Herr der Krähen
Heaven vollständig zu übernehmen. Diese war jedoch der Schlüssel, um seinen persönlichen Wohlstand weiter auszubauen, ohne dafür einen Finger rühren zu müssen. Wenn die Geschäftsleute heute schon bereit waren, ihn auf der Grundlage von Glauben und Hoffnung mit Geld zu überschütten, um wie viel größer würde sein Glück sein, wenn der Herrscher mit großzügigen Krediten für den tatsächlichen Bau zurückkehrte. Tajirikas Entlassung war für ihn das leidige Haar in der Suppe. Andererseits entwickelten sich die Dinge reibungslos, und Kaniũrũ glaubte sein Leben und seinen Besitz gesichert.
Selbst Nyawĩra, dachte er, würde wegen des schützenden Zaubers und der überzeugenden Macht des Geldes eines Tages zu ihm zurückkommen. Wie die meisten Anhänger des Herrschers glaubte Kaniũrũ, mit Geld alles und jeden kaufen zu können, und auch Nyawĩra würde nicht die Erste und nicht die Letzte sein, die für Geld ihre politischen Ansichten änderte.
Einzig Jane Kanyori zeigte keinerlei Interesse an Geld. Sie half ihm bei seinen Bankgeschäften und erwartete dafür nicht mehr als das eine oder andere Mittagessen aus gedünstetem Gemüse und gebratenem Ziegenfleisch. Was Geld anbelangte, war sie ein Ausbund an Unschuld. Das hatte Kaniũrũ zunächst verwirrt, doch dann hatte er es verstanden. Ständig von Geld umzingelt, war sie seinem Wert gegenüber gleichgültig geworden, gerade so, wie ein Koch den Appetit auf ein Gericht verliert, das er den ganzen Tag lang gerochen hat. Kaniũrũ war das natürlich recht.
Mit der kostenlosen, schützenden Magie des Herrn der Krähen auf der einen und den kostenlosen Diensten Jane Kanyoris auf der anderen Seite fühlte sich Kaniũrũ sicher bei seinen Überlegungen zu den nächsten Schachzügen auf dem gefährlichen Feld der Politik in Aburĩria.
Er wusste nicht, inwieweit Sikiokuu seiner Empfehlung gefolgt war, sich die Dienste des Herrn der Krähen zu sichern, ob er nach dem Zauberer geschickt hatte oder gar selbst nachts in Verkleidung zum Schrein gefahren war. Nicht, dass es für Kaniũrũ eine Rolle spielte. Er hatte das Seine getan. Den Rest musste Sikiokuu erledigen, und er, Kaniũrũ, war zufrieden, nicht zu sehr in Hexerei und Zaubergeschäfte verwickelt zu sein. Auch wenn es richtig war, sich so lange im Umfeld eines Hexenmeisters aufzuhalten, um sich seines schützenden Zaubers zu versichern, so war es dennoch verkehrt, sich danach weiter in seiner Nähe aufzuhalten, weil man nie sicher sein konnte, wann er sich gegen einen selbst wendete.
Die Hauptaufgabe, die Kaniũrũ noch vor der Rückkehr des Herrschers erledigen musste, bestand im Abschluss der Arbeit des Untersuchungsausschusses zum Schlangenwahn und der Niederschrift der Ergebnisse. Tajirikas Geständnis bildete die Grundlage des Berichts, und weil er sich Sikiokuus Plänen unterordnen musste, machte er sich wegen dieser Aufgabe keine großen Gedanken.
Tajirikas Freilassung aber nagte an ihm. Tajirika könnte den Vorsitz inklusive aller Machtbefugnisse zurückerhalten. So war er, auch wenn er seine vollgestopften Umschläge erhielt und sie mit der loyalen Hilfe Jane Kanyoris weise und sicher auf der Bank deponierte, ständig mit Überlegungen beschäftigt, wie er Tajirika in einen Leichtsinn treiben könnte, der ihn bloßstellte.
Er war gerade mittendrin, sich verschiedene Szenarien auszumalen, als das Telefon klingelte. Es war Sikiokuu. Warum rief er so früh am Morgen an?
„Frauen? Welche Frauen? Sie haben Tajirika verprügelt?“, fragte Kaniũrũ und brach vor Lachen beinahe zusammen, sodass er eine Weile keinen zusammenhängenden Satz sprechen konnte. „Sie haben sich auf ihn draufgesetzt? Was hatten sie denn vor?“
Kaniũrũs schallendes Gelächter geriet zu einem schieren Freudenschrei, als ihn Sikiokuu beauftragte, die Ermittlungen in Sachen Frauenbande zu übernehmen.
10
Das Gerücht, dass sich die Frauen in Aburĩria gegen ihre Männer auflehnten, das sich später bis in alle Winkel des Landes verbreitete, hatte seinen Ursprung in Kaniũrũs Ermittlungen. Obwohl er beauftragt worden war, sie heimlich durchzuführen, glaubte Kaniũrũ, dieser Skandal sei genau das, was er brauchte, um Tajirika alle Würde und Männlichkeit zu nehmen. Er begann, indem er ein oder zwei Leuten gegenüber die Andeutung machte, Frauen seien über Tajirika hergefallen, hätten ihn gezwungen, die Hosen herunterzulassen, und ihm anschließend ordentlich den Hintern versohlt. Von da an griffen die Gerüchte
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