Herr Der Fliegen
mit seinem Gesicht ganz nahe.
»Kannst du mich sehen?«
»Etwas.«
Ralph ließ seine geschwollene Backe wieder über das Auge zurückklappen.
»Sie haben unser Feuer mitgenommen!«
Wut machte seine Stimme schrill.
»Sie haben’s gestohlen!«
»Die Bande!« rief Piggy. »Und ich kann nichts mehr sehen! Na ja, Jack Merridew, wer sonst! Du rufst jetzt zur Versammlung, Ralph, wir müssen was unternehmen.«
»Eine Versammlung für uns vier allein?«
»Wir haben sonst niemand. Sam – führ mich’n bißchen –«
Dann schritten sie zur Plattform. »Blas das Muschelhorn«, sagte Piggy, »blas so laut du kannst.«
Der Wald hallte wider, und Vögel flogen kreischend aus den Baumwipfeln auf, wie an jenem ersten Morgen vor undenklichen Zeiten. Der Strand zu beiden Seiten blieb leer. ein paar Kleine kamen aus den Hütten. Ralph setzte sich auf den glattgescheuerten Stamm und die andern standen vor ihm. er nickte, und Samneric hockten rechts von ihm nieder. Ralph schob Piggy die Muschel in die Hände. er packte das glänzende Horn vorsichtig und sah blinzelnd zu Ralph hinunter.
»Also fang an.«
»Ich will bloß folgendes sagen. Ich kann nichts mehr sehen, und ich muß meine Brille wiederhaben. Schlimmes ist hier passiert auf der Insel. Ich hab für dich als Anführer gestimmt. er ist der einzige, der was zuweggebracht hat. Jetzt red du, Ralph, und sag uns, was – sonst –«
Piggy brach weinerlich ab, und während er sich hinhockte nahm Ralph ihm das Muschelhorn aus den Händen.
»Ein ganz hundsgemeines Feuer! Jeder denkt, das kriegen wir hin, was? Nur’n rauch Feuer, damit wir hier rauskommen. Sind wir Wilde oder was? Jetzt steigt kein rauch mehr hoch. Vielleicht fährt’n Schiff vorbei. Wißt ihr noch, wie er weg ist jagen, und das Schiff ist vorbeigekommen? Und alles glaubt, er hat’s meiste los als Anführer. Und das mit dem, mit dem – da ist er auch dran schuld! Wenn er nicht gewesen wäre, wäre das alles nicht passiert. Jetzt kann Piggy nichts mehr sehen – kommen daher und stehlen –« Ralphs Stimme überschlug sich »– nachts, im Dunkeln, und stehlen unser Feuer! Stehlen einfach unser Feuer! Sie hätten doch Feuer gekriegt, brauchten ja nur zu fragen. Aber nein, sie haben’s gestohlen, und das Signal ist aus und wir werden nie mehr gerettet! Versteht ihr nicht, was ich meine? Wir hätten ihnen ja Feuer gegeben, und da stehlen die’s einfach – ich –«
Er hielt ratlos inne, der Vorhang flimmerte wieder vor seinen Gedanken. Piggy streckte die Hand nach der Muschel aus.
»Was willst du jetzt machen, Ralph? Das ist doch alles leeres Gerede. Ich will meine Brille!«
»Ich denke doch grad nach. Angenommen wir gehn los, machen uns zurecht wie früher, gewaschen und gekämmt – schließlich sind wir keine richtigen Wilden und das mit der Rettung ist doch kein Witz –« er öffnete das geschwollene Auge und sah die Zwillinge an. »Wir machen uns’n bißchen sauber und dann ziehen wir –«
»Am besten, wir nehmen Speere mit«, sagte Sam, »auch Piggy.«
»– vielleicht können wir sie gebrauchen.«
»Du bist jetzt nicht dran!«
Piggy hielt die Muschel hoch.
»Ihr könnt Speere mitnehmen, wenn’s euch Spaß macht, ich nicht. Wozu bloß? Ihr müßt mich sowieso wie’n Hund führen. Ja, lacht nur, lacht nur ruhig! es gibt welche hier, denen ist alles zum Lachen. Und was ist passiert? Was sollen die großen Leute dazu sagen? Der kleine Simon ist umgebracht worden. Und da ist noch der andere gewesen, der mit dem Mal im Gesicht. Wer hat den nachher noch gesehen?«
»Piggy! Sei mal ‘n Augenblick ruhig!«
»Ich hab die Muschel! Ich geh jetzt zu Jack Merridew, dem werd ich was erzählen, das wär’ ja noch schöner!«
»Die werden dich schön zurichten –«
»Was kann er mir denn noch antun? Dem werd ich mal Bescheid sagen! Du läßt mich die Muschel tragen, Ralph. Ich werd ihm mal zeigen, daß er die noch nicht hat!«
Piggy hielt einen Augenblick inne und starrte auf die verschwommenen Gestalten um ihn her. Der alte ins Gras getrampelte Versammlungsplatz lauschte seiner Rede.
»Ich geh zu ihm mit der Muschel in der Hand. Ich halt sie hoch. Und dann sag ich, guck, du bist stärker als ich, und du hast kein Asthma. Und dann sag ich, guck, guck nur ruhig. Aber ich bettle nicht um meine Brille, du sollst mir keinen Gefallen tun. Ich sag nicht, sei’n Kerl und gib sie mir wieder, nicht weil du stark bist, sondern weil das nicht recht ist. Gib mir die Brille wieder, sag ich zu ihm, du
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