Herr der Krähen
sagte A.G. immer, wenn er später erzählte, was sich während des schicksalhaften Besuchs in den USA ereignet hatte. „Ich wusste von Anfang an, dass das keine gewöhnliche Krankheit war. Ich wusste auch, dass nur ein Einziger sie niederringen könnte. Aber ich wollte mich nicht in den Vordergrund spielen. Wer würde mir schon glauben, dass dem Herrn der Krähen gelingen könnte, wo die Meister der Wissenschaft des Westens versagt hatten? Deshalb hielt ich mein Wissen zurück, damit die Minister in Ruhe prüfen konnten, was die Ärzte aus dem Westen ausrichteten. Die Minister waren gebildeter als ich, aber ihr wisst alle, dass zu viel Bildung blind für das Naheliegende machen kann.
Aber als ich hörte, dass der Herrscher halluziniere und Wörter von sich gebe, deren Bedeutung keiner ergründen konnte, sagte ich mir: Jetzt reicht’s. Ich werde reden oder für immer schweigen. Mir war klar, dass die Weißen die Ursache seiner Krankheit waren. Wisst ihr, wie sehr die Weißen es hassen, wenn ein Schwarzer eine fortschrittliche Idee hat? Und was konnte fortschrittlicher sein als die Vision des Herrschers von Marching to Heaven? Diese Weißen! Egal wo sie sind oder wer sie sind, sie stinken nach Rassismus. Ich hatte meine Entscheidung getroffen und musste nur noch überlegen, wie ich an die Minister herantreten wollte, um sie von meiner Sicht auf das Problem zu überzeugen.
Es gab drei Möglichkeiten: es allen Ministern gleichzeitig sagen; mit Machokali, der sich zu ihrem Anführer entwickelt hatte, unter vier Augen reden; oder dem Herrscher schreiben und ihm den Brief heimlich zustecken. Ehrlich! Haki ya Mungu ! Ich war bereit, an den Herrscher heranzutreten und ihn zu erinnern, dass ich es war, der sich vor den Toren des Paradise furchtlos den Dschinns entgegengestellt und sie in der mitternächtlichen Finsternis quer durch das Grasland von Eldares gejagt hatte.
Nun, es allen zu sagen, hielt ich für keine gute Idee, weil die Minister es vor den weißen Ärzten sicherlich als Aberglauben abtun und behaupten würden, sie glaubten nicht an solche Dinge. Und ich wusste nicht, wie ich es anstellen sollte, mit dem Herrscher einmal allein zu sein. Deshalb beschloss ich, wenn auch widerstrebend, mich Machokali anzuvertrauen. Man könnte sagen, dass mein Entschluss erst feststand, als ich ihn sagen hörte, er würde versuchen, mit dem Herrscher zu sprechen. Ich folgte ihm und wartete vor dem Zimmer des Herrschers auf ihn.
Sein Gesicht verriet mir, dass er keinen Erfolg gehabt hatte, und das ermutigte mich, ihm weiter zu folgen. Als ich den Namen ‚Herr der Krähen‘ aussprach, merkte ich, wie Glaube und Zweifel in ihm kämpften. ‚Wie willst du wissen, dass er tatsächlich die Macht hat zu heilen?‘, fragte er. Ich erzählte ihm die Geschichte von der Nacht mit den Bettlern vor dem Paradise, aber natürlich nicht in allen Einzelheiten. Ich verschwieg ihm, dass die schützende Magie des Herrn der Krähen meine Beförderung vom gewöhnlichen Constable zur gehobenen Stellung im Büro des Herrschers und nun zum Delegationsmitglied der Amerikareise bewirkt hatte. Bald sah ich, wie der Wunsch zu glauben die Zweifel verdrängte, aber er sagte mir, er könne die Entscheidung nicht allein treffen, er müsse es dem Herrscher sagen und, wenn das nicht gelänge, müsse er die Sache mit den anderen Ministern beraten.
Ich glaubte, Machokali würde sich sofort erheben und zum Herrscher gehen, aber er schien beunruhigt. Stellt euch meine Überraschung vor, als der Minister mich bat, ihn zu begleiten. Ehrlich! Haki ya Mungu ! Diese Aufforderung kam vollkommen unerwartet, und ich verstand sie als Ehre. Stellt euch vor, der ranghöchste Minister in der Regierung bittet mich, ihn zum Herrscher zu begleiten! Als wir eintraten, salutierte ich vor dem Herrscher und der Minister verneigte sich. Doch statt selbst das Reden oder Schreiben zu übernehmen, zeigte Machokali einfach auf mich, eindeutig weil er nicht der Überbringer von Zauberei sein wollte. Nun, ich zog meinen Stift heraus und schrieb meinen Namen auf ein Stück Papier, um den Herrscher daran zu erinnern, dass ich es war, A.G. , oder, wie er mich einmal spielerisch genannt hatte, der Bezwinger der Dschinns. Dann schrieb ich auf, was ich schon dem Minister erzählt hatte: Ich wüsste einen Zauberer, der ihn heilen könne. Aus dem plötzlichen Aufleuchten seiner Augen schloss ich, dass der Herrscher meinem Vorschlag gegenüber nicht abgeneigt war; er sah den Minister an und
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