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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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würdest nie glauben, dass sie solche Geschichten erfindet, sie ...«, plapperte ich.
    Er stoppte mich, indem er seine Hand auf meinen Arm legte, eine breite, kräftige Hand mit kantigen Fingernägeln. »Du kannst nicht richtig gut mit deinem Erfolg umgehen, was?« Er lächelte, aber seine Augen blieben ernst.
    »Hast du noch Tee?«, fragte ich.
    Er schenkte mir nach und schob mir die Blechdose mit Kandis herüber. Es war eine wunderschöne, kleine, alte Blechdose, rot, bemerkenswerterweise mit einem Teddybären auf jeder Seite. Ich drehte die Dose herum. Auf jeder Seite sah der Bär etwas anders aus. »Woher hast du die?«, fragte ich.
    »Ich habe sie vor Jahren einmal auf einem Flohmarkt gefunden«, sagte er beiläufig. »Aber nun lenk nicht ab! Ich habe dich etwas gefragt.«
    Ich wich seinem Blick aus. Ich mochte es nicht, so eindringlich angeguckt zu werden. Außerdem erschrak ich ein wenig vor diesen Augen. Sie waren sehr braun, und einen Moment lang hatte ich das Gefühl, sie wüssten alles über mich. Und dann war da eben diese Berührung gewesen, ganz kurz, ganz leicht, doch irgendwie sehr intim. Zu intim. Ich lehnte mich zurück, stellte die Füße auf die Sitzbank, schlang die Arme um die Knie. »Ach, weißt du, Erfolg ist ganz schön, weil man damit Geld verdient«, erklärte ich lässig. »Aber abgesehen davon brauche ich ihn nicht. Mir geht es nur ums Malen. Zu Hause habe ich ein sehr schönes Zimmer unter dem Dach, mit riesigen Fenstern nach allen vier Seiten. Wenn ich hinausschaue, sehe ich nur Himmel, sonst nichts. Ich bin da immer allein, und dann bin ich am glücklichsten.« – Hoppla, was hatte ich da gesagt? Am glücklichsten war ich doch wohl, wenn ich mit Holger und seiner Familie zusammen war, oder? Allein war ich in meinem Leben oft genug gewesen, und ich war so froh, dass das nun vorbei war. Dass ich endlich zu einer richtigen Familie gehörte.
    Die braunen Augen sahen mich aufmerksam an. Sie waren gar nicht richtig braun, sondern hatten lauter grüne Pünktchen.
    »Na ja ... ja ... ich bin nicht besonders gut im Erfolgreichsein«, gab ich zu. »Dieses Drum und Dran ist nicht so mein Ding. Bei mir zu Hause spricht niemand über meine Bücher, und das finde ich ganz gut. Es macht alles so normal.«
    Die braunen Augen mit den grünen Pünktchen weiteten sich. »Normal?«, fragte der Teddy, den ich plötzlich gar nicht mehr so harmlos fand, erstaunt. »Normal?! – Du hast im letzten Jahr den Preis für das beste Kinderbuch bekommen! Deine Bücher verkaufen sich blendend! Und du findest es normal, dass bei dir zu Hause niemand darüber spricht?«
    Na ja, irgendwie hatte er Recht. Ein bisschen komisch klang das wohl.
    »Ach, weißt du, Zeichnen ist ein einsames Geschäft«, winkte ich ab. »Und ich bin manchmal ganz gern allein.« Komisch, was man so alles sagte, wenn man in einem fremden Wohnmobil einem Fremden gegenübersaß.
    »Hm.« Der Teddy nickte unbestimmt. »Hast du Hunger?«, fragte er plötzlich. »So wie es aussieht, werden wir wohl die Nacht hier verbringen. Ich könnte uns etwas kochen.«
    Ob ich Hunger hatte? Was für eine Frage! Es war die Tragik meines Lebens, dass ich immer Hunger hatte. Es reichte, dass jemand vorn Essen sprach, und ich entwickelte einen unbändigen Appetit. Was ja nicht weiter schlimm gewesen wäre, wenn ich nicht ständig hätte aufpassen müssen. Laura konnte essen, was sie wollte, sie blieb immer zart und zierlich.
    »Was hast du denn anzubieten?«, erkundigte ich mich.
    Er stand auf und öffnete den kleinen Kühlschrank. »Wenig«, antwortete er mit einem schiefen Lächeln. Er holte eine Packung geräucherter Krabben hervor. »Dazu könnte ich Wildreis machen. Und eine Dose Champignons habe ich auch noch. Ist das okay?«
    »Wunderbar.«
    »Magst du ein Glas Wein?«, fragte der Teddy und zauberte eine Flasche Barolo hervor.
    Ich sah ihn zweifelnd an. »Meinst du wirklich, dass wir heute Abend nicht mehr weiterfahren können?«
    »Und wenn schon? Wer sagt denn, dass wir müssen?«
    Ja, wer sagte das eigentlich? Überrascht stellte ich fest, dass ich gar nicht unbedingt weiterfahren wollte. Ich fühlte mich wohl, und die bullige Wärme in dem kleinen Wohnmobil machte mich träge. Ich streckte die Hand aus. »Komm, gib mir die Flasche. Wo ist der Korkenzieher?«
    »Hinter dir, in der Schublade.«
    Ich öffnete den Wein, der Teddy stellte Gläser auf den Tisch und gab ein wenig Öl in die Pfanne.
    »Wo wohnt deine Schwester eigentlich?«, fragte ich.
    »In

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