Herr der Diebe
noch einmal dumme Jungen schicken soll, wenn er weiter Geschäfte mit Barbarossa machen will!«
Riccio zog den Kopf zwischen die Schultern und warf Prosper einen besorgten Blick zu, doch der stand nur wortlos auf, öffnete seine Tasche und stopfte die Beutestücke eins nach dem anderen wieder hinein. Barbarossa sah ihm ohne eine Regung dabei zu. Aber als Prosper nach der Zuckerzange griff, packte er seine Hand, so plötzlich, dass Prosper zusammenzuckte. »Schluss mit den Spielchen!«, knurrte der Rotbart. »Du bist ein schlaues Kerlchen. Ein bisschen zu schlau für meinen Geschmack. Aber der Herr der Diebe und ich haben bisher gute Geschäfte miteinander gemacht, und deshalb zahle ich euch vierhunderttausend, obwohl das meiste, was ihr da habt, Plunder ist. Die Zange gefällt mir. Richtet dem Herrn der Diebe aus, er soll mir öfter etwas in der Art anbieten, dann bleiben wir im Geschäft, auch wenn seine Boten so unverschämt sind wie du.« Er musterte Prosper mit einem Blick, in dem sich Ärger und Respekt mischten. »Da wäre noch etwas.« Er räusperte sich. »Fragt den Herrn der Diebe, ob er einen Auftrag annehmen würde…«
»Einen Auftrag?« Die beiden Jungen sahen sich an. »Ein wichtiger Kunde von mir…«, Barbarossa schob ein paar Papiere auf seinem Schreibtisch zusammen, »… sucht einen begabten Mann, der ihm etwas, sagen wir, besorgt, das mein Kunde unbedingt besitzen will. Soviel ich verstanden habe, befindet sich der Gegenstand hier in Venedig. Sicherlich ein Kinderspiel für jemanden, der sich selbst gern…«, Barbarossa lächelte spöttisch, »der Herr der Diebe nennt. Oder?«
Prosper antwortete nicht. Der Rotbart hatte Scipio noch nie gesehen und dachte sicherlich, dass er es mit einem Erwachsenen zu tun hatte. Er hatte nicht die geringste Ahnung, dass der Herr der Diebe genauso alt war wie die Boten, die er sandte. Aber Riccio schien das keine Sorgen zu bereiten. »Klar, wir fragen ihn«, sagte er. »Hervorragend.« Mit zufriedenem Lächeln lehnte Barbarossa sich in seinem Sessel zurück. Die Zuckerzange hielt er in der Hand. Fast zärtlich fuhr er mit seinen dicken Fingern über den fein geschwungenen Rand. »Wenn er den Auftrag übernehmen will, soll er mir einen von euch mit seiner Antwort schicken. Ich werde dann ein Treffen mit meinem Kunden arrangieren. Die Bezahlung…«, Barbarossa senkte vertraulich die Stimme, »… soll sehr großzügig sein, wie mein Kunde mir versichert hat.« »Wie Riccio schon gesagt hat, wir richten es aus«, wiederholte Prosper. »Aber jetzt hätten wir gern unser Geld.« Da lachte Barbarossa, so laut und schallend, dass Riccio zusammenfuhr. »Ja, ja, du bekommst dein Geld!«, schnaufte er und wuchtete sich aus seinem Sessel hoch. »Keine Sorge. Aber jetzt raus mit euch. Ich werde doch nicht meinen Safe öffnen, während ihr kleinen Diebe mir zuseht.«
»Was meinst du, wird Scipio den Auftrag annehmen?«, flüsterte Riccio Prosper zu, als sie draußen am Ladentisch lehnten und auf Barbarossa warteten. »Am besten, wir erzählen es ihm gar nicht«, antwortete Prosper und musterte das Bild mit der maskierten Frau. »Wieso das denn nicht?«
Prosper zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Ist nur so ein Gefühl. Ich trau dem Rotbart nicht.«
In dem Moment schob Barbarossa sich wieder durch den klimpernden Vorhang. »Hier,«, sagte er und hielt ihnen ein dickes Bündel Geldscheine hin. »Aber lasst es euch nicht stehlen auf dem Heimweg. Ihr wisst doch, all die Fremden da draußen mit ihren Fotoapparaten und dicken Geldbörsen ziehen die Diebe wie die Fliegen an.« Die Jungen beachteten sein spöttisches Grinsen nicht. Prosper nahm das Geldbündel entgegen und betrachtete es unschlüssig. »Du brauchst nicht nachzuzählen«, sagte Barbarossa, als hätte er Prospers Gedanken erraten. »Es stimmt. Ich habe lediglich den Glaskäfer abgezogen, den dein kleiner Bruder zerbrochen hat. Unterschreib mir die Quittung hier. Ich hoffe, du kannst schreiben, oder?«
Prosper warf ihm einen ärgerlichen Blick zu und kritzelte seinen Namen auf den Block, den der Rotbart ihm hinhielt. Bei seinem Nachnamen zögerte er einen Augenblick, dann schrieb er einen falschen hin. »Prosper«, brummte der Rotbart. »Du kommst nicht aus Venedig, was?«
»Nein«, antwortete Prosper, warf sich die leere Tasche über die Schulter und ging zur Ladentür. »Komm, Riccio.«
»Gebt mir so bald wie möglich Nachricht wegen des Auftrags!«, rief Barbarossa ihnen nach.
»Machen wir«, antwortete Prosper,
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