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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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anderes als Schlafsäcke habe ich sowieso nicht anzubieten. Du wirst hier so sicher sein wie in Abrahams Schoß.«
    Unschlüssig sah ich ihm zu, wie er den Tisch abräumte, ihn absenkte und zu einem breiten Bett umbaute. Aus einem Schrank zog er zwei rote Daunenschlafsäcke und warf sie auf das Bett. Abrahams Schoß? Wenn ich mich recht erinnerte, hatte der gute Mann ganze Stämme begründet! – Doch dazu gehörten ja immer noch zwei. Mit mir eine Familie zu gründen war schon nicht drin, von Stämmen ganz zu schweigen. Und überhaupt – warum machte ich alles so kompliziert? Ein Geburtstag war ein Geburtstag, und ein Kuss war ein Kuss. Und beides gehörte nun einmal zusammen. Und das war's. Punkt, aus, finito. Außerdem war ich todmüde und mein Auto saukalt. Da war eine warme Schlafstätte ein verlockendes Angebot. Und Steffen schien sich überhaupt nicht weiter für mich zu interessieren. Er leerte den Aschenbecher, verstaute die leeren Weinflaschen unter der Minianrichte und spülte die Gläser aus. Sein Rücken war breit und abweisend.
    »Dieses komische Klo da, funktioniert das?«, fragte ich schüchtern.
    »Natürlich, alles okay«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
    Ich schnappte meine Tasche und verschwand in dem kleinen Bad. Pinkelte, rubbelte mein Augen-Make-up ab, wusch Gesicht und Hände, bediente mich von dem Odol im Spiegelschränkchen. Alles sehr schnell, denn nachdenken wollte ich jetzt nicht. Weder über mich noch über das Leben im Allgemeinen, noch über Abrahams Schoß im Besonderen.
    Als ich wieder aus dem Bad kam, hatte Steffen die Seitentür des Wagens geöffnet und blickte ins Dunkel. Frische, kalte Luft drang herein. »Friert es noch?«, fragte ich.
    Steffen nickte, ohne sich umzudrehen. »Es ist spiegelglatt. Aber es hat aufgehört zu regnen.«
    Richtig, das unaufhörliche Trommeln auf das Dach war verstummt. Ich hatte es nicht einmal gemerkt. »Ist die Autobahn schon frei?«
    »Nein, die stehen immer noch. Kein Wunder, wie soll da auch ein Streuwagen durchkommen?«
    »Ja, klar.« Ich krabbelte auf das Bett und fummelte an dem Reißverschluss des Schlafsacks herum.
    »Ich geh dann mal Zähne putzen«, sagte Steffen, zog die Seitentür wieder zu und verschwand im Bad. Ich zog schnell meine Jeans aus und kroch in den Schlafsack. Spürte als Letztes Steffens Hand in meinem Haar. »Schlaf gut, schöne Helena.«
    »Du auch, du Lieber.« Aber da schlief ich eigentlich schon.

Als ich aufwachte, lag das Wageninnere in trübem Dämmerlicht. Graublau-hell war es, nicht wirklich freundlich. Ich schloss die Augen wieder und kuschelte mich enger in die warme Schulterbeuge, in der ich lag. Wie in Abrahams Schoß, dachte ich schläfrig.
    Ich wurde erst wieder wach, als mir der würzige Duft frisch aufgebrühten Kaffees in die Nase stieg.
    Verwirrt richtete ich mich auf und nahm den Kaffeebecher entgegen, den Steffen mir hinhielt. »Guten Morgen, schöne Helena«, sagte er lächelnd.
    »Guten Morgen, Geburtstagskind«, sagte ich und war ziemlich stolz auf so viel Geistesgegenwart. Normalerweise war ich morgens eine komplette Niete. Und auch heute hatte ich damit mein Pulver bereits restlos verschossen. Ich hatte keine Idee, was ich noch hätte sagen können. Schließlich passierte es mir nicht alle Tage, dass ich morgens bei einem fremden Mann aufwachte, in dessen Armen ich eine sehr süße Nacht verbracht hatte. Zwar eine keusche, das möchte .ich in aller Deutlichkeit festhalten, aber ... nun ja.
    Nachdem ich den Becher geleert hatte, fand ich langsam zu meinem spritzigen Selbst zurück. »Wie sieht's denn draußen aus?«, fragte ich.
    »Beschissen. Es hat getaut. Die Straße ist wieder frei.«
    »Aber das ist doch prima! Seit wann denn?«
    »Keine Ahnung. Seit zwei Stunden? Der Stau hat sich jedenfalls schon längst aufgelöst.«
    »Wie spät ist es denn?«
    »Kurz vor zehn.«
    Verdammt! Hatte ich wirklich so lange geschlafen? Wie, zum Teufel, sollte ich das Holger erklären? Der dachte doch, ich hätte frierend in meinem kleinen Audi TT gehockt, in dem man die Beine nur ausstrecken konnte, wenn man die Füße auf die Pedale legte. In einer solchen Position konnte kein Mensch verschlafen, nicht einmal ich! Ob ich ihm weismachen konnte, ich sei in ein Kälte-Koma gefallen? – Wohl kaum. Holger verfügte als Apotheker über eine unangenehme medizinische Halbbildung, und ich war mir ziemlich sicher, dass diese Erklärung auf Skepsis stoßen würde.
    »Musst du sofort fahren?«, fragte Steffen. Er klang

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