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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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fahren.«
    Steffen winkte ab. »Später. Bis dahin haben wir den Alkohol längst verdaut.«
    Na, er vielleicht. Was mich anging, war ich nicht so sicher. Ich würde mich sehr zurückhalten, schließlich hatte ich kein Auto, in dem ich vor der Rückfahrt noch in Ruhe einen kleinen Rausch ausschlafen konnte.
    Weder Steffen noch ich rührten an dem, was geschehen war, als spürten wir beide, dass Worte die Bilder nur verwackeln würden. Stattdessen sprachen wir über unsere Arbeit. Steffen beschrieb mir sein Studio, erzählte von seinen Kunden und seinen Plänen. In ein, zwei Jahren würde er so weit sein, sich ernsthaft um das Projekt Bauernhaus kümmern zu können. Bis dahin wollte er noch in der kleinen Wohnung in Eppendorf ausharren, die er nach der Trennung von Ina bezogen hatte.
    Irgendwie beneidete ich ihn. Er kam mir so jung vor, so begeistert, voller Ideen und Vorfreude. Und er hatte noch so viele Träume.
    Bei unserem dritten Cappuccino stellte Steffen die Frage, die ich die ganze Zeit gefürchtet hatte: »Wann sehen wir uns wieder, schöne Helena?«
    Ich schüttelte den Kopf »Wir werden uns nicht wieder sehen, Steffen«, sagte ich, den Blick fest auf das leere Zuckertütchen in meinen Händen gerichtet, das kleiner und kleiner wurde. »Dies war ein wunderschönes Zwischenspiel, aber ich bin verheiratet. So was wie mit dir ist mir noch nie passiert, und dabei soll es auch bleiben.« Es tat mir weh, ihn so zu verletzen. Noch dazu an seinem Geburtstag. Ich wagte nicht, ihn anzuschauen.
    »Tja, jede andere Antwort hätte mich auch überrascht«, sagte Steffen so munter, dass ich verblüfft aufsah. Er lächelte völlig entspannt, die grünen Pünktchen schimmerten.
    Ich hatte ihm gar nicht wehgetan! Kein bisschen! So ein Mist!
    »Aber wir werden uns wieder sehen, schöne Helena. Das war kein Zufall, dass wir uns begegnet sind«, sagte er. »Das war Schicksal.«
    O Gott! Vielleicht sollte ich ihn mit Holgers Schwester bekannt machen, die brachte solche Statements auch am laufenden Meter! »Glaubst du an so was?«, fragte ich perplex. Bisher war er mir eigentlich ziemlich vernünftig vorgekommen.
    »Seit gestern Abend – ja.« Er grinste.
    Na ja, in gewisser Weise war das ja ganz schmeichelhaft. Wenn ich es recht bedachte, fand ich es regelrecht erfreulich. Doch natürlich wollte ich auf keinen Fall, dass er litt.
    »Aber, Steffen«, sagte ich darum behutsam, »selbst wenn es Schicksal war, war es verdammt schlechtes Timing. Wie gesagt, ich ...«
    »Ja, ja, ich weiß schon, was du sagen willst«, fiel er mir ins Wort. »Aber überlassen wir das Timing doch auch einfach mal dem Schicksal.« Sein Glaube an die Macht der Vorsehung war wirklich unerschütterlich. Nun denn, wie er wollte. Wenn es ihm half...
    »Steffen, ich muss jetzt wirklich langsam los«, sagte ich mit Blick auf meine Armbanduhr. Es war schon halb fünf? In drei Stunden musste ein anständiges Essen für die Familie Spenger auf dem Tisch stehen, und es wäre gut, wenn ich es nicht völlig abgehetzt im Mantel servierte.
    Auf dem Parkplatz wurde es ernst. Als wir neben meinem Auto standen, strich Steffen mir sehr zärtlich das Haar aus der Stirn und küsste mich sanft. Viel zu sanft. Viel zu kurz. Am liebsten hätte ich die Arme um seinen Hals geworfen und ihn nicht mehr losgelassen. Immerhin hatten wir gut zwanzig Stunden miteinander verbracht, lang genug, um ein bisschen anhänglich zu werden, oder? Aber so uncool war ich natürlich nicht. Nein, ich stand einfach still und sah ihn an. Kann sein, dass meine Augen ein wenig feucht waren, aber das lag an der Kälte und dem beißenden Wind.
    »Mach's gut, schöne Helena«, sagte Steffen. »Wenn ich heute Abend bei meiner Schwester den ersten Schluck Barolo trinke, werde ich an dich denken.«
    Ich nickte tapfer. »Tu das. Und mach du es auch gut. Ich hoffe, das klappt mit deinem Bauernhaus.« Ich fuhr mit dem Finger über seine Wange. Sie war ein wenig stoppelig. Wie hatte ich ihn bloß für einen Teddy halten können?
    Dann stieg ich schnell ein. Sah ihn ein letztes Mal, etwas verschwommen im Rückspiegel. Er winkte.
    * * *
    Die Markthalle lag glücklicherweise an meinem Weg. Ich war jetzt wirklich unter Zeitdruck, und mir blieb nichts anderes übrig als massive Schummelei. Doch da mich ohnehin niemand in der Familie Spenger für eine begnadete Köchin hielt, würden sie mit Backkartoffeln (die gab es vorgebacken und konnten ihrem Ende entgegenbrutzeln, während ich unter der Dusche stand),

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