkverbindung zu der Rakete zu beenden. Als das geschehen war, löste er den Kill-Befehl aus, der die Naniten dazu veranlassen würde, zuerst die gesamte Konstruktion der Startbasis zu zerlegen, dann die bis zu ihm führende Datenleitung und schließlich einander, bis nichts mehr von allem übrig war.
    Er wartete nicht, bis das alles erledigt war, sondern beendete die Verbindung, auch die zu der Webcam. Er ließ sich zurück in seinen Sessel sinken, massierte sich die Schläfen. Erst jetzt kam ihm zu Bewusstsein, mit welcher Anspannung er das alles verfolgt hatte.
    Dabei war das erst der Anfang. Die wirklichen Herausforderungen lagen noch vor ihm.
    Anders als der Vorfall im russischen Polarmeer blieb dieser Raketenstart von der Öffentlichkeit nicht unbemerkt. Im Gegenteil – dafür, dass er sich in einer der abgeschiedensten Regionen Amerikas ereignet hatte, hatten ihn erstaunlich viele Menschen mitbekommen. Es tauchte sogar ein wackeliges Video auf, das jemand mit seinem Mobiltelefon aufgenommen hatte. Es zeigte, wie die Rakete in den Himmel stieg, angetrieben von einem Feuerstrahl, der deutlich anders aussah als der aller anderen Raketen, die man ansonsten bisher im Fernsehen gezeigt bekommen hatte. Natürlich hatte der Besitzer der Webcam den Polizeibehörden den Inhalt seines Servers zur Verfügung stellenmüssen. Die Protokolldateien würden zur Stunde ausgewertet, hieß es in den Nachrichten bedeutungsvoll, während man in extremer Zeitlupe sah, wie die Rakete aus dem Loch geschossen kam: Bilder, auf denen man eigentlich nichts sah außer einem unscharfen zylindrischen Umriss, der auftauchte und wieder verschwand.
    Aufnahmen des Burntwood Lakes zeigten die Verwüstungen, die dieser Start angerichtet hatte. Das Startloch hatte bei seinem Einsturz nicht nur die Insel mit sich in die Tiefe gerissen, sondern auch das gesamte Wasser des Sees; die Hubschrauber der großen Nachrichtennetze kreisten über Schlamm und toten Fischen. Der kanadische Premierminister verurteilte den Vorfall, mit dem seine Regierung, das betonte er mehrmals, nicht das Geringste zu tun habe. Er erklärte, man werde alle Anstrengungen unternehmen, um den Fall aufzuklären und zu ahnden. Ein Kommentator stellte allerdings die Frage in den Raum, auf welcher gesetzlichen Grundlage man die Verantwortlichen überhaupt belangen wolle: Der Start von Raumfahrzeugen durch Privatleute war in Kanada schließlich nicht verboten, wenn auch eher aus bislang mangelnder Notwendigkeit denn aus grundsätzlichen rechtlichen Erwägungen heraus. Im Grunde blieb nur der Vorwurf der Sachbeschädigung, doch die musste man erst mal beweisen. Der Burntwood Lake lag nicht einmal in einem Naturschutzgebiet, sodass die dafür geltenden Bestimmungen nicht anwendbar waren.
    In einer Stellungnahme sicherte der amerikanische Präsident seinem kanadischen Amtskollegen seine volle Unterstützung bei der Suche nach den Urhebern dieses »subversiven Aktes«, wie er es nannte, zu. Man werde es nicht dulden, erklärte er mit demonstrativer Entschlossenheit, dass der amerikanische Kontinent zum Ausgangspunkt von Aktionen werde, die geeignet seien, den Weltfrieden zu gefährden.
    Es überraschte Hiroshi nicht, dass sie schon am nächsten Tag vor seiner Tür standen: ein grimmig dreinblickender, pferdegesichtigerMann namens Elmer Garrett, den Hiroshi noch aus Reykjavík kannte – Garrett hatte ihn mehrmals in Vertretung des

Weitere Kostenlose Bücher