Herr Bofrost, der Apotheker und ich
die Pünktchen giftgrün.
Au Mann! Das hier war ja schlimmer als jedes Interview! »Mein Mann wäre etwas zu schwer für meinen Schoß«, erklärte ich lahm, um dann schnell das Thema zu wechseln. »Übrigens, Katharina und Nina leben in einem modernisierten Bauernhaus. Es ist wunderschön.«
Und das ist es wirklich. Katharina hatte das Haus von ihren Großeltern geerbt. Damals muss es eine ziemliche Bruchbude gewesen sein. Jedenfalls erzählt Nina das immer. Als sie Katharina kennen lernte, weigerte sie sich, dort zu übernachten, weil es nie richtig heißes Wasser zum Duschen gab, und wenn man sich die Haare fönte und gleichzeitig Kaffeewasser aufsetzte, flog die Sicherung heraus. Aber Katharina war das egal. Sie interessierte sich nur für den Garten, ein verwunschenes Paradies voller Blüten und Düfte. »Ich habe, während ich mir die Haare fönte, nie Kaffeewasser aufgesetzt«, wirft sie immer ein, wenn Nina von diesen vorsintflutlichen Zuständen erzählt. – »Nein«, erwidert Nina jedes Mal, »aber du hast immer Kaffeewasser aufgesetzt, wenn ich mir die Haare fönte!«
Und dann musste Katharina ihr erlauben, das Haus zu renovieren, bevor sie bei ihr einzog. Das Ergebnis ist ein Traum aus Gelb und Weiß, Sonnenlicht in jedem Zimmer, große Fensterfronten zum Garten. Und die heißeste, prasselndste Dusche, die es gibt. Da sage noch einer, Geld mache nicht glücklich! Katharina und Nina sind das glücklichste Paar, das ich kenne, und ich bezweifele, dass das so gekommen wäre, wenn Nina nie ausgiebig hätte duschen können und immer mit feuchten Haaren hätte herumlaufen müssen.
Steffen bekam richtig glänzende Augen, als ich ihm von dem Haus erzählte. »Ja, genau so was stelle ich mir vor! Und dazu Platz, um mein Studio einzurichten – das wäre wirklich das Ziel meiner Träume. Eine Einheit von Wohnen und Arbeiten.« Er schaute mich etwas neidisch an. »Die hast du ja anscheinend mit deinem Zimmer unter dem Dach.«
Ja, eigentlich war das der Fall, stellte ich überrascht fest. Aber es kam mir nicht wirklich so vor. Mein Dachzimmer in dem biederen Einfamilienhaus, inmitten einer Neubausiedlung, das war eher ein Hafen in der Wüste.
»Na gut«, sagte Steffen, »machen wir mal weiter. Deine Lieblingsheldinnen in der Dichtung?«
»Anna Karenina und Miss Marple.«
Steffen grinste. »Meine ist Nscho-Tschi, die Schwester von Winnetou. Aber nur, wenn sie aussieht wie Marie Versini. – Deine Lieblingsmaler?«
»Klimt, Macke und Tom Wesselmann.«
Während Fragen und Antworten hin und her flogen, beobachtete ich Steffen. Er redete viel mit den Händen. Er war so lebendig.
Als wir fertig waren, öffnete er eine zweite Flasche Wein. Ich zündete mir noch eine Zigarette an. Holger würde die Krise kriegen, wenn er mich heute Abend sähe.
»Wie lange bist du verheiratet?«, fragte Steffen beiläufig.
»Fast sechs Jahre. Und du? Du bist doch bestimmt auch nicht solo, oder?«
»Doch. Seit einem halben Jahr. Meine Freundin hat mich verlassen – nach zwölf Jahren«, erklärte er mit Grabesstimme und zwinkerte mir dabei fröhlich zu.
Ich sah ihn fragend an.
»Na ja, in der ersten Zeit war's natürlich nicht so witzig, wer wird schon gern sitzen gelassen? Aber ich glaube, ich wusste schon lange, dass das irgendwann passieren würde. Es hätte auch andersherum kommen können – dass ich die Frau meines Lebens getroffen hätte.« Er pruckelte wieder in seiner Pfeife. »Weißt du, Ina und ich ... Wir haben uns zwar gut verstanden, aber eine erotische Beziehung war das eigentlich schon lange nicht mehr. Eher eine geschwisterliche. Wir verstehen uns auch jetzt noch prächtig.« Er sah mich unsicher an. »Es ist fast noch genauso wie früher, das spricht doch wohl Bände, oder?«
»Tja, vielleicht. Ich weiß nicht.« Ich wusste es wirklich nicht. Ich war kein Beziehungsvamp. Lange genug hatte ich andere Sorgen gehabt, und als ich mich vor acht Jahren in Holger verliebte, war das meine erste ernsthafte Beziehung. Und an eine Trennung dachte ich nicht im Traum. Also konnte ich hier wirklich nicht mitreden. Und wollte es auch gar nicht. Was gingen mich die Beziehungskisten dieses Steffen Ander an? Trotzdem – ein wenig interessierte Anteilnahme konnte ja nicht schaden, so unter Freunden. »Und? Hast du inzwischen die Frau deines Lebens gefunden?«
Er schaute mich an. Viel zu intensiv. Viel zu lange. Blinzelte kein einziges Mal. »Nein. Aber es könnte sein, dass ich gerade auf dem besten Wege dahin
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